Zum Jahresbeginn fragen sich viele, was gut lief im letzten Jahr, was nicht gut, welche Hoffnungen sich bewahrheitet haben. Das betrifft den Beruf ebenso wie persönliche Entwicklungen - und vor allem die Partnerschaft!
Verpasst man etwas, wenn man weitermacht wie bisher? Diese Frage treibt viele Menschen, die unzufrieden sind, um. Auf die Beziehung gerichtet kann das dann sein: Werde ich mit meinem Partner im nächsten Jahr glücklich sein können? Oder sollte man besser getrennte Wege gehen?
Paarberater Eric Hegmann aus Hamburg erklärt, woran man merkt, dass eine (Langzeit)Partnerschaft ernsthaft krankt, nennt konkrete Warnsignale und verrät, wann es sich lohnt für die Beziehung zu kämpfen.
BILD: Sollte man sich nach z.B. 30 Jahren Beziehung überhaupt noch voneinander trennen? Lohnt sich das noch?
Eric Hegmann: „Das Leben ist zu kurz für eine Beziehung, die unglücklich macht. Deshalb gibt es ganz sicher Beziehungen, die besser beendet werden sollten. Doch davor – gerade wenn ein Paar sehr lange zusammen war und nicht darunter gelitten hat – rate ich unbedingt dazu, Hilfe zu suchen und um die Liebe zu kämpfen. Oft fehlt den Partnern die Verbindung, sie fühlen sich für selbstverständlich genommen und wünschen sich mehr Aufmerksamkeit und Intimität. Daran kann man arbeiten, denn Langzeitpaare eint meist viel mehr als sie trennt. Macken, die erst nach 20 oder 30 Jahren stören, sind selten, häufiger ist es, dass Dinge, die schon lange gestört haben, nun unerträglich wirken.“
Wie unterscheidet man in der Beziehung eine tiefe Unzufriedenheit von einem Stören an den kleinen Macken des Partners?
Hegmann: „Wenn sich eine Hilflosigkeit gegenüber Launen und Macken des Partners einstellt, ist das ein Warnzeichen. Damit verliert man auch den Optimismus, den es braucht, um in eine Beziehung zu investieren. Genervt vom Partner ist jeder mal, aber das Gefühl, dass man mit diesem Menschen auch in zehn weiteren Jahren noch viel Schönes erleben will und kann, das darf nicht verschwinden.“
Wie findet man nach einer sehr langen Beziehung heraus, ob man WIRKLICH noch glücklich ist mit dem Partner?
Hegmann: „Fragen Sie sich: Hat mir mein Partner in schwierigen Zeiten geholfen? Hat mein Partner mich in schwierigen Zeiten alleine gelassen? Hat mein Partner mich in schwierige Zeiten gebracht? Wenn Sie zwei oder auch drei Fragen mit ja beantworten, dann sollten Sie etwas verändern.“
Wie durchbricht man tiefgreifende Muster, wenn man eine neue Beziehung aufnimmt?
Hegmann: „Nicht alle Muster sind ja unbedingt schlecht, sie sind vielleicht nur nicht kompatibel gewesen. Mit einem neuen Partner, dem man offen und neugierig begegnet, werden sich neue Verhaltensweisen von selbst ergeben, wenn Sie ein wenig reflektieren, was Sie zum Scheitern Ihrer letzten Beziehung mit zu verantworten haben.“
Ist man nach einer so langen Beziehung überhaupt fähig, sich noch einmal komplett auf einen anderen Partner einzulassen?
Hegmann: „Aber ja! Das hat sehr viel mit der Angst zu tun, erneut verletzt zu werden. Die muss überwunden werden, dann kann man auch eine neue Beziehung auf Augenhöhe mit einem neuen Partner eingehen.“
Wenn man sich entscheidet zu gehen: wie, wann, wo sagt man es dem anderen?
Hegmann: „Das ist abhängig vom Anlass. Grundsätzlich würde ich sagen, so wie man es sich umgekehrt wünschen würde.“
Kann man Leidenschaft auch nach einer langen Ruhepause wiederbeleben, wenn sie einmal verschwunden ist?
Hegmann: „Ja, das ist möglich. Denn die Lust und die Leidenschaft lassen ja nicht wirklich nach, es ist die Anziehungskraft. Die Idee, dass Paare bis an ihr Lebensende leidenschaftlichen Sex miteinander haben, ist recht neu. Für unsere Großeltern war es eher üblich, dass das Sexleben eingeschlafen ist. Sex ist nicht nur Leidenschaft, sondern auch Verbindung und eine Sprache der Liebe, die Zusammensein körperlich spürbar macht. Langzeitpaare sagen meist, das Sexleben finde zwar nicht mehr so häufig statt, dafür aber sei der Sex befriedigender und erfüllender. Die Angst ist also unbegründet, dass grundsätzlich mit der langen Partnerschaft die Lust aufeinander ausbleibt. Sie verändert sich.“