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Leipziger Fußballclubs kämpfen mit Problemfans

Lok-Fans bei einem Auswärtsspiel in Zwickau im Jahr 2011. Foto: privat

Leipzig. Chemie, 1. FC Lok und RB Leipzig haben alle Problemfans in ihren Reihen, wie das Innenministerium in Dresden bekannt gab. Sachsenweiter Spitzenreiter ist aber mit großem Abstand Dynamo Dresden. 

Von Thomas Fritz

Die Prügelei vor der Sachsenliga-Partie zwischen Chemie Leipzig und Rapid Chemnitz hat den Fußball wieder einmal in ein schlechtes Licht gerückt. Dutzende Chemie-Anhänger waren auf eine Gruppe provozierender Chemnitzer losgegangen, einige betraten danach sogar Rasen und Kabinentrakt.

Eigentlich sollten solche Vorfälle niemanden überraschen, denn laut aktuellen Zahlen des Sächsischen Innenministeriums haben 1. FC Lok, Chemie und RB Leipzig zahlreiche Problemfans in ihren Reihen. Bei Lok gibt es mit 150 bis 200 Anhängern der Kategorie B (gewaltbereit/gewaltgeneigt) sowie 60 der Kategorie C (gewaltsuchend/zu Gewalt entschlossen) das höchste Konfliktpotenzial.

Chemie wurden 60 bis 80 B- sowie 10 bis 20 C-Fans zugeordnet, bei RB Leipzig sind es derzeit 60 gewaltbereite Stadiongänger. Dynamo Dresden liegt mit 635 Problemfans klar an der Spitze der Polizei-Statistik. Diese wird im Rahmen des bundesweiten „Informationsaustausches Sporteinsätze" vor jeder Saison vorgenommen und dient der Einsatzvorbereitung. Fanvereinigungen kritisieren die Erhebungen, weil sie intransparent und willkürlich seien.

„Dass es auch bei Chemie Problemfans gibt, ist nicht zu verleugnen", sagt Jule Nagel, Landtagsabgeordnete der Linkspartei und selbst Vereinsmitglied, nach dem jüngsten Vorfall. Die 37-Jährige betont zugleich die gute Fanarbeit in Leutzsch. Der Club pflege „im Gegensatz zu anderen Vereinen seit Anbeginn eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem Fanprojekt" und arbeite durch sein gesellschaftliches Engagement präventiv und integrativ. Repressive Maßnahmen befürwortet die Leipzigerin nicht. „Meines Erachtens verschärfen sie die Aggressionen nur."

Chemie-Chronist fordert Konsequenzen

Jens Fuge, Chronist des Leutzscher Fußballs und Ex-Vorstand beim FC Sachsen Leipzig, befürwortet dagegen eine harte Linie. Er forderte auf Facebook, dass die an der Belästigung der Chemnitzer Mannschaft Beteiligten „sofort und ohne jede Ausnahme aus dem Verein entfernt werden und Stadionverbot erhalten.“

Repressive Maßnahmen haben bei Lok zu einer Reinigung der Fanszene beigetragen. Nachdem das Hooligan- und Neonaziproblem erst gar nicht und später halbherzig angegangen wurde, schlug die Vereinsführung 2013 eine harte Linie ein. Mit Erfolg: Im Vorjahr löste sich die Fangruppierung Scenario Lok, die mehrfach an Ausschreitungen beteiligt war, auf. Heute besuchen wieder mehr Familien die Partien, die Atmosphäre ist friedlicher. Verschwunden sind die Krawallmacher aber nicht, wie die Beteiligung an Legida-Demonstrationen oder der Erfurter Platzsturm im Frühjahr gezeigt haben.

Mehr gewaltbereite Fans bei RB Leipzig

Bei RB nimmt das Konfliktpotenzial dagegen eher zu, wenn auch auf niedrigerem Niveau. Die Fanszene des 2009 gegründeten Clubs ist mit dem Erfolg rasant gewachsen, das hat auch eine kleine gewaltbereite Klientel angelockt. In der Saison 2013/14 waren es zehn, im Vorjahr 40 und nun sind es 60 Anhänger der Kategorie B.

„Auffällig wurden die Personen durch Sachbeschädigung wie Graffiti oder Schmierereien, durch das Abbrennen von pyrotechnischen Erzeugnissen außerhalb des Stadions sowie durch provozierendes Verhalten gegenüber Ordnern, Polizeibeamten und gegnerischen Fans", erklärt die Polizeidirektion Leipzig auf Anfrage. Einige Fans stünden körperlichen Auseinandersetzungen „offen gegenüber".

Bei Chemie wurde diese Schwelle nun überschritten. Selbst Jule Nagel sagt: „Es gibt Handlungsbedarf."

"Schlägerei in Leipzig-Leutzsch: BSG Chemie gegen Rapid Chemnitz gar nicht angepfiffen" (LVZ, 14.11.)

"Schlägerei und Spielabsage: Rapid-Vereinsführung entsetzt" (Freie Presse, 16.11.)

Stellungsnahme des BSC Rapid Chemnitz (16.11.)

"Fußball-Randale: Chemie widerspricht Rapid-Angaben" (Freie Presse, 17.11.)

Stellungnahme der BSG Chemie Leipzig (19.11.)


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