Text 1: Der Osten im Westen
Exklaven, die Verwaltung des S-Bahnnetzes und der Schleusen sorgten im geteilten Berlin immer wieder für Hoheitsprobleme. Auf den Spuren der DDR-Präsenz in Westberlin
Den asiatischen Wasserbüffeln macht die Berliner Hitze zu schaffen. Sieben von ihnen liegen dicht aneinander gedrängt in einer Matschkuhle auf ihrer Weide in den Spandauer Tiefwerder Wiesen und reagieren nicht einmal auf die Fliegen, die sich ihnen unentwegt auf Augen und Ohren setzen. An einem Samstagmorgen im Juni ist das Naturschutzgebiet fast menschenleer. Bis auf ein altes Paar, das die Wiederkäuer von einem Holzsteg aus beim Nichtstun beobach- tet, einen Mann, der mit einem Dobermann Gassi geht und ein paar Kleingartenbesitzer, die ihre Pflanzen wässern, hält sich hier niemand auf. Heerstraße und Havelchaussee scheinen trotz unmittelbarer Nähe weit weg, außer gelegentlichem Froschquaken herrscht Stille.
Bis 1989 gehörten ein paar Hektar im Nordwesten der Tiefwerder Wiesen inmitten von Span- dau offiziell zur DDR – als Exklave. Grund dafür war die preußische Landordnung aus den Jahren 1865 bis 1868. Nach der wurden Grundstücke der Gemeinde zugeordnet, in der der Pächter lebte. Das war in dem Fall Seeburg im brandenburgischen Havelland..............
Text 2: Die Geschichte der Mauer wie in einem Brennglas
Mit dem Historiker Michael Wichmann entlang des Mauerwegs in Staaken
Außer vereinzelten tief fliegenden Flugzeugen und vorbeifahrenden Autos ist rund um den Bahnhof Staaken an einem Dienstagnachmittag im Juni wenig los. Gemeinsam mit dem Historiker Manfred Wichmann begebe ich mich von hier aus auf eine Spurensuche in die Vergangenheit: Er hat zugesagt, mir spannende Stationen am einstigen Mauerweg zu zeigen.
Der Archivar der Stiftung Berliner Mauer kennt den ehemaligen Grenzstreifen in Staaken wie kaum ein Anderer. Er hat für die Stiftung Berliner Mauer die Informationen auf den Gedenktafeln entlang des Mauerweges zusammengetragen und wohnt selbst in Staaken. Auf die Frage, warum er hier rausgezogen sei, antwortet der Wahlberliner: „Mich hat die vielschichtige Geschichte Staakens gereizt, von der sich hier noch überall Spuren finden.“
Der Historiker joggt in seiner Freizeit oft am ehemaligen Mauerweg entlang. Im Laufe der Zeit, erzählt er im Café Pause auf dem einstigen Grenzstreifen, habe sich bei seinen privaten Touren so einiges angesammelt. Einmal habe er ein Stück Streckmetallzaun entdeckt, ein andermal eine ungeöffnete VEB-Konservendose: „Wohl von einem Grenzer.“ Im Innenbereich des Café Pause werden deutsche und türkische Backwaren verkauft. Von unserem Tisch im Außenbereich blicken wir auf den Finkenkruger Weg.
In der Mitte der Straße verlief die Grenze zwischen dem sowjetisch besetzten West-Staaken und dem britisch besetzten Ost-Staaken. Im Gegensatz zum Rest Berlins war Staaken nicht nach den alten Verwaltungsgrenzen Groß-Berlins aufgeteilt. Grund dafür waren die Flughäfen Staaken und Gatow, die bei einer Teilung nach Bezirksgrenzen nicht funktionsfähig gewesen wären. Um den Flugplatz Gatow, der zum Teil auf brandenburgischem Gebiet lag, in Betrieb nehmen zu können, übergaben die Briten den Sowjets 1945 West-Staaken. So wurde der geographische Westen durch einen Gebietsaustausch Osten........