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"Stille Nacht, nervige Nacht!"

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, in den folgenden Zeilen die schönen Seiten des Weihnachtsfests hervorzuheben und all die nervigen Begleiterscheinungen als unvermeidbares Beiwerk zu akzeptieren. Bis mir zwei erstaunlich entspannte Freundinnen erzählten, dass sie dieses Jahr nichts verschenken. Wirklich NICHTS und vor allem: niemandem! Nicht den Eltern, nicht den Geschwistern oder Freunden und auch nicht dem Partner. Nichts, außer die gemeinsame Zeit. Das bedeutet, während sich in den Einkaufstempeln die Massen durch die Gänge wälzen, sitzen S. und C. gemütlich zuhause und genießen tatsächlich die Feiertage.

Alle Jahre wieder ... Weihnachtsvorbereitungen stressen, und das tun sie selbst dann, wenn man sie generalstabsmäßig vorbereitet. Vor allem Frauen kämpfen in der Adventzeit an vorderster Front, wenn sie Geschenke kaufen, kochen, backen und die Kinder bei Laune halten. Gern auch neben dem Job. Die Erwartungen an Weihnachten sind riesig, schließlich ist es nur ein Mal im Jahr - da muss alles perfekt sein! Nähe, Harmonie und kostbare Gaben - alles, was man sonst nicht hat, soll jetzt stattfinden. Vor allem Harmonie! Es muss also ein Geschenk für jemanden her, der vermutlich schon alles hat. Ein Präsent, das sagt: „Ich hab zwar keinen Schimmer, was dir gefällt. Aber schau, wie viel Mühe ich mir gemacht hab!" Darum erfasst die Menschheit schon Wochen vor dem Fest eine äußerst virulente Krankheit: das Weihnachtsshopping. Symptome sind neben schmerzenden Füßen auch chronisch leere Geldbeutel. Das findet auch C., die ihren Ausstieg aus dem Weihnachtsbusiness damit begründet, dass wir alt genug seien, jeder sein eigenes Geld verdiene und sich damit kaufen könne, was er will und braucht. Es habe sie zwar einiges an Überredungskunst gekostet, aber Familie und Freunde hielten sich daran. Nur 10 Prozent der Österreicher denken ähnlich wie C. In gut 90 Prozent der Haushalte gehören Geschenke zur Tradition. Eine Umfrage des Instituts statista.com ergab: Im Durchschnitt geben wir 421,44 Euro für das Weihnachtsfest aus. „Auch ned nix", meint C.

Haben viele von uns dann zwei Wochen vor dem Heiligen Abend die Geschenke für die Lieben zusammengetragen, beginnt die Zeit der Völlerei: Berge von Keksen und anderen Deftigkeiten häufen sich auf den Ladentheken. Im Büro, daheim bei der Schwiegermutter und vor allem bei den Großeltern wird nun geschlemmt, als stünde eine Hungerkatastrophe vor der Tür. Das Ende vom Lied sind viele überreizte Mägen, Mürbteig, der einem bis zum 24. regelrecht aus den Ohren kommt und ein Boom an Frauenzeitschriften, in denen die neuesten Blitzdiäten propagiert werden. „Darum ist für mich das wichtigste, sich darauf zu besinnen warum wir eigentlich Weihnachten feiern", meint C. „Um Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen."

Und damit kommen wir zum nächsten spannenden Thema. Wie jedes Jahr rotiert die Oma hektisch in der Küche, die Katze liegt erschöpft vom Kampf mit dem Lametta in der Ecke und die Kinder fragen alle fünf Minuten, wann das Christkind endlich Geschenke bringt. Anschließend besteht das weihnachtlich geschmückte Wohnzimmer zum größten Teil aus Fetzen von Geschenkpapier. Mensch, ist das gemütlich. Nachdem allerhand Stresshormone ausgeschüttet wurden, sind viel Bowle, viele Meinungen und viele Menschen an einem Tisch vor allem eines: Sprengstoff. Für alles, das einen bereits das ganze Jahr über gewurmt hat, gibt es nun keinen Filter mehr. Da hilft nur eines: ganz fest an die Bedürfnisse der anderen denken, gerade wenn Kinder dabei sind. Nichtsdestotrotz ist Weihnachten ein starkes Ritual, das verbindet. Glücklicherweise geht es aber auch schnell vorbei. Denn der Volksmund trifft es schon ganz gut: „Fisch und Gäste fangen nach drei Tagen an zu stinken."

Wir haben ein paar Tipps zusammengestellt, die Ihnen dabei helfen sollen, Ihre Energie vor und an den Feiertagen wieder aufzuladen. In diesem Sinne: ein frohes Fest!

How to: Stress vermeiden Unterscheiden Sie: Was ist wichtig? Was ist nichtig? Nur weil die Schwiegermutter ein Fünf-Gänge-Menü auf den Tisch zaubert, müssen Sie nicht dasselbe tun. Kaufen Sie Torten und Kekse, statt selber zu backen. Entwickeln Sie Ihre eigenen Rituale. Nutzen Sie die Gelegenheit, um sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen, was dem anderen gefällt und was er gerne hätte. Und reduzieren Sie die Zahl der Geschenke auf ein vernünftiges Maß. Gemeinsame Erlebnisse zu verschenken fördert nach einer Studie der US-amerikanischen Cornell University eine zwischenmenschliche Beziehung.

How to: Streit vermeiden Zwischen dem Schmücken des Weihnachtsbaumes und der Zubereitung des Bratens kocht auch die Stimmung schnell hoch. Bevor man sich direkt mit der ganzen Familie verkracht, verlegt man den Streit besser auf einen der anderen 362 Tage im Jahr oder klärt ihn schon vorher. Seinem Ärger sofort freie Luft zu machen, verhagelt nicht nur einem selbst die Laune, sondern auch den Liebsten, mit denen man doch eigentlich gemütlich Weihnachten verbringen möchte.

How to: Unpassende Geschenke loswerden
Noch eine Krawatte für den Papa, der eigentlich nie Anzüge trägt? Eine „Kastelruther Spatzen"- CD für die Oma, die gar keinen CD-Player hat? Unpassende Geschenke findet man unter nahezu jedem Christbaum. Zur Not findet das eine oder andere verschmähte Stück auf dem Flohmarkt einen wertschätzenden neuen Besitzer.


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