1994 veröffentlichen die Beastie Boys mit "Ill Communication" ihr viertes Studioalbum. Die erste Auskopplung ist "Sabotage". Mit ihrem unverwechselbaren Sound und einem Wahnsinns-Musikvideo drückten die drei Jungs der Musikwelt ihren Stempel auf.
Die Sirene leuchtet rot auf, Autoreifen qualmen auf dem Asphalt. Alasondro Alegré als "The Chief" stürmt aus der Beifahrertür und vollführt mit eiskaltem Kalkül eine Hechtrolle. Vic Colfari als "Bobby, The Rookie" gibt ihm Deckung. Nathan Wind als "Cochese" macht angespannt, aber konzentriert, einen Sprung über die Motorhaube eines Streifenwagens. Ohne mit der Wimper zu zucken oder mit Rücksicht auf sein Leben tritt "The Chief" eine Gartentür ein. Die drei sonnenbebrillten Cops mit ihren trashigen Frisuren aus der fiktiven Crime-Show "Sabotage" kennen ihren Job. Es wird Undercover ermittelt, verfolgt, hinter Hausecken hervorgelugt, in Megaphone gebrüllt und über Dächer gesprungen, was das Zeug hält. Zwischendurch noch auf die Schnelle einen Donut verdrückt, die 70er-Jahre-Un-Frisur gerichtet und dann weiter auf Ganovenjagd. Und zwar richtig. "Listen all of y'all it's a sabotage".
Das Musikvideo zum Beastie Boys-Hit "Sabotage" lief Mitte der 90er auf allen Musikkanälen rauf und runter. Wurde man anderer Videos mit der Zeit überdrüssig, so starrte man bei den Abenteuern von "The Chief","The Rookie" und "Cochese" immer wieder gebannt (und feiernd) auf den Bildschirm. Adam "MCA" Yauch, Adam "Ad Rock" Horovitz und Michael "Mike D" Diamond sehen in ihrer Undercover-Cop-Aufmachung (in Anlehnung an 70er-Jahre-TV-Serien wie "Die Straßen von San Francisco", "Die knallharten Fünf" und "Starsky & Hutch") so dermaßen daneben aus und sind deswegen so verflucht genial. Der Sound von "Sabotage" wurde für mehrere Sommer zum Party-Pflicht-Song.
Heute ist das "Sabotage"-Musikvideo längst Kult. Regie bei dem Perücken- und Schnittfeuerwerk führte Spike Jonze, der sich mit Filmen wie "Being John Malkovich", "Adaption" und dem zuletzt gefeierten "Her", für den er in diesem Jahr auch den Oscar für das Beste Originaldrehbuch erhielt, einen Namen in Hollywood machte.
Bombastischer Sound ohne Text
Mit ihrem Debüt-Album "Licensed to Ill" (1986) hatten die drei New Yorker Jungs ihren eigenen Sound klar definiert und eine nicht unübersehbare Bresche in die aufstrebende US-Hip-Hop-Kultur geschlagen. Die experimentierfreudige und musikalische Verknüpfung von Hip-Hop, Punk, Hardcore, Crossover, Alternative Rock und leichten Jazz-Elementen wurde in den folgenden Jahren zum unverwechselbaren Markenzeichen der Beastie Boys. Viele ihrer Tracks waren als instrumentale Musikstücke konzipiert. Der 1994er Welthit "Sabotage" machte da keine Ausnahme.
Anfangs hatte Beastie Boy Adam Yauch (MCA) das eingängige Bass-Riff zu "Sabotage" kreiert. Yauch und seine beiden Bandkollegen Michael Diamond (Mike D) und Adam Horovitz (Ad Rock) bastelten weiter an dem Stück herum. "Sabotage", welches als Instrumentalstück auf dem vierten Studioalbum der Jungs "Ill Communication" (1994) erscheinen sollte, war als einer der ersten Tracks im Kasten.
In diesem Stadium war einer der größten Hits der Beastie Boys nur ein genialer Sound ohne Text. Doch die drei waren mit ihrer Komposition noch nicht ganz zufrieden. Nachdem der Track "Sabotage" fast zwölf Monate in der Schublade lag, war es schließlich Adam Horovitz, der zum Stift griff und dem Song die heute bekannten Strophen verpasste. Er war auch derjenige, der im fertigen Track den Text durchs Megafon brüllt. "I'm trying to tell you now, it's sabotage."
Als sich die drei Musiker ihre ungeplante Schöpfung mehrmals durch die Gehörgänge gejagt hatten, entschieden sie sich, "Sabotage" als erste Single aus "Ill Communication" auszukoppeln. Gepaart mit dem irrwitzigen Schmuddel-Cop-Video knallte der Song wie eine Bombe in die weltweiten Hitlisten. Im Fahrwasser von "Sabotage" konnte sich auch das Album "Ill Communication" in den internationalen Musikcharts an den Spitzen behaupten.
In seiner fertigen Version war aus einem anfänglichen Instrumentalstück einer der größten Hits der 1990er-Jahre entstanden.
Hörnblowér, Captain Kirk und "Sabotage" für immer
Bei den MTV Video Music Awards 1994 ging "Sabotage", obwohl fünf Mal nominiert, leer aus. Als Reaktion darauf schwang sich Adam Yauch in das Kostüm seines Alter Egos Nathanial Hörnblowér, stürmte die Bühne und verunglimpfte die MTV-Veranstaltung als Posse. 2009 nominierte MTV das "Sabotage"-Video erneut in der Kategorie "Best Video (That should have won a Moonman)" und dieses Mal konnte die Trash-Klamotte den Preis absahnen. Somit wurde der unglaubliche Fauxpas von 1994 korrigiert.
Im selben Jahr fügte Regisseur J. J. Abrams in seinem "Star Trek" Reboot den Sound der Beastie Boys im sonst nur von klassischer Musik erfüllten Gene-Roddenberry-Universum ein, als er den jungen James T. Kirk beim Klang von "Sabotage" ein Auto stehlen und über einen Highway brettern lässt.
Die drei Jungs haben in den letzten Jahrzehnten ihre ganz spezielle musikalische und Videoclip-technische Schneise durch die internationale Unterhaltungsindustrie gezogen. Was sie mit "Licensed to Ill" begannen und mit "Ill Communication" veredelten, beendeten sie 2011 mit "Hot Sauce Committee Part Two."
Seit dem 4. Mai 2012 sind die Beastie Boys nur noch zu zweit. Mastermind Adam Yauch erlag im Alter von nur 47 Jahren einem Krebsleiden. Als Musiker, der sich sein eigenes Genre schuf und als "Alasondro (The Chief) Alegré", in einem der besten Musikvideos aller Zeiten, wird er vielen Musikfans und Anhängern der skurrilen Unterhaltung für immer in Erinnerung bleiben.