Alicia mag Kylie Jenner. Auf ihren Selfies posiert sie wie die Influencerin: Die Beine überkreuzt, der Kopf zur Seite und nach oben gereckt. Oder den Kopf auf ihrer Hand abgestützt und mit ihren Fingern die Lippen berührend. Die Ähnlichkeit ist nicht nur in den Posen erkennbar: langes schwarzes Haar, viel Make-up, enge Kleider. Zwei- bis dreimal am Tag wischt sich Alicia durch die Storys von Stars und Freund*innen auf Instagram. Deutlich mehr Zeit verbringt sie auf . Dort postet sie zwar nichts, klickt sich aber durch die kurzen Videos. "Social Media macht junge Menschen schon irgendwie krank", sagt die 19-Jährige.
Alle schienen immer reine Haut, die perfekten Nasen, das perfekte Leben zu haben. Wenn man sich dann selbst im Spiegel sehe, schaue die Realität anders aus, meint Alicia. "Manchmal vergesse ich kurz, dass es auch nicht deren Realität ist, was ich auf den Fotos sehe. Sondern nur ihre besten Momente."
Alicia wirkt um einiges älter, wenn sie spricht. Sie reflektiert viel. Während sie aufrecht im weißen Ledersessel sitzt, ordnet sie ungefragt das eigen Gesagte anschließend direkt ein. Nur ihr Lachen dazwischen erinnert immer wieder an ihr junges Alter. In Wien arbeitet sie als Immobilienmaklerin, in ihrer Freizeit hört sie gern Bachata und geht aus. Alicia sagt über sich: Mein Aussehen ist mir wichtig. Damit war sie auch immer zufrieden. Sie mochte alles an sich. Alles bis auf das eine: ihre Nase.
Jedes Foto, das Alicia postet, bearbeitet sie mit der App Facetune. Während sie davon erzählt, tippt sie sich auf die Nase, als wäre sie gerade in der App. Dann führt sie die Handgriffe auf dem Telefon vor: Zweimal auf die Nase tapsen und schon ist sie auf die Hälfte geschrumpft und gerade gerichtet. So sieht sie Kylie Jenners Nase deutlich ähnlicher.
Woher kommt der Druck?Alicias Wunsch nach einer neuen Nase ist nicht erst durch die sozialen Medien aufgekommen. Als Kind sieht sie sich zum ersten Mal auf einem Familienfoto, auf dem sich ihre Nase plötzlich in die andere Richtung krümmt, als sie es vom Spiegel gewohnt war: "Da wurde mir klar, wie schief sie wirklich ist." Von diesem Augenblick erzählt sie wieder und wieder.
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