Florian Amelin

Masterstudent "Journalismus und Neue Medien", Wien

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Ein sportlicher Allrounder

Patrik Amelin hat es im Alter zu neuen sportlichen Höchstleistungen gebracht. Mit viel Ehrgeiz, Disziplin und Willensstärke schafft der mittlerweile 50-Jährige, wovon andere ihr ganzes Leben lang nur träumen können.

Zehn Sekunden noch bis zum Start. Die Sonne sticht vom Himmel herunter. Schweißperlen bilden sich auf der Stirn. Die Anspannung ist groß. Fünf, vier, drei, zwei, eins. Der Startschuss ist gefallen. Patrik drückt sich kräftig mit beiden Füßen vom weichen Kautschuk der Laufbahn des Lienzer Dolomitenstadions weg. Von hier an heißt es volle Konzentration. Bereits zum dritten Mal nimmt Patrik mit seinem Team am Dolomitenmann teil – dem härtesten Teambewerb der Welt.

Es ist ein Quadrathlon bestehend aus Berglaufen, Paragleiten, Radfahren und Kanufahren. Vor ihm liegt ein zwölf Kilometer langer Anstieg. 2.000 Höhenmeter gilt es dabei zu überwinden. In unter 2:10 Stunden muss er das Ziel beim Kühbodentörl auf 2.441 Meter Höhe erreichen, um sein Team im Rennen zu halten. Dass er einer der letzten sein wird, die das Ziel erreichen, das ist ihm bewusst. Ist er doch bedeutend älter als das restliche Teilnehmerfeld. Doch das stört ihn nicht. Sein Ziel ist es, aus sich selbst das Maximum rauszuholen.

Aufgewachsen ist Patrik in Mannerdsorf am Leithagebirge, einer mittlerweile 4.000-Seelen-Gemeinde im südöstlichen Niederösterreich, nahe an der Grenze zum Burgenland. Er entstammt einer Lehrerfamilie. Vater Lehrer, Mutter Lehrerin, Bruder Lehrer, alle Lehrer. Bereits mit 21 Jahren begann er in Hainburg an der Hauptschule zu unterrichten. Seine Fächer: Turnen und Mathematik. Zwei Unterrichtsgegenstände, die sehr gut zu seiner Person passen. Sportliche Begabung und Intelligenz.

Aber keine Buchintelligenz. Eher „street smart“. Das Lösen von Rätseln und Überwinden von Hindernissen im Alltag – das ist genau seines. So wird er auch von seinen Freunden wahrgenommen. Sucht man eine verlässliche, geschickte Person, dann ruft man Patrik an. Sei es beim Hausbauen oder beim Umzug. Sie alle schwärmen davon, wenn Patrik ausrückt und zur Stelle ist. Manchmal kann es aber vorkommen, dass er zu spät zu seinen Terminen erscheint. Auch das ist man von Patrik gewohnt. Er selbst streitet es immer wieder ab. Aber viele Stimmen sind mehr als eine.

An erster Stelle stand für Patrik jedoch sein ganzes Leben lang seine Liebe zum Sport. Und wenn er von Sport redet, dann redet er wirklich von Sport. Es gibt nur sehr wenige Sportarten, die Patrik in seinem Leben nicht zumindest einmal ausprobiert hat.

Angefangen hat er beim Basketball. Schon mit sechs Jahren spielte er regelmäßig mit dem orangefarbenen Spielgerät. Aufgrund einer fehlenden Jugendmannschaft musste er dies jedoch sein lassen und versuchte sich im Fußball. Da ihn das jedoch auch nicht erfüllte, heuerte er mit vierzehn Jahren beim Tennisverein TC Mannersdorf an, wo bereits sein Vater Fritz eine der spielerischen Größen seiner Zeit war. Der junge Patrik begeisterte alle mit seinem Tennis und war schon bald fixer Bestandteil der Herrenmannschaft. Noch heute absolviert er jede Meisterschaftssaison für den Verein.

Für seine Kinder wollte Patrik auch immer ein sportliches Leben. Mittlerweile hat er drei davon: einen älteren Sohn und zwei jüngere Töchter. Auch sie sind allesamt sportlich sehr begabt und engagiert. Eine Karriere als Spitzensportler wollte er für seine Kinder jedoch nie. „Da besteht deine Kindheit nur aus Reisen und Hotelzimmern. Das will ich beim besten Willen nicht. Vor allem wenn stets der Gedanke da ist, dass man es dann trotz allem nicht an die Weltspitze schafft und das ganze Unterfangen eigentlich umsonst gewesen ist.“

Patrik selbst wollte auch nie Spitzensportler werden. „Als kleiner Junge spielt man zwar öfter mit so einem Gedanken, aber das war nie wirklich eine ernsthafte Überlegung.“ Umso mehr ist dafür im Alter seine Motivation für neue, sportliche Abenteuer gestiegen. Sein ganzes Leben lang hat er die verschiedensten Sportarten ausgeübt. Die meisten davon brauchten einen gewaltigen Kraftakt, um sie gut ausüben zu können. Mit Mitte 40 hat sich sein Interesse dann aber in Richtung Ausdauersportarten geändert.

Patrik begann mit dem Laufen und ging viel Radfahren. Er wollte das meiste aus seinem Körper rausholen und begann an Triathlons und anderen extremen Rennen teilzunehmen. Eines davon war die 24 Stunden Burgenland Extrem Tour. Ein Ultramarathon über 120 Kilometer in unter 24 Stunden rund um den Neusiedlersee. In knapp 23:30 Stunden hat er das Ziel erreicht. Danach konnte er mehrere Tage nicht gehen. Wert war es ihm allemal.

Sein persönliches Highlight waren aber seine Teilnahmen am Dolomitenmann in Lienz. Vorne mitmischen konnte sein Team dabei nicht. Zu groß und vor allem zu jung war die Konkurrenz. Für manche Teams wurden sogar Weltmeister eingeflogen. Die Besten ihrer jeweiligen Sportarten mischen bei diesem Rennen mit. Doch das war auch nie das Ziel. Das Ziel lautete Durchkommen. Und das ist ihm gelungen. Ob er mit 51 nochmal antreten wird? Ausschließen will er es nicht. Vielleicht findet er aber auch wieder eine neue Sportart.