Ein Mann mit freiem Oberkörper huscht gebückt durch die ausgedörrten Büsche neben der Straße. Ein paar Meter weiter verschwindet ein anderer hinter mannshohen Kakteen. Beide bewegen sich trotz der Plastiklatschen an ihren Füßen schnell und sicher durchs Gestrüpp. Immer wieder halten sie an und versichern sich, dass ihnen niemand folgt. Doch die Luft ist rein, ihre Flucht unbemerkt.
Diese Szene stammt nicht aus einem Fernsehkrimi, sondern spielt sich beinahe täglich auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa ab. Die Männer sind tunesische Migranten, die gerade aus dem Erstaufnahmezentrum für Flüchtlinge abgehauen sind, das sie wegen der Corona-Auflagen eigentlich nicht verlassen dürfen. Das Zentrum liegt ein paar Hundert Meter weiter am Ende der Straße hinter einem Drahtzaun und wird vom italienischen Militär bewacht.
Doch nun sind sie draußen – ein kleiner Moment der Freiheit auf der gerade mal 20 Quadratkilometer großen Insel, ...
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