(Su Steiger, Augsburg) Lange ist es her, dass der Liedermacher Konstantin Wecker Brecht vertonte, 1998 kam die CD zur Tour heraus. Umso schöner war es, dass er darauf zurückkommen wollte und das Brechtfestival Augsburg ihn ins Programm genommen hatte - am Samstag, 4.3.2017 im historischen Scheibenkesselhaus des Vereins der Gaswerksfreunde Augsburg.
Das Trio Konstantin Wecker, Fany Kammerlander und Jo Barnikel spielt nicht das erste Mal zusammen, das spürt man sofort. Am Vorabend waren sie in Bad Tölz mit einem etwas anderen Programm - doch das merkt man ihnen nicht an. Gut, Weckers Stimme ist manchmal ein wenig blasser, wenn er mit Kopfstimme höhere Töne singt - doch noch immer klar und tongenau. Auch, dass er einmal in der Programmreihenfolge irrt und in seiner Zwischenmoderation, die eher etwas Vortragendes hat, Terzani zu früh zitieren will, ist mehr als menschlich. Es sind immerhin am Ende fast drei Stunden, die Wecker bestreitet - ohne Pause, die war nicht vorgesehen von den Organisatoren.
Es wäre nicht Wecker, würde er nicht erzählenDas komplette Programm wiedergeben wäre Verrat, zumal es viel persönliches enthält, das uns den reifen Wecker näher bringt. Nicht immer ist gleich eingängig, warum er die eine oder die andere Geschichte erzählt oder genau jenes eine Gedicht einfließen lässt. Im Zusammenhang - am Ende des Abends - ergibt sich jedoch ein komplexes Bild des Menschen Konstantin Wecker in seiner Persönlichkeit und des politischen Unruhegeistes. Auch, wenn er zwischendurch betont, diesen politischen Liedermacher-Stempel aufgedrückt bekommen zu haben und selber gar nicht diese Intention gehabt zu haben. Es ist wie es ist und Wecker beginnt seine Lebensreise allein am Klavier mit „Was passierte in den Jahren". Kräftig, eindringlich und ein „der typische Wecker" Stück. Nicht so, wie zu späterer Stunde sein „Das ganz schrecklich schöne Leben", aber dennoch deutlich seine Handschrift. Dann kommen Fany Kammerlander und Jo Barnikel mit ins Spiel. Die eine leider weit im Hintergrund, manchmal vom sich vom Flügel weg begebenden Wecker halb verdeckt- aber nie unhörbar. Dennoch schade, dass der Flügel so präsent im Raum stand, während das Piano von Jo Barnickel an den Rand gedrängt die Gesangsstücke begleitete. Beide versiert, nicht aufdringlich aber deutlich spürbar eingespielt aufeinander, so dass es Spaß macht, den zwei-dreien zuzuhören.
Von der Liebe, dem Verlust und dem, was möglich istGesellschaftskritik ist immer Teil bei Weckers Programmen, selbst wenn er das Stück „Liebes Leben" vorträgt oder „Der alte Kaiser" singt. Auch wenn er von seiner Jugend erzählt, in der für ihn Liebe und Tod immer aufeinanderfolgen mussten, schließlich waren die vom Herrn Papa geträllerten Opernarien gespickt davon. Seine Interpretation des Leiermanns, das er als Fan Schuberts mit ein paar Anekdoten über denselben einleitet, gefällt. Vor der nicht gehaltenen Pause kommt die jüngere Geschichte zur Sprache, mit „Kundus" bezieht Konstantin Wecker Stellung. Dann - endlich - die Brechtstücke. Mit „Baal" steigt er voll ein (nicht nur gesanglich). „Oh die unerhörten Möglichkeiten" leiten über zu „Vom Schwimmen". Bis es mit „Erinnerungen an Marie A."- man möchte mehr - schon wieder vorbei ist. Nicht ganz, doch „Vom Glück des Gebens" gibt es erst im Zugabenpart, immerhin. Dazwischen immer wieder Gedichte, in die Lebensgeschichte Konstantin Weckers eingeflochten und mal mehr, mal weniger mit literarischen Zitaten umrahmt. Doch auch den bayerischen Blues - mit Solomusikpart - bringt das Trio stimmungs- und erstaunlich schwungvoll für die Musikart mit „Wehdam" auch den Zugereisten (oder schon den Augsburger Schwaben, man weiß ja nie, wie bayerisch sie wirklich sind) nahe.
Keine Pause aber nicht pausenlosDie Zeit eilt dahin, die gesungene Einlage von Fanny Kammerlander mit Gracias de la Vida und deutscher Interpretation von Wecker leitet den Abschluss ein. Der geht, nicht ohne kleinen Spaziergang durch die Reihen und italienischen Versen auf den Lippen, bis zum letzten „Tropferl" am Klavier. Wer unterhalten kann, schafft es auch, ein Publikum mehr als zweieinhalb Stunden mit Gedichten bei Laune zu halten. Und das ist den dreien wahrlich geglückt, der Brecht-Anteil war dem Titel entsprechend genug, es hieß ja schließlich „Wecker trifft Brecht" ... und damit sind auch seine eigenen Stücke inbegriffen, die in der einen oder andren Art durchaus brechtsche sein könnten.
Den Konzertgenuss trüben lediglich organisatorische Umstände: wie nicht ausgeschildertes und teilweise spärlich beleuchtetes Hinfinden auf dem Gelände, ein windschiefer Toilettenwagen, kein wetterunabhängiges Warteareal vor dem Einlass. Das Areal soll dereinst einmal eine Kulturzentrum werden, bis dahin ist jedoch noch ein weiter Weg, nicht nur auf dem Gelände ...
Leider entpuppten sich ein paar Plätze als sehr sichteingeschränkt, so dass der Ärger darüber, dieses nicht vorher gewusst oder preislich berücksichtigt gehabt zu haben, sicher ebenfalls den Genuss trübte. Da tröstet auch nicht eine Erklärung im Nachhinein „wer sich an die Kasse gewandt hat, wurde möglichst auf Plätze mit freier Sicht umgesetzt" - wer das „Ausverkauft" ernst nahm und aufgrund des lange Anstehens knapp vor Beginn eintraf, reagierte nicht immer gleich so.
Immerhin ein Tröstliches zu Abschluss: Dieses Programm wird nochmals am 26.März in Günzburg sein, vielleicht ist das ja für den einen oder anderen eine Gelegenheit, nochmals oder überhaupt dabei zu sein, denn die Qualität des Programms litt glücklicherweise wie zuvor schon beschrieben nicht unter der Räumlichkeit.
Quelle Text:Autorin Su Steiger: ", http://aproposmedia.de/
Quelle Bilder:(C) Su Steiger @MiuSuCo