Beginnen wir diese Woche mit einem kleinen wissenschaftlichen Exkurs. Ein Spoiler ist laut Wikipedia "eine Information, die wesentliche Handlungselemente eines belletristischen Werks, eines Films, eines Videospiels, eines Hörbuchs, eines Sportereignisses oder Folgen einer Fernsehserie zusammenfasst und dadurch dazu geeignet ist, den Genuss am vollständigen Werk bzw. dessen Ausgang zu verderben." So, mein liebes RTL, und jetzt lies dir das nochmal g-a-n-z g-e-n-a-u durch. Okay, nicht das mit dem "Werk", da fällt deine Show nun wirklich nicht drunter, und "Genuss" würde ich es jetzt auch nicht nennen, sondern eher irgendwo im Graubereich zwischen Umweltverschmutzung und Körperverletzung verorten, aber es geht ja ums Prinzip. Und das ist: Nichts vorher verraten. Ziemlich einfach, oder? Gibt es da irgendwas nicht zu verstehen? Nee, oder? Oder? ODER?
WARUM UM ALLES IN DER WELT MUSS ICH MIR DANN AN EINEM MITTWOCHABEND EINE STUNDE, ICH WIEDERHOLE: E-I-N-E S-T-U-N-D-E, 60 MINUTEN, 3600 SEKUNDEN, DAS SIND 30 GEBACKENE UND SCHNABULIERTE CREPES, LANG ANSCHAUEN, WIE DIESE KICKBOX-FLITZPIEPE MIR DEN FLATSCREEN VOLLHEULT? ES IST DOCH KLAR, DASS ER AM ENDE KEINE NIMMT! ER HAT DOCH SCHON IN DER LETZTEN WOCHE ANGEKÜNDIGT, DASS ER SICH NICHT VERLIEBT HAT! "ICH MAG BEIDE MÄDCHEN SEHR, ABER IRGENDWAS FEHLT MIR". ACH GOTTCHEN! "ICH SPÜR KEIN VERLIEBTSEIN!" NA DANN FLENN DOCH!
Ich muss mich jetzt erst mal wieder beruhigen. Mein Arzt hat mir geraten, ich solle es mal mit etwas Entspannenderem versuchen. Killerwalen das Jonglieren beibringen zum Beispiel. Also, atmen, atmen, an schöne Dinge denken, mein Haus, mein Auto, meine Frau, Schwäne die friedlich auf einem See treiben, bis ein Typ in einem viel zu engen T-Shirt und mit Satzbau-Tourette ... Aber lassen wir das. Verehrte Leserinnen, es ist Finale und es ist sofern eine Premiere, weil es am Ende zum ersten Mal ein Happy End gibt - keine der Finalistinnen muss die nächsten Wochen so tun, als könne sie diesem Schwanenreiter mit seinem Depri-Gelaber auf dem Emanzipationsstand von 1954 etwas abgewinnen. Das heißt, wir alle können wieder sinnvollen Dingen nachgehen. Die Badkacheln mit der Zahnbürste schrubben, den Intimbereich mit einem stumpfen Buttermesser epilieren, alles eben, was mehr Spaß macht als "Der Bachelor" zu schauen. Denn das Finale in dieser Woche ist wirklich eine Zumutung. Die letzte Folge besteht nur aus Gejammer, Genöle, Gesicht verziehen, Haare raufen, Bachelor-Muskeln anspannen. Letzteres, weil die alle 30 Sekunden in eine Kamera gehalten werden müssen, sonst verkümmern sie.
Da ich hier aber nur für ziemlich viel Text ziemlich viel Geld bekomme, tun wir jetzt einfach so, als wüssten Sie nicht, wie es ausgeht. Wir müssen da jetzt gemeinsam durch. Nicht, weil geteiltes Leid halbes Leid ist. Nee, weil ich schon immer der Ansicht war: Wenn ich schon leiden muss, dann Sie erst recht. So!
Wir erinnern uns: Folge acht des "Bachelor" endete damit, dass unser Kickbox-Seb in der Vorschau jammerte, er habe sich nicht verliebt. Ein echter Schock bei einer Quote von 100 Prozent glücklich beendeten Fake-Beziehungen in dieser Sendung. Dafür hat er aber "so viel für sein Leben dazugelernt." Wie zum Beispiel, dass seine Zunge anatomisch in so ziemlich jeden weiblichen Mund passt oder dass man mit einem peinlich-pubertären Salto jede Badewanne zum Überlaufen bringen kann. Im Finale klagt er Mama sein Leid. Er hat bei beiden Frauen Bedenken. Wioleta zum Beispiel hat so ein "leicht egoistisches Verhalten" gezeigt. Und da ist es ihm "so etwas von vergangen". Wem nicht! Kommt schließlich nicht infrage, dass eine Frau mal an was anderes denkt, als das wichtigste auf der Welt: den geilsten Typen, den die Weltmeisterschaft im Schwanenweitwurf je hervorgebracht hat - ihn! Doch noch ist nicht alles verloren. Mama soll ihm sagen, ob Wio zu ihm passt. Ihr Kommentar: Sie ist ein "liebes, annehmbares Mädchen". Was sich so auch über einen Dackel, ein Shetland-Pony oder eine Zimmerpflanze sagen ließe. Dann eben nicht.
Weiter zu Diana. Nach Date eins sind bei der Bachelor-Mama alle Alarmlampen an. Um ihren Sohn loszuwerden, muss sie selbst aktiv werden. "Er kommt bei Damen gut an." "Er ist einfach ein Charmeur." Preist sie den Bachelor an. Also, ähm, sie meint schon denselben? Kickbox-Seb, der jeden Gegner mit Fäusten und Füßen besiegen kann, aber den Satzbau vorher auswürfeln muss? Scheint so. Doch es gibt ein Problem: Diana raucht. Und der Bachelor "hat ne mächtige Vorbildfunktion für Jugendliche". Wenn er dann "mit nem Partner mit ner Kippe im Mund" über die Straße gehe, würde das gar nicht gehen. Ganz im Gegensatz zu den Federvieh-Schlagzeilen in der "Bild". Was folgt, ist eine endlose Litanei aus Selbstmitleid. "Ich schäm mich auch." "Ich bin mega enttäuscht von mir selbst." "Mir tuts auch leid für die Mädchen." "Bei mir im Kopf dreht sich alles." Was nicht weiter schwer ist, da ist schließlich viel Platz. Sogar die Mutter redet auf ihren Sohn ein, damit er sich zumindest für Diana entscheidet: "Er ist ja auch nicht perfekt, seien wir mal ehrlich!" Wem sagen Sie das, Kickbbox-Mutti, wem sagen Sie das! Doch Ihr Sohn lässt sich mal wieder von Diana ihre Gefühle erklären. Was soll das eigentlich? Sind wir hier beim Waldorfschulen-Dating? Was kommt als Nächstes? Das Kamasutra töpfern?
Schnitt zum Finale. Wioleta erscheint als erste zur letzten Rose in einem Kleid, das sofort jegliches noch verbliebenes Restblut im Kopf des Bachelors in den Süden schickt. Die Auswirkungen zeigen sich sofort. Er stammelt herum, sie habe eine "mega Ausstrahlung", "stehe mit 28 Jahren sehr gut da". Wio schaut verwundert. Ist das hier das Finale des Bachelors oder hat sie sich aus Versehen bei einer Sparkasse beworben? Offenbar Letzteres und der Bachelor hat heute keinen Bausparvertrag für sie. Sonderlich geschockt sieht sie nicht aus. Andere Schwäne haben auch schöne Würger.
Bleibt Diana. Der Bachelor setzt an: "Du bist mega gut." "Ich kann mir auch viel mit dir vorstellen." Ich auch. Dummerweise ist aber gerade kein Pool verfügbar. "Deswegen weiß ich jetzt auch nicht, ob ich dir die letzte Rose geben kann." Diana schaut irritiert. Hat er gerade das gesagt, was sie da gehört hat? Ein Gedanke arbeitet sich ganz langsam nach vorne zu ihren Lippen. Ihr Mund öffnet sich und sie sagt: "Mmmmhmmm." Gut, offenbar geht das bei ihr auch nicht so schnell mit Gehirnwindungen. Wie soll das auch funktionieren, wenn sie das erste Mal seit zwei Monaten nicht komplett in Alkohol eingelegt sind. "Aber das musst du jetzt doch wissen", wirft sie ein. Womit sie nicht unrecht hat. Die Spielregeln sind schließlich einfach: Irgendeine nehmen, Fotos auf den Promi-Wiesn machen, abservieren, zusammen ins Dschungelcamp und sich ordentlich zoffen. So wie alle vor ihm. DAS KANN DOCH NICHT SO SCHWER SEIN!
Diana wird es jetzt auch zu doof. Sie nimmt ihm die Entscheidung ab: "Also gibst du sie mir nicht", sagt sie, in der Hoffnung, er würde endlich sein weinerliches Gerede stoppen. Doch er faselt schon wieder. Dianas Mund zuckt. Endlich sagt er: "Deswegen kann ich dir keine Rose geben." "Mmmmhmmm", brummelt Diana noch einmal. "Okay, dann können wir das jetzt lassen", sagt sie und zieht ihre Hände aus seinen. Offenbar hat Diana sich entschlossen, die drei Stufen einer Beziehung (den ganzen Tag rammeln wie zwei irre Teenager, grenzenlose Vertrautheit, sich im Restaurant anschweigen und dem Kellner hinterherstieren) zu überspringen und direkt zum einzigen aufrichtigen Gefühl in "Der Bachelor" überzugehen: blanker Hass. "Ich bring dich zum Auto", bietet Kickbox-Seb an. Diana zischt: "Muss das sein?" Es muss. Und während sie so dahin schlendern, keimt in Diana schon wieder so etwas wie ein kleines bisschen Hoffnung auf: "Wir werden nie wieder in diesem Leben miteinander zu tun haben, deswegen glaube ich, brauchen wir jetzt keine Energie mehr hier reinstecken." Der Bachelor erwidert: "Ich hab da auch viel reingesteckt." Und nicht nur da. Gni hi hi hi.
So, das war sie also, die große Romanze von Staffel zehn. Zwei Menschen haben sich gefunden, um sich nie wieder zu sehen. Also alles wie immer. Dachten sie zumindest. Dummerweise haben die Finalistinnen die Rechnung ohne Frauke Ludowig gemacht. Denn dort treffen sich alle wieder, um sich nochmal richtig an die Schwanengurgel zu gehen. Doch dann - wird da einfach weiter geheult! Nicht mal ein kleiner Streit! Kein Geschrei! Was ist denn bitte nur in dieser Staffel los? "Es hat mich mega belastet", jammert der Bachelor auf Fraukes Couch. Ja, was denn eigentlich? "Dieses Schwanenthema." Puh, ich dachte schon, wie er die Frauen behandelt hat. Nicht ohne Grund nannten sie ihn schließlich die Leckmuschel. Also, zumindest ich.
Unter Tränen berichtet er, dass Sponsoren abgesprungen sind, Kunden ihn angesprochen haben, eine Einrichtung für Jugendliche die Zusammenarbeit beendete. Wegen der Flattermann-Überschriften. Ungeachtet dessen, ob das nun wahr ist oder nicht (Der Bachelor: nö. Das Opfer: Aber hallo! Der Schwan: kein Kommentar). Fast tut er mir ein bisschen leid. Aber eben nur fast. Denn wissen Sie, wie sich das ganz einfach hätte vermeiden lassen? INDEM MAN NICHT INS FERNSEHEN GEHT! MEINE FRESSE! UND DANN AUCH NOCH AUSGERECHNET IN DIE SENDUNG, IN DER JEDER WIE EIN DEPP DASTEHT! AUF DEM SENDER, DER WIRKLICH JEDES PERSÖNLICHE DRAMA AUSGRÄBT! SCHON MAL WAS VOM INTERNET GEHÖRT? JA? DAS VERGISST NICHTS!!!
So, jetzt reicht es aber wirklich. Ich hab auch ein Leben. Offensichtlich im Gegensatz zu Ihnen. Wie wäre es damit: Lesen Sie doch mal ein Buch! Wie das endet, wenn man immer nur RTL schaut, haben sie ja gerade miterleben müssen. Und das wünsche ich nicht mal Ihnen.