Erik-Holm Langhof

Journalist, freier Pressefotograf, Leipzig

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Artikel

Attraktive Oberlausitz

Reinhard Löbig aus Halle erzählt von entspannenden Tagen in der warmen Türkei. „Der Urlaub an der Türkischen Riviera war sehr angenehm“, erinnert sich der 65-jährige Rentner aus Leipzig an eine seiner vielen Auslandsreisen. Doch so bald wird er nicht wieder in ferne Länder reisen. Die Anschläge in den letzten Monaten haben ihn zu sehr verunsichert. „Ich habe ein mulmiges Gefühl“, gibt Löbig zu. „Es gibt immer mehr Terror in dieser Welt.“ Deshalb besucht er nun lieber die „verborgenen“ Ecken Deutschlands. Zurzeit ist der frühere Postmitarbeiter im Dreiländereck unterwegs, erfreut sich am Zittauer Gebirge, besonders am Luftkurort Lückendorf und genießt die „wunderschönen Ausblicke“, wie er sagt. Am liebsten fährt er mit seinem Fahrrad durch die Berge. Macht auch mal eine Pause im Nachbarland, trinkt gern ein Bierchen aus Tschechien und genießt vor allem die Natur. Auch das historische Zittau mit den vielen schönen Häusern schaut sich der Rentner gern an.


Offenbar denken viele Deutsche ähnlich. Noch vor den ersten Anschlägen in Istanbul im Januar wollten laut der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen 8,9 Prozent eine Reise in die Türkei machen. Danach waren es nur noch 6,2 Prozent. Auch das Interesse an einem Urlaub in Tunesien und Ägypten ist in jüngster Zeit gesunken. Daran sehe man, dass Berichte über Krisen und Unruhen oft auf die Nachfrage wirkten, schreibt die Forschungsgemeinschaft.


Das verstärkt allerdings nur einen Trend, der schon sehr alt ist: Die Deutschen machen Urlaub am liebsten zwischen Kap Arkona und Zugspitze. Mit einem Marktanteil von 29 Prozent war Deutschland auch 2015 das beliebteste Reiseziel. Der Landkreis Görlitz profitiert davon. Die Zahl der Touristen steigt zwischen Bad Muskau und Oberland – mit Ausnahme der Krisen- und Hochwasserjahre 2009 bis 2011 – seit über einem Jahrzehnt kontinuierlich an. Zuletzt laut Statistischem Landesamt auf fast 1,1 Millionen Übernachtungen pro Jahr.


Zu den Urlaubern, die gern das Heimatland erkunden, gehört Familie Tryzka aus Hannover. Sie ist bereits zum fünften Mal in der Oberlausitz. Immer wieder besuchen sie das Zittauer Gebirge und die umliegenden Gemeinden. Neben dem Luftkurort Lückendorf und Zittau sind die Tryzkas nicht zuletzt begeistert von der Gemeinde Oybin. „Die kleine Gemeinde ist schön“, sagt Irene Tryzka. Die 45-jährige Lehrerin ist sportlich aktiv und liebt daher die Wege im Gebirge. „Auch die Kinder sind fit, immer mit dabei“, sagt ihr Mann und Vater der zwei kleinen Jungs. Stephan Tryzka ist gebürtiger Hamburger und fährt gern in die Berge. „Nach vielen Jahren an und auf der See mache ich mich nun immer öfter auf die Strecke, um die schönen Gebirge anzuschauen“, sagt der 49-jährige lachend. Die beiden Kinder lieben allerdings etwas anderes: „Ich mag es, mit der Eisenbahn zu fahren“, erzählt Max. Der Siebenjährige ist begeisterter Eisenbahnfan und freut sich immer auf die Fahrten mit der Kleinbahn zwischen Oybin und Zittau. Die macht die vierköpfige Familie auch jeden Tag, denn der Übernachtungsplatz ist der Campingplatz am Olbersdorfer See. „Ein wunderbar familärer Platz und der Weg zum erfrischenden Wasser ist auch nicht weit“, sagt der Familienvater.


Das kann René Dreier vom „O-See Camping“ natürlich nur bestätigen. Der Inhaber berichtet davon, dass die Gästezahlen auch bei ihm steigen. „Bislang haben wir knapp 15 000 Übernachtungen – 800 mehr als im Vorjahr“, so Dreier. „Besonders erfreut uns die Zunahme von Gästen aus den Nachbarländern Polen und Tschechien.“ Die meisten kommen dennoch aus Deutschland. „Die Sachsen führen das Ranking vor den Brandenburgern und Bayern an“, berichtet er. Ob das an den letzten Terroranschlägen liegt, bezweifelt Dreier. „Dauercamper sind Dauercamper und bleiben ihrem Hobby treu“, erzählt er.


Gleiches berichtet auch Annette Scheibe vom Trixi-Ferienpark in Großschönau. „Viele Gäste kommen immer wieder und besuchen die Gegend“, sagt die Geschäftsführerin. Dadurch konnte auch der Campingpark inmitten des Zittauer Gebirges die Zahl der Übernachtungen um fünf Prozent steigern – durch ein Plus in der Nebensaison. „Ich kann aber nicht bestätigen, dass es an der Angst liegt, in ein bedrohtes Land zu fahren“, sagt Frau Scheibe.


Von den zusätzlichen Gästen profitieren aber nicht nur Campingplätze, sondern auch Hotels. Der „Hochwaldblick“ beispielsweise verzeichnet für Juni und Juli ein Plus um 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Andreas Räpke vom Hotel ist davon überzeugt, dass es sich dabei größtenteils um Stammgäste handelt und dier Zuwachs weniger mit dem weltweiten Geschehen zusammenhängt. „In Gesprächen spielte die Sicherheitslage zumindest keine große Rolle“, so Räpke.