3 subscriptions and 2 subscribers
Article

Bonn im Film - Tote Taube in der Beethovenstraße

Foto: Vaclav Demling

Zwar hat Bonn bekannt­lich kei­nen eige­nen Tat­ort, doch vor mehr als 30 Jah­ren spielte tat­säch­lich ein­mal eine Tatort-Folge in der Bun­des­stadt. Tote Taube in der Beet­ho­ven­straße, so der Titel der 25. Folge, stellt ein Kurio­sum in der Serie dar: Regie führte kein gerin­ger als Hollywood-Legende Samuel Ful­ler und ermit­teln durfte Glenn Cor­bett alias Pri­vat­de­tek­tiv Sandy. Bei den Zuschau­ern kam der eigen­wil­lige Film jedoch nicht gut weg. Heute besitzt die Folge aller­dings schon wie­der einen gewis­sen Kult­sta­tus. Doch der Reihe nach.


Irgend­wann 1971 kam der WDR auf die Idee, den Hollywood-Regisseur Samuel Ful­ler eine Tatort-Folge dre­hen zu las­sen. Ful­ler war für Action- und Kriegs­filme bekannt. Zu sei­nen bekann­tes­ten Wer­ken gehö­ren etwa Die Hölle von Korea (1951), Poli­zei greift ein (1953) oder Schock-Korridor (1963). Dass Ful­ler also kei­nen kon­ven­tio­nel­len Tat­ort dre­hen würde, war zu erwar­ten gewe­sen. Inner­halb von weni­gen Tagen hatte er das Dreh­buch fer­tig gestellt, in dem er Erfah­run­gen aus Deutsch­land ein­flie­ßen ließ, die er 1945 als Sol­dat im Zwei­ten Welt­krieg gemacht hatte.


Die Geschichte spielt haupt­säch­lich in Bonn, aber auch in Köln, und ist nicht immer ganz ein­fach nach­zu­voll­zie­hen. Die Hand­lung soll an die­ser Stelle nicht ver­ra­ten wer­den, nur so viel: In der Beet­ho­ven­straße wird ein ame­ri­ka­ni­scher Pri­vat­de­tek­tiv ermor­det. Da die Bon­ner Poli­zei annimmt, dass der Fall mit Dro­gen­han­del zusam­men­hängt, wird Zoll­fahn­der Kres­sin (Tatort-Ermittler von 1971 bis 1973) auf den Fall ange­setzt. Hinzu kommt ein wei­te­rer Pri­vat­de­tek­tiv namens Sandy (Glenn Cor­bett), der mit dem Toten an einem Erpres­sungs­fall zusam­men­ge­ar­bei­tet hatte. Als Kres­sin ver­letzt wird, über­nimmt Sandy die wei­te­ren Ermitt­lun­gen allein.


Wäh­rend die Story eher schwä­chelt, ist Ful­lers Tat­ort vor allem wegen unge­wöhn­li­cher Kame­ra­ein­stel­lun­gen und dem merk­wür­di­gen Schnitt inter­es­sant und nicht zuletzt auch wegen der Musik der Band Can. Film­his­to­risch ist Tote Taube in der Beet­ho­ven­straße also mehr als einen flüch­ti­gen Blick wert, als Abend­un­ter­hal­tung taugt er nur bedingt. In der Tatort-Rangliste ist diese Folge nur auf den hin­te­ren Plät­zen zu fin­den, doch sor­tiert nach Vari­anz liegt sie auf Platz 4. Ein Zei­chen, wie stark die­ser Tat­ort das Publi­kum spaltet.


Für Bon­ner inter­es­sant sind die Dreh­orte. Von der Beet­ho­ven­straße ist gar nicht mal so viel zu sehen. Die Anfangs­szene spielt haupt­säch­lich im Kreuz­berg­weg, der die Beet­ho­ven­straße mit der Baum­schul­al­lee ver­bin­det. Danach ist das Fritz-Schroeder-Ufer unter­halb der Beet­ho­ven­halle zu sehen. Vom Bras­sert­ufer geht es dann - geo­gra­fisch nicht ganz stim­mig - zum Bahn­hof Roland­seck. Anschlie­ßend spielt die Hand­lung in Köln, ehe Sandy nach Bonn zurück­kehrt und in einer Szene kurz der Bon­ner Haupt­bahn­hof zu sehen ist. Im Beet­ho­ven­mu­seum spielt sich eine amü­sante Ver­wechs­lungs­szene ab, danach wech­selt der Schau­platz auf die andere Rhein­seite, genauer gesagt auf den Peters­berg und den Dra­chen­fels. Das Finale spielt sich im Fecht­saal der Bon­ner Uni­ver­si­tät und im Hof­gar­ten ab. Für Bon­ner gibt es also zahl­rei­che Gele­gen­hei­ten, ihre Stadt im Film wiederzufinden.


Zuletzt lief der Bon­ner Tat­ort am 26. Dezem­ber 2012 im WDR. Falls er dem­nächst wie­der­holt wird, sollte man sich das als Bon­ner nicht ent­ge­hen las­sen. Wer sich aus­führ­lich über den Film infor­mie­ren will, kann sich im Tatort-Fundus umse­hen. Dort gibt es zahl­rei­che Arti­kel, Inter­views und Hin­ter­gründe zu einem der außer­ge­wöhn­lichs­ten Tat­orte aller Zei­ten. Und wer sich gleich die DVD zule­gen will, der sollte viel­leicht noch ein wenig war­ten. Vor kur­zem wurde der 128-minütige Director's Cut gefun­den, der viele zusätz­li­che Sze­nen gegen­über der der­zei­ti­gen Fas­sung (98 Minu­ten) ent­hält, und der bald auf DVD ver­öf­fent­licht wer­den könnte.

Original