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Die Bonner Kinolandschaft

Foto: Vaclav Demling

Das Kino als Ort, Film zu erle­ben, wan­delt sich stän­dig. Kino­ty­pen ver­schwin­den, wäh­rend gleich­zei­tig neue ent­ste­hen. Die Kino­land­schaft einer Stadt bleibt im Laufe der Jahre sel­ten unver­än­dert. Nicht anders ist das Bonn, wo sich dem Filmin­ter­es­sier­ten nach wie vor eine bunte Viel­falt bie­tet. Ein Über­blick über die Bon­ner Kinoszene.


Wer in Bonn ins Kino gehen möchte, hat zwar nicht unbe­dingt die Qual der Wahl, aber doch eine ganze Reihe an Mög­lich­kei­ten. Neben zwei Mul­ti­ple­xen gibt es auch meh­rere Pro­gramm­ki­nos, und mit dem WOKI ein Film­thea­ter, das irgendwo dazwi­schen steht.


Bonns moderns­tes Kino - das Kino­po­lis in Godesberg

Das größte Bon­ner Kino befin­det sich nicht im Bon­ner Zen­trum, son­dern in Bad Godes­berg. Das Kino­po­lis ist ein typi­sches Multiplex-Kino. Es ver­fügt über elf Säle unter­schied­li­cher Größe und Aus­stat­tung. So sind bei­spiels­weise gleich sie­ben Säle mit 3-D-Technik aus­ge­rüs­tet. Das Kino­po­lis zeigt vor allem aktu­elle Hollywood-Produktionen in deut­scher Fas­sung. Aller­dings kön­nen auch Lieb­ha­ber von Ori­gi­nal­ver­sio­nen oder Film­kunst fün­dig wer­den. Für letz­tere bie­tet das Kino gleich vier Film­rei­hen an: Kino­po­lis Art möchte „aus­ge­wählte Filme zwi­schen Kunst und Kom­merz" zei­gen, ebenso die Kino-1-Reihe, bei der Film­kunst, Arthouse und Kul­tur im Vor­der­grund ste­hen sol­len. Die Reihe film­reif wird als Film­reihe für anspruchs­volle Kino­gäste bewor­ben - Mainstream-Kino bleibt es frei­lich den­noch. In der soge­nann­ten Kul­tur­film­reihe zeigt das Kino­po­lis ein­mal monat­lich einen aus­ge­wähl­ten Film aus dem Arthouse-Bereich mit anschlie­ßen­der Dis­kus­sion. Dar­über hin­aus ver­sucht der Betrei­ber - die sich im Fami­li­en­be­sitz befin­dende Kinopolis-Gruppe - den Zuschauer mit zahl­rei­chen Events und Ver­an­stal­tun­gen zu locken. Am bes­ten scheint das aber immer noch mit Block­bus­tern am Sams­tag­abend zu funk­tio­nie­ren. Dann bil­den sich schon mal lange Schlan­gen vor dem im Dezem­ber 1997 eröff­ne­ten Bau.


(Nicht nur) Main­stream im Bon­ner Zen­trum - das Stern und das WOKI

Das andere Bon­ner Mul­ti­plex hat mit dem Kino­po­lis vom ähn­li­chen Pro­gramm abge­se­hen wenig gemein. Die Licht­spiele im Stern am Bon­ner Markt­platz wur­den bereits im Jahr 1913 eröff­net und fei­ern am 15. Dezem­ber 2013 hun­dert­jäh­ri­ges Beste­hen. Ein Multiplex-Kino ist das Stern seit 1983. Betrei­ber der - neu­er­dings nur noch - drei Säle ist seit 2009 die Cinestar-Gruppe. Bis vor kur­zem bot das tra­di­ti­ons­rei­che Kino noch vier Säle, doch das Film­stu­dio, das sich direkt neben dem Stern befand, musste auf­grund eines aus­lau­fen­den Pacht­ver­trags geschlos­sen wer­den. Der letzte Vor­hang fiel Ende Mai, und Bonn war erneut um ein Kino ärmer - auch wenn es sich genau genom­men nur um einen Saal des Cinestar-Kinos han­delte. Im Som­mer wur­den die Säle der Stern­licht­spiele reno­viert und digi­ta­li­siert, um das Kino für die Zukunft zu rüs­ten. In der Gegen­wart sind die Stern­licht­spiele ein kom­mer­zi­el­les Mainstream-Kino im Her­zen von Bonn.


Unweit der Stern­licht­spiele, näm­lich am Bertha-von-Suttner-Platz, befin­det sich mit dem WOKI eine Bon­ner Insti­tu­tion. Streng genom­men han­delt es sich auch beim WOKI um ein Multiplex-Kino, da es über zwei Säle ver­fügt. Aber auch wenn man das WOKI nicht als Pro­gramm­kino defi­nie­ren kann, so ist es doch kein klas­si­sches Mul­ti­plex, denn die Palette der gezeig­ten Filme ist groß. Die Abkür­zung WOKI steht für Wochenschau-Kino. Die­ser seit 1998 beste­hende Name - vor­her hieß das Kino Uni­ver­sum - ist eine Hom­mage an das von 1954 bis 1984 betrie­bene WOKI in der Gan­golf­s­traße 1-5 unweit des Haupt­bahn­hofs. Das WOKI ist vor allem bei Bon­ner Stu­den­ten beliebt, die sich gerne mitt­wochs um 21 Uhr die soge­nannte Sneak-Preview anse­hen, bei der ein Film vor sei­nem offi­zi­el­len Bun­des­start gezeigt wird. Jeden 2. und 4. Mon­tag im Monat zeigt das WOKI außer­dem eine Sneak-Preview in der (eng­li­schen) Ori­gi­nal­ver­sion. Auch sonst lässt sich WOKI-Gründer und -Chef Rai­ner Otto eini­ges ein­fal­len, um sich von den ande­ren Bon­ner Kinos abzu­he­ben. So zeigte das WOKI kürz­lich Werke der Fil­me­ma­che­rin Bir­git Hein im Zuge der Ver­an­stal­tungs­reihe Video­nale Scope.


Pro­gramm­kino in Beuel - Neue Film­bühne und Bon­ner Kinemathek

Vom Bertha-von-Suttner-Platz ist es nur ein Kat­zen­sprung auf die andere Rhein­seite nach Beuel, wo zwei Kinos nicht weit von­ein­an­der um die Gunst des Publi­kums wer­ben. Das ist zum einen die Neue Film­bühne, zum ande­ren die Bon­ner Kine­ma­thek in der Brot­fa­brik. Die Film­bühne in Bonn gibt es schon seit 1933. Sie ist ein Erst­auf­füh­rungs­kino, Programm- und Reper­toire­kino und zeigt viele euro­päi­sche Pro­duk­tio­nen, nicht wenige davon im Ori­gi­nal mit deut­schen Unter­ti­teln (OmU). Die Film­bühne ist ein klei­nes archi­tek­to­ni­sches Schmuck­stück mit dem Charme alter Kinos, denn sie ver­fügt über einen Bal­kon und - 186 - rote Sitze. Das Beu­e­ler Kino zeigt immer wie­der Filme, die es sonst in Bonn nicht auf die Lein­wand schaf­fen und ver­an­stal­tet dar­über hin­aus meh­rere Film­fes­ti­vals, zum Bei­spiel die Fran­zö­si­schen Film­tage oder das Doku­men­tar­film­fest Blick­win­kel. Obwohl die Film­bühne wie die meis­ten Kinos Woche für Woche pro­gram­miert, gibt es ein gro­bes Monats­pro­gramm mit dem Titel Licht­blick, das dem Filmin­ter­es­sier­ten die Pla­nung des Kino­be­su­ches erleichtert.


Monat­lich plant auch die nur rund 600 Meter ent­fernte Bon­ner Kine­ma­thek, Bonns ein­zi­ges ech­tes Pro­gramm­kino. Wäh­rend alle ande­ren Häu­ser über­wie­gend auf aktu­elle Kino­filme set­zen, zeigt die Bon­ner Kine­ma­thek auch Filme abseits des gegen­wär­ti­gen Kino­pro­gramms. Die Ver­an­stal­tun­gen in der soge­nann­ten Brot­fa­brik sind in meh­rere Rei­hen ein­ge­teilt, etwa Deut­sches Kino, Queer Mon­day, Welt­spie­gel oder Juwe­len der Film­ge­schichte. Die meis­ten Filme lau­fen in OmU, es sei denn, vom Ver­leih war nur eine deutsch­spra­chige Fas­sung zu bekom­men. Die Kine­ma­thek ent­stand vor mehr als 25 Jah­ren aus einer stu­den­ti­schen Initia­tive. 1986 wurde die ehe­ma­lige Brot­fa­brik Germania-Brot reno­viert und zur kul­tu­rel­len Nut­zung umge­baut - unter ande­rem zog die Bon­ner Kine­ma­thek ein, die seit­her zahl­rei­che Preise für ihr Pro­gramm erhal­ten hat, zuletzt Mitte Novem­ber den Spit­zen­preis der Film- und Medi­en­stif­tung NRW für das Gesamt­pro­gramm im Jahr 2012. Der För­der­ver­ein Film­kul­tur Bonn, des­sen Vor­sit­zende Sig­rid Limprecht Geschäfts­füh­re­rin der Kine­ma­thek ist, orga­ni­siert die Bon­ner Stumm­film­tage, bei denen im Arka­den­hof der Uni­ver­si­tät Bonn zu Live­mu­sik bei freiem Ein­tritt Stumm­film­klas­si­ker gezeigt wer­den. Auch in der Kine­ma­thek fin­den vor und nach den Stumm­film­ta­gen ver­schie­dene Film­fes­ti­vals statt, so etwa die Skan­di­na­vi­schen Film­tage, die Woche des ita­lie­ni­schen Films Cinema Ita­lia, die Schul­film­fes­ti­vals und cinescuela sowie einige andere mehr. Dar­über hin­aus arbei­tet die Kine­ma­thek mit dem LVR Lan­des­Mu­seum in Bonn zusam­men. An rund sechs Ter­mi­nen im Monat macht das Arthaus-Kino Sta­tion in der Colmantstraße.


Film­kunst im Stadt­teil­kino - das Rex auf der Ende­ni­cher Kulturmeile

Wäh­rend Beuel also gleich über zwei Kinos ver­fügt, hält im Bon­ner Wes­ten nur das Rex die Stel­lung. Das denk­mal­ge­schützte Licht­spiel­thea­ter in Ende­nich gibt es seit 1952, seit 1981 wird es von Die­ter Her­tel betrie­ben, dem auch die Film­bühne in Beuel gehört. Wie das Schwes­ter­kino auf der ande­ren Rhein­seite ver­steht sich das Rex als Kul­tur­in­sti­tu­tion, das Film pri­mär als Kunst betrach­tet, nicht als Ware. Das Pro­gramm ist dem der Neuen Film­bühne ähn­lich und wurde eben­falls bereits mehr­fach ausgezeichnet.

Pro­gram­ma­ti­sche Viel­falt - aber wie lange noch?

Die Bon­ner Kino­land­schaft erfreut sich einer guten Gesund­heit, steht aber den­noch vor gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen. Die auf­wän­dige Umstel­lung auf digi­tale Vor­führ­tech­nik konnte zwar in allen Häu­sern in die­sem Jahr abge­schlos­sen wer­den, doch die schwie­rige Haus­halts­lage der Stadt Bonn, die zuletzt im Ver­hän­gen einer Haus­halts­sperre gip­felte, macht vor allem den Pro­gramm­ki­nos zu schaf­fen. Wie lange die der­zei­tige pro­gram­ma­ti­sche Viel­falt also noch gebo­ten wer­den kann, ist ungewiss.

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