Felix Huesmann

Reporter im Hauptstadtbüro des RedaktionsNetzwerks Deutschland, Berlin

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Artikel

Dortmunder Neonazis wollen mich tot sehen-scheiß auf sie

Journalisten sind Feinde. Wer mit einer Kamera am Rand von Pegida-Demos oder klassischen Nazi-Aufmärschen steht, bekommt das schnell zu spüren. Immer wieder wird die „Lügenpresse" beschimpft und vom Mob durch die Straßen gejagt. Mir haben Nazis jetzt eine ziemlich schäbige Morddrohung geschickt.

Seit einer Weile berichte ich nun schon darüber, was der rassistische Haufen auf den deutschen Straßen so treibt. Da ich in Dortmund lebe, habe ich damit leider genug zu tun. Schon seit den 80er Jahren ist die Stadt eine Hochburg der Neonazis in Westdeutschland. Fünf Menschen wurden hier seit 2000 von Neonazis ermordet. Es gibt hier rechte Hooligans, Skinheads und Autonome Nationalisten, die mittlerweile als Partei im Stadtrat sitzen.

Als im vergangenen November die „Hooligans gegen Salafisten" in Köln randalierten, waren die Dortmunder Rechten natürlich auch dabei. Im Schutz der „Lügenpresse"-gröhlenden Masse beschimpften sie Journalisten als „Antifa-Fotzen" und schlugen Kolleginnen und Kollegen von mir zu Boden.

Im Dezember wollten sie dann gegen einen Redakteur der Lokalzeitung „Ruhrnachrichten" demonstrieren und meldeten eine Kundgebung vor seinem Wohnhaus an. Nachdem die Polizei die Kundgebung in einen anderen Stadtteil abgeschoben hatte und auch die Ersatzkundgebung von Antifaschisten blockiert wurde, flogen ein Paar Tage später Farbbeutel auf das Haus des Journalisten.

Etwa zur selben Zeit tauchte auch das erste mal eine gefakte Todesanzeige mit dem Namen eines Kollegen auf, der ebenfalls regelmäßig über die Dortmunder Neonazis berichtet. Kurz vorher wurde ich bei einer Nazi-Kundgebung auch das erste mal direkt angesprochen. „Ey Felix, deine Straße ist braun, hab ich gehört", raunte mir eine der Gestalten zu.

Wow, ihr könnt wirklich mit Google umgehen und das Impressum meiner Website finden? Keine große Leistung das ganze – ein etwas mulmiges Gefühl hinterlässt das aber natürlich trotzdem. Mein Favorit der darauffolgenden Sprüche war allerdings, als mich der Nazi-Hipster fragte, ob es mich auch in hetero gäbe. Das trifft mich natürlich besonders hart.

Eine neue Eskalationsstufe hat die Hetze gegen die verhasste „Lügenpresse" in Dortmund allerdings diese Woche erreicht. Am Montagabend tauchten auf Facebook und Twitter plötzlich neue „Todesanzeigen" auf. Neben meinem Namen gibt es noch vier weitere mit den Namen anderer Dortmunder Journalisten. „Journalist Felix Huesmann – In unseren Herzen lebst du auf keinen Fall weiter – Bald ist es Zeit zu gehen" heißt es darin. Und das ist noch eine der netteren. In einer weiteren steht noch „Brenne Jude Brenne". Veröffentlicht wurden die „Todesanzeigen" auf einer Facebook-Seite mit dem Namen „Jagd eröffnet Jetzt". Unterschrieben waren sie alle mit Werbung für den Onlineshop des Dortmunder Neonazi-Kaders Michael Brück.

Als ich diese Drohungen gelesen habe, musste ich natürlich erstmal kurz schlucken. Mein zweiter Gedanke war allerdings: Ihr Pisser! Meint ihr wirklich ich schreibe jetzt weniger, oder freundlicher über euch? Meint ihr, dieses anonyme Gepose im Internet schüchtert mich ein? Ich habe seitdem viel Solidarität von allen möglichen Seiten bekommen und auch ein wenig über meine Berichterstattung nachgedacht.

Ich habe mich im Umgang mit den Dortmunder Neonazis nämlich bislang eher als Fachjournalisten gesehen – ich kann allerdings auch Boulevard. Die Nazis gehen mit diesen Morddrohungen tief unter die Gürtellinie. Vielleicht wird es also mal Zeit, den Blick umzulenken: Auf den Alkoholismus der bekanntesten Dortmunder Nazi-Größe zum Beispiel. Oder auf den offensichtlichen Heroinkonsum von genau den Nazis, die bei Aufmärschen in Dortmund in der ersten Reihe mitmarschieren und gegen „Drogenkioske" demonstrieren. Die Liste der Peinlichkeiten in den Reihen der Dortmunder Rechten ist auf jeden Fall lang genug.

Andererseits muss ich das ja gar nicht. Es wäre eine bodenlose Gemeinheit für jeden Alkoholiker und Heroin-Abhängigen, mit denen in einen Topf geworfen zu werden. Um Menschen zu diffamieren, die über die Ermordung Anne Franks lachen, reicht es vollkommen aus, sie als das zu bezeichnen, was sie sind: Nazis. Und das werde ich auch tun. Immer wieder.

Denn: Totgesagte Journalisten schreiben noch wütender Artikel!


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