Laut einer aktuellen Parship-Umfrage sind die Deutschen in Sachen Rachefantasien ganz groß - in der Praxis aber weniger. Dem untreuen Ex das geliebte Auto zu zerkratzen oder anderweitig Dampf abzulassen - eine Rachefantasie haben die meisten Umfrageteilnehmer. 69 Prozent gaben aber an, es bei dem Gedankenspiel zu belassen.
„Der Wunsch nach Rache ist ein wenig wie Hollywood: Drama, Vergeltung und schließlich die reumütige Einsicht des Opfers, etwas Unrechtes getan zu haben, gefolgt von einer Verhaltensänderung. Das Leben ist aber anders und die meisten Menschen wissen das", erklärt mir Beziehungs-Coach und Autor Eric Hegmann („Die Traumprinz-Falle"). „Fantasien voller alttestamentarischem Groll können sogar bei der Aufarbeitung hilfreich sein. Ihre Ausführung ist aber nicht wirklich gerecht - und vermutlich oft sogar strafrechtlich verfolgbar. Also gern im Kopfkino. Aber nie in der Realität."
Das mit der strafrechtlichen Verfolgung ist ein Argument, finde ich. So vergnüglich und befriedigend es vielleicht sein mag, mit einem Schlüssel über das neue Auto des verlogenen Ex zu fahren, die innere Genugtuung dürfte schnell verflogen sein, wenn die Rechnung ins Haus flattert. Die Reifen zu zerstechen, ist noch eine Spur härter, denn landet der Liebesfeind Nummer eins deswegen am nächsten Baum, ist das kein Spaß mehr.
Diese Überlegungen waren auch der Grund, warum ich mich damals mit begnügte, meinem Horror-Ex einfach ein paar „nette" Worte mit Lippenstift auf die Frontscheibe zu pinseln. Kein dauerhafter oder gar gefährlicher Schaden, aber leicht abzubekommen war es sicher auch nicht.
Auch wenn die Aktion durchaus als kindisch zu bezeichnen ist, hat es mir damals zumindest kurzzeitig geholfen, meine Wut rauszulassen. Außerdem kann ich gar nicht wirklich etwas dafür, dass ich mich dazu hinreißen hab lassen - sagt zumindest der Experte: „Bei allen starken Emotionen spielen Hormone eine große Rolle, und manche ähneln sich in der Wahrnehmung durchaus, besonders wenn die Botenstoffe das Gehirn und den Körper überfluten. Wenn die erst einmal wirken, dann behalten sie und nicht der Verstand die Überhand. Dann kann es zu Affekthandlungen kommen. Wer Rachefantasien spinnt, setzt bereits wieder den Verstand ein. Und der setzt hoffentlich schnell Grenzen."
Ob peinlich, theatralisch oder extrem gefühlsduselig, vor allem wir Frauen sind gefährdet, nach einer emotionalen Enttäuschung den Racheengel zu spielen. So bekennt mehr als jede fünfte Befragte der Parship-Umfrage: „Ich kann für nichts garantieren." Auch wenn sie ihre Ex-Freunde bisher verschont haben - wenn jemand ihnen wirklich weh tut, wäre für sie eine Racheaktion nicht auszuschließen.Eine Uni-Freundin von mir betrieb das schon fast exzessiv, als ihr damaliger Freund sie wegen einer anderen Frau verlassen hat. Zugegeben, das lief sehr unschön ab.
Erst fuhr er mehrere Monate zweigleisig, dann trennte er sich per Telefon und machte ihr anschließend immer wieder Hoffnungen. Nur um dann doch bei der anderen zu bleiben. Dass sie ihm Feigwarzen an sein bestes Stück oder eine fristlose Kündigung wünschte, kann ich verstehen.
Sie aber plante über Monate eine Racheaktion nach der anderen. Sie zerschnitt seine Lieblingshemden, verkaufte seinen antiken Sekretär, der noch in ihrer Wohnung stand und tat alles, um seine neue Beziehung zu zerstören. Sie steigerte sich so hinein, dass sie am Ende komplett aus den Augen verloren hatte, worum es überhaupt ging. Ich glaube, diese Aktionen wurden schon fast zum Hobby.Das Dumme (mal davon abgesehen, dass sie richtig Ärger hätte bekommen können): Auf diesem Weg wird ein angeknackstes Herz niemals geheilt. Eric Hegmann fasst das Resultat kindischer Racheaktionen so zusammen: „Genugtuung, Schadenfreude und womöglich eine Anzeige. Wirklich über Ihren Ex sind Sie hinweg, wenn er Ihnen gleichgültig ist. Solange Sie Rachegefühle haben, beherrscht er noch Teile Ihrer Gefühle. Gerechtigkeit und Rache sind verschiedene Dinge. Menschen mit Selbstbewusstsein suchen Gerechtigkeit."