In der Paarberatung erlebe ich häufig den Vorwurf: „Du bist völlig gefühlskalt geworden." Worauf häufig der kritisierte Partner antwortet: „Du wusstest doch von Anfang an, dass ich nicht so der romantische Typ bin. Du weißt doch, dass ich dich liebe. Wäre ich sonst mit dir zusammen?"
Während Pragmatismus in der Beziehung und beim Reagieren auf Veränderungen und Konflikte durchaus seinen Platz finden sollte, braucht die Liebe Nähe und Zuwendung. Wir wünschen uns nicht nur einen Menschen an unserer Seite, der uns unterstützt, wir suchen jemanden, der uns die Welt und uns selbst aus seinen Augen zeigt, voller Zuneigung, Verständnis und Neugierde. So wie wir alles vom Partner erfahren wollen, so hoffen wir, geht es ihm ebenso.
Liebe zeigt sich in der Art der Kommunikation der Partner, wobei es dabei nicht allein um Worte geht. Glückliche Paare zeichnet eine zugewandte Kommunikation aus. Sie geben mehr preis, als nötig wäre, sie denken mit und weiter, wenn sie versuchen, einander Freude zu bereiten, sie versetzen sich in den Partner, um zu fühlen, was er fühlt.
Gefühlskalte Beziehung: Was tun, wenn die Gefühle erkaltenWer vom Partner nicht mehr gespiegelt wird, erlebt den Verlust der Bindung. Beobachten Sie ein Kind, das seiner Mutter etwas zeigen möchte, das es gesehen hat. Es möchte mit ihr sich verbunden fühlen. Denn wenn die mit ihren Augen sieht, was das Kind entdeckt hat, besteht für einen wunderbaren Moment eine Verbindung, die spürbar macht: Da ist jemand, der gerade das empfindet, was ich empfinde. Ich bin wichtig. Ich bin wertvoll. Ich bin nicht allein.
Es ist zugewandte Kommunikation, wenn die Mutter den Wunsch nach Bindung erkennt, achtsam ist und diesen Moment mit ihrem Kind teilt und vielleicht noch hinzufügt: „Ja, das ist sehr schön. Das erinnert mich daran, was wir gestern gesehen haben. Wollen wir und das morgen genauer ansehen?" Zugewandte Kommunikation sorgt für sichere Bindung, ohne Verlustangst, ohne Bindungsangst.
Erwachsene suchen Bindung auf Augenhöhe, aber sie suchen sie ganz genauso wie Kinder. Wenn sie sich gegenseitig erzählen, was sie gelesen haben, wenn sie sich tagsüber Textnachrichten und Bilder senden, um einander Freude zu bereiten, wenn sie sich spontan Geschenke machen, weil sie etwas gefunden haben, das ihren Partnern gefallen könnte. Sie denken füreinander mit. Sie bestätigen sich gegenseitig durch ihre Aufmerksamkeit.
Das Kind, das von seiner Mutter nicht beachtet wird, gibt zunächst nicht sofort auf. „Mama, sieh doch! Schau doch mal! Mama!" Es wird vielleicht lauter werden und sogar am Arm ziehen und auf etwas deuten. Vielleicht wird es sogar weinen, um Aufmerksamkeit zu erhalten. Und auch das wiederholt sich in Beziehungen. Erwachsene nutzen ein ganzes Repertoire an Verhaltensweisen, um sich der Achtsamkeit des Partners zu vergewissern. Sie zupfen nicht am Ärmel, aber halten Hände, sie kitzeln sich, sie umarmen sich, sie erzählen einander ihre Erlebnisse des Tages - sie versuchen Bindung zu schaffen. Scheitern sie, weil der Partner sich abwendet, nicht auf sie eingeht und keine eigenen Ambitionen zeigt, Nähe zu suchen, dann spüren sie Gefühlskälte.
Ein sehr schmerzhaftes Gefühl, denn es steht für Verlust von Bindung. Der Mensch als soziales Wesen stirbt in der Isolation. Unsere Instinkte reagieren auf Trennung so heftig, weil evolutionär das Alleingelassen werden den sicheren Tod bedeutete. Deshalb ist Liebeskummer so schmerzhaft. Ein gefühlskalter Partner ist emotional die Vorstufe einer endgültigen Trennung.