Die Paarungsrituale der Vögel läuten das Frühjahr ein. Vor Sonnenaufgang versucht die Männerwelt mit imposanten Strophenabfolgen die Damen für sich einzunehmen. Ein neues Buch dokumentiert eindrucksvoll das kuriose Liebesleben der Vögel.
Wer Paul McCartneys Lied Blackbird hört, kann schon ein bisschen benommen werden. Der harmonischen Melodie und dem klopfenden Takt entkommt man nicht. Mit geschlossenen Augen ist es, als würde man in einer Hängematte im Halbschatten schaukeln. Und wenn die Melodie bei „into the light" noch überraschend in ungeahnte Höhen steigt, springt wohl ein Belohnungszentrum im Gehirn an, wie bei prickelndem Brausepulver auf der Zunge.
McCartney soll vom Gesang einer Amsel inspiriert worden sein, als er das berührende Lied für die Beatles schrieb. Das wäre nicht verwunderlich, denn Amseln sind ungewöhnlich einfallsreiche Komponisten. Der Amselmann ist „ein begnadeter Sänger im feierlich schwarzen Anzug“, beschreibt es der Naturexperte Ernst Paul Dörfler in seinem neuen Buch „Das Liebesleben der Vögel“. Amseln haben ein „großes Strophenrepertoire, gelten als kreativ in der Erfindung, Kombination und Variation von Motiven.“
Menschen stehen den Vögeln viel näher, als man bislang glaubte
Warum tun sie das? Wegen der Frühlingsgefühle natürlich. Zur blauen Stunde vor Sonnenaufgang kann man in Parks, Gärten und Wäldern jetzt Zeuge solcher beeindruckenden Vogelgesänge werden. Die Männchen versuchen im Frühling die Herzen der Weibchen zu erobern. Das ist faszinierend, Frühlingsgefühle kennen schließlich auch wir. „Je mehr die Wissenschaft in die Geheimnisse der Vogelwelt vordringt, umso mehr müssen wir erkennen, dass wir Menschen den Vögeln viel näher stehen, als wir bislang glaubten“, schreibt Dörfler. Mensch-Vogel-Vergleiche halte er nicht für abwegig, sie seien eine bewährte Methode, um Interesse an der Natur zu steigern: „Nicht zuletzt wird die Botschaft vermittelt: Das alles hat auch etwas mit mir zu tun.“
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