Zusammen mit seinen Eltern und seiner älteren Schwester wuchs Dieu Hao Do in der niedersächsischen Provinz auf. Die Familie gehörte zur südchinesischen Minderheit in Saigon, heute Ho Chi Minh Stadt. Wie viele Angehörige der chinesisch-stämmigen Community in Vietnam, verließen sie das Land, weil sie nach dem Einmarsch Chinas im Jahr 1979 noch stärker rassistisch und wirtschaftlich diskriminiert wurden. Über diese Erfahrungen wurde in der Familie nicht gesprochen, sagt Dieu Hao Do.
Diese Geschichte aufzudecken, das ist das Ziel, das sich Dieu Hao Do als Filmregisseur gesteckt hat. Denn es sind allenfalls Bruchstücke, die ihm darüber bekannt waren.
Ständige Angst vor dem VietcongDie schmerzhafteste Erfahrung für seine Mutter sei die Enteignung des Hauses gewesen und die darauffolgende Zwangsumsiedlung. Fortan mussten sie auf beengtem Raum bei Nachbarn leben, in ständiger Angst vor den kommunistischen Vietcong. Dieu Hao Dos Tante und Onkel hatten sechs Fluchtversuche hinter sich, waren in Umerziehungslagern Zwangsarbeit und psychischer Gewalt ausgesetzt. Nachdem den beiden endlich die Flucht geglückt war, sie von der Cap Anamur gerettet und nach Deutschland gebracht worden waren, mussten sie den Verlust der Heimat und die Trennung von der Familie verkraften. All dies sei sehr schmerzhaft gewesen für seine Tante und seinen Onkel, sagt Dieu Hao Do. Angesichts von so viel Leid und Trauer, bedürfe es viel Mut zu erzählen. Aber auch durchaus Mut, Fragen zu stellen.
Je mehr sich Dieu Hao Do mit dem Einfluss des Vietnamkriegs auf seine Familiengeschichte beschäftigt, desto mehr lernt er auch über sich selbst. Etwa was seine Haltung gegenüber den Vertragsarbeitern angeht, die aus dem kommunistischen Nordvietnam in die DDR geholt wurden und deren Kinder und Enkel heute noch in Deutschland leben, viele von ihnen in Berlin. Immer noch spiele es eine große Rolle in der südostasiatischen Community in Deutschland, ob die Eltern aus dem kapitalistischen Süden oder dem kommunistischen Norden Vietnams kamen.
1,5 Millionen Bootsflüchtlinge aus VietnamDie Geschichte seiner Familie ist Teil der Geschichte von mehr als 1,5 Millionen südvietnamesischen und chinesischen Bootsflüchtlingen, die aus Vietnam vertrieben wurden. An sie zu erinnern, hat sich der ambitionierte Filmregisseur, der bereits mehrfach beim Max-Ophüls-Festival vertreten war, mit seinem aktuellen Filmprojekt zur Aufgabe gemacht. Auf den Spuren seiner Familie hat Dieu Hao Do in Vietnam, Hong Kong und Deutschland gedreht, gerade ist er aus den USA zurückgekommen, wo er ebenfalls Interviews mit Verwandten geführt hat. Brisant ist die Geschichte der "Boat People" zum einen angesichts der aktuellen Diskussion um die Rettung von Bootsflüchtlingen im Mittelmeer. Zum anderen, weil die vietnamesische Regierung bis heute diesen Teil der Geschichte leugnet, sagt Dieu Hao Do.