Das Risographie-Studio Herr & Frau Rio liegt in gemeinschaftlichen Räumen der Parkstraße im wuseligen Westend gelegen und zeugt davon, dass sich interdisziplinäre Arbeit verschiedener kreativer Techniken und Metiers wunderbar gegenseitig befruchten können. Sascha Welt und Laura Sirch, die derzeit zum ersten Mal Mutter wird, drucken, entwerfen und tüfteln gemeinsam an unterschiedlichsten Druckaufträgen und sind passionierter Ansprechpartner für alle Projekte rund um Druck & Grafikdesign.
Im Gespräch erläutern sie ihre Produkte, Schwerpunkte und den Umgang mit Kunden.
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Sascha Wellm: Es freut uns, dass die Typografische Gesellschaft auf uns zukam. Vor einigen Monaten erschien ein Artikel in der Novum über unser Büro und Risographie im Portrait. Katharina Zöllner schrieb uns daraufhin an, mit dem Angebot, einen Workshop durchführen zu können.
Laura Sirch: Herr & Frau Rio existieren, seit Sascha und ich gemeinsam in einer WG lebten, und eines Abends bei einer Weinschorle unseren bisherigen Werdegang resümierten. Wir haben bereits gemeinsam studiert und dann die Luft der Arbeitswelt geschnuppert – Sascha hat ein Jahr als Freelancer verbracht, ich wiederum war fest bei KMS angestellt.
Sascha Wellm: Ein gemeinsamer Freund, Moritz, kam aus der Schweiz zurück, denn er studierte an der ZHDK, und brachte ein Heft mir, das mit dem Risographen gedruckt war. Diese Technik hat uns sehr fasziniert. Die Idee, sich damit selbstständig zu machen, entstand aus einer Notwendigkeit, da es in München kein Risographie-Studio gab. Auch, aus der Gelegenheit der Selbstständigkeit heraus – wann, wenn nicht jetzt?
Laura Sirch: An sich ist die Risographie ein ganz normales Druckverfahren, wenn auch ein alter Hut. Die jeweiligen Studios in verschiedenen Städten treten sehr unterschiedlich auf und haben andere Arten von Qualitätsbewusstsein. Im Prinzip leisten wir hier in München als Herr & Frau Rio zunächst sehr viel Aufklärungsarbeit. Wir machen eben keinen Siebdruck, und müssen unsere Technik daher häufig erläutern.
Sascha Wellm: Unsere drei Standbeine sind derzeit die Workshops, unsere Produkte und die Tätigkeit als Druckdienstleister. Wir leben sowohl von unseren eigenen Notizbüchern, Karten und Agendas, als auch von einem 200er Set Visitenkarten, einer kleinen Auflage Bücher bis hin zur kompletten Geschäftsausstattung. Momentan machen wir auch viele Hochzeitskarten. Aber an sich haben wir auf alles Lust. Eigentlich können wir alles!
Laura Sirch: Aktuell haben wir in etwa Hundert Kunden betreut, deren positive Resonanz unsere größte Belohnung ist. Unsere Kunden sind zum Beispiel Public Possessive, die Akademie der Bildenden Künste mit der Klasse Nikolai, die Färberei, aber auch ein nachhaltiges Taschen-Unternehmen aus der Schweiz, für das wir ein sehr hochwertiges Heft aus Metapaper mit Indigo-Digitaldruck gestalten durften.
Sascha Wellm: Das Schönste an der Betreuung der Kunden ist die Individualität in der Beratung. Manche kommen mit dem Wunsch herein, ein Vierfarb-Fotobuch zu bestellen, und kommen mit einem schnellgehefteten S/W-Zine wieder heraus. Die Erarbeitung des Endprodukts verlangt viel Kreativität vom Gestalter, und auch Geduld, den Entstehungsprozess zu begleiten. Pro Druckvorgang kann ja nur eine Farbe verwendet werden, und daher sind wir unserer Arbeit stark von den Anforderungen des Kunden abhängig.
Laura Sirch: Wir freuen uns auch immer über die Gruppendynamik bei Workshops. Da erleben wir starke Überraschungen bei den Motiven, der Flächigkeit und auch der Interaktion; wer wem etwas nachmacht. Man kann in der Risographie sehr hochwertige Ergebnisse erzielen, aber auch wahnsinnig punkig und trashig arbeiten.
Sascha Wellm: Wir sind sehr gespannt auf den Workshop der tgm! Generell wünschen wir uns, dass die Typografische Gesellschaft offener für junge Designer wird, tatsächliche Studentenpreise einführt und sich mehr damit auseinandersetzt, was an Hochschulen passiert und Berufseinsteiger anbelangt. Schön, dass mit Christina John eine kreative, dynamische Agentur im Vorstand sitzt!
Parkstraße 19
80339 München
089/45216377
Original