Frauen tragen längst keine Kittelschürzen mehr. Dabei waren die mal der neueste Schrei: so praktisch, so waschbar, so modern! Und mancherorts gar eine erotische Offenbarung.
Auf dem Göppinger Krämermarkt steht ein Verkäufer vor einem Schild, von Hand geschrieben: „Tischdeckenstoff mit Teflon Beschichtung, 140 + 160 breit, 1m 15 Euro. Wachstuch 140 breit, 1m 7 Euro." Vor ihm eine Kiste mit in Folie verpackten bunten Stoffen - Kittelschürzen. Der Verkäufer lacht, als er erfährt, dass man sich für die Schürzen interessiert. Ist das so ungewöhnlich? Ja, sagt der Mann. Stefan Kottmann, so heißt er, weiß, wovon er spricht, schon seit 40 Jahren geht er auf die Krämermärkte. Kittelschürzen aber wolle heute kaum noch wer. Und wen wundert das schon? Die stolze Hausfrau hat schließlich ausgedient. Selbst in den Gärten auf dem Dorf turnen Mütter heute lieber in Sportleggings auf der Yogamatte, als in der Kittelschürze Tomaten auszugeizen.
Dabei ist es noch gar nicht lange her, da war die Kittelschürze der letzte Schrei. Wie Jeans oder Coca-Cola wurde sie nicht etwa auf einem Bauernhof auf der Schwäbischen Alb erfunden. Sie kommt aus Amerika, wo der Chef der amerikanischen Food Administration, der spätere US-Präsident Herbert Hoover, im Ersten Weltkrieg die Hausfrauen mehr einbinden wollte. Ähnlich ihren Männern, den Soldaten, sollten auch sie eine Uniform bekommen, diese Fleißigen an der Heimatfront! Weit geschnitten, vorne zum Knöpfen, leicht zu bügeln – das war die Hoover Apron. In einer Zeit, in der die Industrialisierung die Haushalte erreichte, wurde die Schürze auch in Deutschland zur Berufskleidung der Hausfrau. Über Schnittmuster in Modemagazinen verbreitete sie sich nach dem Zweiten Weltkrieg dann bis in die entlegensten Winkel. Dabei wollte sie die Frau nie, wie andere Mode, schön oder sexy zeigen. Im Gegenteil, sittsam, fleißig und kompetent sollte die Hausdame in ihrer Schürze erscheinen. Ein Verkaufsschlager.
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