Wenn Siegfried Rauch über sein Leben sprach, klang das meist pragmatisch: Als er sein Studium der Architektur in München abbrechen wollte, hielt ihn das gute und günstige Mensaessen an der Uni, erzählte er kurz vor seinem 85. Geburtstag. Also studierte er einfach etwas anderes und kam so über Umwege zur Schauspielerei. Nicht zuletzt die 14 Jahre auf der Kommandobrücke des ZDF-"Traumschiffs" machten ihn dann zu einem der beliebtesten deutschen Schauspieler.
Pragmatisch war Rauch auch, wenn es um das Leben und den Tod ging. Das Schicksal habe alles in der Hand, da sei er sich sicher. Und auch, dass es da „irgendetwas zwischen Himmel und Erde" gebe, „was wir nicht so ganz begreifen können", war für ihn ausgemacht. Überraschen lassen wollte er sich aber nicht von diesen Kräften und suchte sich daher schon vor vielen Jahren einen schönen Platz auf dem Friedhof aus - mit Alpenblick. Am Sonntag ist Rauch im Alter von 85 Jahren in seinem Wohnort Obersöchering südlich von München an Herzversagen gestorben, wie sein Manager Michael Jodl mitteilte. Der Leichnam des Schauspielers war obduziert worden.
Der Schauspieler hatte am Abend die Feuerwehr besucht. Jodl zufolge sackte er aufgrund des Herzversagens zusammen und fiel daraufhin eine Treppe hinab. Der Sturz sei nicht todesursächlich gewesen. Die Feuerwache befindet sich direkt neben Rauchs Wohnhaus, wie Bürgermeister Rainald Huber berichtete. Der Feuerwehrkommandant habe ihm erzählt, dass Rauch auf ein Glas Wein vorbeigeschaut habe. „Das hat er öfter mal gemacht."
Rauchs berufliches Leben hat die Rolle des „Traumschiff"-Kapitäns Jakob Paulsen besonders geprägt - und sie hat auch gut zu ihm gepasst. Kapitän Paulsen hatte eigentlich nie schlechte Laune, hilfsbereit und herzlich war er dagegen immer. Die Uniform adrett und blendend weiß, dazu dieses vertrauenswürdige Lächeln - diesen Blick hat Rauch nie verlernt. „Ein Kapitän muss etwas Väterliches haben", hat Rauch einmal gesagt - und mit seiner Ruhe und Gelassenheit das auch ausgestrahlt.
Anfang der 1970er Jahre gelang ihm der schauspielerische Durchbruch: 1971 spielte er im Klassiker „Le Mans" an der Seite seines guten Freundes Steve McQueen einen Rennfahrer und überzeugte dabei ohne viele Worte. Der Sprung nach Hollywood wäre möglich gewesen, doch die bayerische Heimat war Rauch wichtiger als das große Geld in Amerika.
In der ländlichen Idylle mit Blick auf die Alpen fühlte er sich wohl, seit 1973 lebte er in einem Bauernhaus. „Wenn ich arbeite, muss ich glücklich sein, und das kann ich nur in meinem Bauernhaus in Bayern und mit meiner Familie", sagte er einmal. In dem kleinen Ort war der prominente Einwohner sehr beliebt, sagte der Bürgermeister. „Da kennt jeder jeden." Die Menschen stünden nach Rauchs Tod unter Schock.
Statt auf den Kinoleinwänden war Rauch seit Ende der 70er Jahre immer öfter im Fernsehen zu sehen. So jagte er etwa in der Familienserie „Es muss nicht immer Kaviar sein" ab 1977 als Spion Thomas Lieven über den Fernsehschirm - und zeigte dabei seine charmante Seite. Ab 1999 war Rauch dann für 14 Jahre das Gesicht des „Traumschiffs". Bis zuletzt stand er als Dr. Roman Melchinger in der ZDF-Erfolgsserie „Der Bergdoktor" vor der Kamera. Im Juni sollen die Dreharbeiten zur nächsten Staffel beginnen. Wie es ohne Rauch weitergeht, sei noch völlig unklar, sagte ein Sprecherin der Produktionsfirma.
Rauchs Kollegen reagierten nach der Todesnachricht betroffen. Heide Keller, einstige Chefhostess auf dem „Traumschiff", will die Zeit mit Siegfried Rauch in bester Erinnerung behalten. „Er war ein Kapitän, bei dem jeder Passagier, der Angst vor Wind und Wellen hat, sagt: Bei dem Mann gehe ich an Bord. Der weiß, was er zu tun hat", sagte Keller. Die Nachricht von seinem Tod habe sie „umgehauen". Schauspieler Hans Sigl - der mehr als zehn Jahre lang mit Rauch im „Bergdoktor" spielte - sagte: „Er war aufrichtig und herzlich, lustig und liebevoll. Siegfried wird mir sehr fehlen".
Von seinen Zuschauern wurde Rauch für seine sanfte und bodenständige Art mit großer Beliebtheit belohnt. Ihm selbst war das eher suspekt. „Meine zwei Söhne sagen dazu immer: „Weil du so bist, wie du bist", sagte er vor seinem 85. Geburtstag - und blieb wie so oft pragmatisch: „Wieso soll ich denn auch anders sein?"