Eric Gutglück

freier Radsportjournalist, Frankfurt

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Ackermann nimmt in Top-Form Kurs auf den Giro

Pascal Ackermann (Bora - hansgrohe) triumphiert beim 58. Eschborn-Frankfurt.

Formtest bestanden: Pascal Ackermann (Bora - hansgrohe) hat sich im Trikot des Deutschen Meisters den Sieg beim Klassiker Eschborn-Frankfurt gesichert und damit seine Ambitionen für den Giro d’Italia untermauert. Der Landauer gewann nach 187,5 Kilometer und über 3200 Höhenmeter vor der Alten Oper im Sprint des Feldes vor Lokalmatador John Degenkolb (Trek-Segafredo) und dem Sieger der vergangenen vier Auflagen, Alexander Kristoff (Team - UAE Emirates). Zuletzt hatte Rennorganisator Fabian Wegmann vor exakt zehn Jahren im Deutschen Meistertrikot in Frankfurt triumphiert.

"Ich habe mich heute nur auf mich konzentriert, um mein Ding durchzuziehen. Ich wusste aus dem Training und den letzten Wochen, dass ich in fantastischer Form bin, und das Team hat sich nur für mich aufgeopfert“, sagte der strahlende Ackermann nach seinem dritten Saisonsieg, der zugleich der erste Erfolg seines Teams in der Mainmetropole war. Zudem war es Ackermanns erster Triumph im Meistertrikot auf deutschem Boden. 

Rechtzeitig vor seiner Grand-Tour-Premiere beim Giro d’Italia in anderthalb Wochen scheint der Sprinter seinen Sturz inklusive Armverletzung auf der 1. Etappe der Tour of the Alps abgehakt zu haben und befindet sich auf dem besten Weg in Richtung Italien-Rundfahrt. "Für mich ist das eine Riesenmotivation in Richtung Giro,“ blickte er schon auf sein erstes Saisonhighlight heraus. 

Der 25-Jährige vollendete eine perfekte Vorstellung seiner Mannschaft, die voll und ganz auf die Karte Ackermann setzte. "Ich war sehr froh, dass wir mit sechs Mann auf die Zielrunde gefahren sind und alles von vorn gemacht haben. So war es weniger hektisch und wir mussten nicht ständig aus den Kurven antreten.“ 

Auch der zweitplatzierte Degenkolb war nach seinem insgesamt vierten Podestplatz bei seinem Heimrennen nicht unzufrieden: "Ich habe versucht, immer vorn dabei zu sein, aber nie im Wind. Katusha-Alpecin hat das Rennen am Feldberg schon schnell gemacht. Ich glaube, wir sind den noch nie so schnell hochgefahren. Am Ende hatte ich Krämpfe, musste mich teilweise dehnen. Deshalb geht Platz zwei absolut in Ordnung,“ so der Sieger der Austragung von 2011, der den ersten deutschen Doppelsieg seit 1994 perfekt machte, als Olaf Ludwig vor Andreas Kappes in Frankfurt gewann. "Schade, dass es nicht zum Sieg gereicht hat, aber ich freue mich auch für Pascal“, schloss Degenkolb. 

Nach vier Siegen in Serie war der diesmal drittplatzierte Kristoff ebenfalls mit dem Ergenis einverstanden: "Ich habe den ganzen Tag gelitten. Meine Teamkollegen mussten mich zweimal zurückbringen. Am Ende hatte ich Krämpfe und bin deshalb happy mit dem Podium.“ Eine Kampfansage schickte der Norweger gleich noch hinterher: "Nächstes Jahr komme ich wieder und dann will ich meinen fünften Sieg.“ 

Hinter dem Podium komplettierten Davide Cimolai (Israel Cycling Academy), Hugo Hofstetter (Cofidis), Baptiste Planckaert (Wallonie-Bruxelles), Davide Gabburo (Neri Sottoli -Selle Italia -KTM), Lawrence Naesen (Lotto Soudal), Marco Haller (Katusha-Alpecin) sowie Grega Bole (Bahrain-Merida) die Top Ten. 

So lief das Rennen:

Yoann Offredo (Wanty - Gobert), Casper Pedersen (Sunweb), Dimitri Peyskens(Wallonie - Bruxelles), Sebastian Schönberger (Neri Sottolli), Evgeny Shalunov(Gazprom - RusVelo), Mathias van Gompel (Sport Vlaanderen) und Artyom Zakharov (Astana) zogen bei besten Wetterbedingungen mit blauem Himmel und Temperaturen um die 20 Grad schon kurz nach dem scharfen Start davon und fuhren sich bis zum Fuß des Feldbergs, der nach 35 Kilometern erreicht wurde, einen Maximalvorsprung von knapp vier Minuten heraus. 

Zunächst sorgten Bora - hansgrohe und UAE Emirates für die kontrollierte Tempoarbeit im Feld, ehe dann Politts Team im elf Kilometer langen ersten von insgesamt acht Anstiegen des Tages ordentlich Dampf machte und den Rückstand bis zum Gipfel auf weniger als 1:30 Minuten reduziert hatte. Am kurz darauf folgenden Ruppertshainer Berg verlor Offredo wegen eines Defekts den Anschluss an seine Begleiter, die damit nur noch zu sechst unterwegs waren, aber ihren Vorsprung gegenüber dem Feld in der Folge wieder ausbauen konnten. 

Bis zur ersten der vier Überquerungen des bis zu 23 Prozent steilen Mammolshainer Stichs, der nach 80 Kilometern erreicht wurde, betrug der Abstand sogar mehr als 4:30 Minuten, nachdem sich Katusha - Alpecin wieder aus der Spitze des Feldes zurückgezogen hatte. 

Politts Attacke verpuffte wirkungslos

An der zweiten Überfahrt des Mammolshainers forcierte Katusha - Alpecin wieder das Tempo, um der Konkurrenz auf den Zahn zu fühlen und die Sprinter in erste Schwierigkeiten zu bringen. In der Folge war es auch um die Ausreißer geschehen. In der Abfahrt vom Ruppertshainer Berg attackierte Nils Politt und fuhr einen kleinen Vorsprung auf das Hauptfeld heraus. Doch aufgrund des folgenden flachen Terrains brach der Hürther seinen Vorstoß rasch wieder ab. 

Dafür setzten sich kurz darauf Davide Ballerini (Astana), Dimitri Peyskens(Wallonie-Bruxelles), Francois Bidard (AG2R – La Mondiale), Evgeny Shalunov(Gazprom - Rusvelo), Kristian Sbaragli (Israel Cycling Academy) und Geoffroy Soupe (Cofidis) ab, die mit 40 Sekunden den dritten Mammolhainer Stich in Angriff nahmen. In der Abfahrt gesellte sich zudem noch Matej Mohoric (Bahrain - Merida) zur Spitze dazu, die damit auf sieben Mann anwuchs. 

Mit 45 Sekunden ging die Spitze in die vierte und letzte Passage des Mammolshainer Stichs gut 45 Kilometer vor dem Ziel. Im Hauptfeld blieben wider Erwarten weitere Vorstöße aus, so dass die Gruppe knapp 40 Sekunden mit in die Abfahrt Richtung Frankfurt nahm – allerdings ohne Soupe, der ins Hauptfeld zurückfiel. 

Bora - hansgrohe zeigt ein perfektes Finale

Gut 55 Sekunden nahm die Spitze schließlich mit nach Frankfurt hinein auf die letzten 30 Kilometer. Im Hauptfeld arbeiteten vor allem Bora - hansgrohe, Katusha - Alpecin und Trek - Segafredo, um den Zusammenschluss herzustellen. Kurz vor der zweieinhalbmal zu befahrenden Zielrunde fiel auch Bidard dem Tempo seiner Mitstreiter zum Opfer. 

Bora - hansgrohe nahm die Schlussrunde mannschaftlich geschlossen von vorn in Angriff und stellte die Ausreißer am Mainufer 4,2 Kilometer vor dem Ende. Auch ein weiterer Astana-Vorstoß wurde von der Raublinger Mannschaft vereitelt. Die Helfer von Ackermann bogen als erste auf die 670 Meter lange Zielgerade ein und brachten den Pfälzer in eine perfekte Position. 

Trotz Schulterkontakt mit Kristoff behauptete Ackermann seinen Platz und fand ganz rechts fahrend die Lücke zwischen der Bande und Cimolai, der schließlich Vierter wurde.

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