Noch vor ein paar Monaten hätte man Steve Jobs nur all zu gerne gefragt: Wie sieht unsere Apple-Welt in zehn Jahren aus? Denn: Der Mann an der Spitze des Megakonzerns hatte einen großen Einfluss auf die Entwicklung der heißbegehrten Trendprodukte iPhone, iMac, iPod und iPad. Jobs prägte durch sein technisches Verständnis und seine Leidenschaft für Design und Ästhetik unsere technische Moderne.
Er war ein erfolgreicher Genius, ein Perfektionist, ein Individualist - keine Frage. Aber er war auch jemand, der viel Glück in seinem Leben hatte. Sein Weg kreuzte jene anderer einfalls- und einflussreicher Menschen. Er war oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Gerade so, als hätte es ihm das Leben so vorgeschrieben. Diesen Eindruck zumindest gewinnt, wer seine Biografie Steve Jobs liest.
Trauer um Visionär Steve Jobs
Datailliert und perfektionistischWalter Isaacson wurde eigens von Jobs damit beauftragt, sein Leben für die Nachwelt festzuhalten. Und er wählte klug, denn der anerkannte Journalist Isaacson entwarf für den Visonär ein umfassendes Porträt. Dafür gab Jobs ihm 40 Interviews und die Erlaubnis, mit allen relevanten Weggefährten und seiner Familie zu reden. In jahrelanger Recherche sammelte Isaacson viele wohlwollende, aber auch kritische Stimmen.
Herausgekommen ist ein Werk, das das Leben der Apple-Ikone reportiert, den visonären Denker mit all seinen Facetten darstellt. Isaacson gewährt intime Einblicke in die Welt des Steve Jobs, zeichnet ein Bild von ihm als schwieriges Genie mit einer komplexen Persönlichkeit - und gibt viel Überraschendes aus Jobs' Privatleben preis. "Dies ist ein Buch über das schwindelerregende Leben und die unglaublich intensive Persönlichkeit eines kreativen Unternehmers", schreibt Isaacson. Er zeigt einen Mann, der die Künste liebte, der sich von anderen Menschen in den Bann ziehen ließ, der ein Schelm war. Isaacson beschreibt seinen Charakter auch als eine "Mischung aus Sensibilität und Gefühllosigkeit, Ruppigkeit und Distanziertheit".
Der kreative Geist Apples
Aber Isaacson verliert sich in seiner Biografie über Jobs auch zu oft in unnötigen Details. So porträtiert Isaacson Weggefährten Jobs' detailversessen, beschreibt alle wichtigen wie unwichtigen Lebensstationen des Apple-Gründers nahezu minutiös. Dies hätte es nicht unbedingt gebraucht, um die extrem chaotische, charismatische und bemerkenswerte Persönlichkeit des Steve Jobs darzustellen.
Das Damoklesschwert des Steve JobsDer Anspruch Isaacsons, Jobs' Geschichte wahrheitsgetreu zu erzählen, ohne zu analysieren, ohne in die "Falle der Realitätsverzerrung zu tappen", gelingt ihm nicht immer. Einige Textpassagen lassen eine enge Verbundenheit zu Jobs vermuten. So verwendet der Autor auf 666 Seiten zahlreiche Attribute bei der Beschreibung des Apple-Mitbegründers, die ein teils übermenschliches Bild vom Despoten zeichnen: "Verlassen. Auserwählt. Speziell."
Steve Jobs, Walter Isaacson, C. Bertelsmann, 704 Seiten, 24,99 Euro. Foto: C. Bertelsmann
Verlassen - ja, das wurde Jobs, und zwar von Mutter und Vater. Dennoch erfährt man in seiner Biografie, dass er in seinen Adoptiveltern Menschen fand, die ihn immer liebten, bis zur eigenen Existenzgefährdung unterstützen und ihm schlechte Angewohnheiten verziehen.
Speziell - auch das war Jobs in seinem ganzen Denken und Handeln. Er spielte verrückte Streiche, nahm Drogen, meditierte, aß wochenlang nur Äpfel und Möhren, trickste und betrog. Das Buch offenbart spezielle Seiten des Visonärs, mit denen keiner gerechnet hätte: Er habe als junger Mann so sehr gestunken, dass er bei Atari in die Nachtschicht gesteckt wurde, damit er keine Kollegen belästigt. "Dieser Kerl ist ein verdammter stinkender Hippie", äußerte sich ein Ingenieur bei Atari über Jobs.
Ein Schrein für Steve Jobs
Jobs ernährte sich zudem aus gesundheitlichen und spirituellen Gründen vegetarisch. Sein Leben war sehr aufregend, wechselhaft, von Höhen und Tiefen geprägt - mehr als das vieler anderer. Es war immer eine Suche nach dem Sinn, dem Schönen, dem Perfekten und der alles überragenden Erkenntnis - so der Autor.
Doch auserwählt? So soll sich Jobs seit frühester Kindheit ebenfalls gefühlt haben. Nahezu unkommentiert lässt Isaacson dieses Bild zu Beginn des Buches stehen, das fast einem Gottgleichnis nahekommt. Es ist eine subjektive und ganz und gar nicht angemessene Beschreibung eines Mannes, der Verhaltensweisen anderer adaptierte, Menschen für seine Zwecke (be)nutzte und intelligent genug war, das Beste aus seinen Fähigkeiten zu machen.
"Verlassen. Auserwählt. Speziell." Dieser Dreiklang schwebt wie das Damoklesschwert über der gesamten Biografie. Denn der Leser weiß nur zu gut: Das, was Jobs antrieb, ihn zu Erfolg und Reichtum führte, bot letztendlich keinen Schutz vor Gefahren. Jobs starb an Krebs. Er konnte ihn leider nicht wegreden, wegkomplementieren, wegvisionieren, durch Meditation oder eine strenge Diät Einhalt gebieten, geschweige denn ignorieren - so, wie er es mit Problemen oft tat.
Bestes Zitat: "Es gefällt mir, an der Schnittstelle von Geisteswissenschaften und Technologie zu stehen." (Steve Jobs)
Titel: Steve Jobs Autor: Walter IsaacsonVerlag: C. BertelsmannUmfang: 704Preis: 24,99 Euro bereits erschienen
Walter Isaacson wurde eigens von Jobs damit beauftragt, sein Leben für die Nachwelt festzuhalten. Foto: dapd
sca/som/eia/news.de