Radio Ö1 Serie "Hundert Häuser", 31.7.2018
Die U-Bahn war schon da, bevor die ersten Wohnhäuser gebaut wurden. Schon das ist einzigartig bei der Aspern Seestadt in Wien und zeigt, dass bei diesem Stadtentwicklungsprojekt, einem der größten Europas, offenbar alles richtig gemacht wurde.
Schon Anfang der 1990er Jahre war darüber diskutiert worden, dass in Wien verstärkter Wohnbau nötig ist und das ehemalige Flugfeld Aspern ein möglicher Ort für einen neuen Stadtteil wäre. Im Jahr 2005 wurde Aspern im Wiener Stadtentwicklungsplan als einer von 13 "Hotspots" der Erweiterung festgelegt. Im Wettbewerb für den Masterplan fiel die Wahl auf Tovatt Architects and Planners aus Schweden in Zusammenarbeit mit N+ Objektmanagement GmbH.
Der Masterplan sieht für das 240 Hektar große Areal eine kleinteilige Blockstruktur mit einer Vielfalt an Bauten und Nutzungen und einen hochwertigen öffentlichen Raum und Grünraum vor. Johannes Tovatt hat auch darauf geachtet, dass der neue Stadtteil barrierefrei und multifunktional ist und den Bedürfnissen verschiedener Bevölkerungsgruppen gerecht wird. Die freie Form der zentralen Ringstraße wurde später zum Logo der Aspern Seestadt, Grün zur Leitfarbe für Marketing und Kommunikation.
Auf Kommunikation wird in der Seestadt großen Wert gelegt. Schon vor der Festlegung des Masterplans wurden die Anrainer des ehemaligen Flugfeld Aspern informiert und nach ihren Bedürfnissen gefragt. Es wurden drei Anrainervertreter nominiert, die in den gesamten Prozess einbezogen wurden und teils heute noch in regelmäßigem Kontakt mit dem Stadtteilmanagement in der Seestadt sind. Schon Jahre vor Baubeginn wurden kulturelle Veranstaltungen auf dem Gelände abgehalten und Diskussionen mit Expertinnen und Experten und der Bevölkerung geführt, die wiederum in die Planung einflossen. Noch bevor die ersten Mieter im Herbst 2014 einzogen, war das Stadtteilmanagement als Ansprechpartner für die Bewohnerinnen und Bewohner vor Ort.
Ein Mobilitätskonzept wurde entwickelt, das öffentlichen Verkehr, Radfahren und zu Fuß gehen bevorzugt. Für Autos gibt es Sammelgaragen, es gibt Leihräder, Lastenräder, Carsharing und eine Smartcard, mit der man das alles benützen kann. Bis zum Jahr 2028 sollen Wohnungen für 20.000 Menschen und ebenso viele Arbeitsplätze entstehen.
Das Wohnungsangebot ist vielfältig - von Baugruppen über geförderte Miet- und Genossenschaftswohnungen bis zu Eigentumswohnungen und einem Hotel. Außerdem gibt es Kindergärten, Schulen, Geschäfte, Lokale, Ärzte, Sportplätze und vieles mehr. Kein Wunder also, dass das Zusammenleben in der Seestadt gut funktioniert. Die Bewohner und Bewohnerinnen fühlen sich wohl, man grüßt sich auf der Straße und viele betonen, die Seestadt sei eine wunderbare Mischung aus Dorf und innovativem Stadtteil.
Zwei weitere Besonderheiten: Im derzeit entstehenden Teil der Seestadt, dem "Seeparkquartier", wird das "HoHo Wien" gebaut, ein 84 Meter hohes Holzhochhaus. Fast alle Straßen in der Seestadt sind nach bedeutenden Frauen benannt, weil im Rest der Stadt die Männer bei den Straßennamen weit in der Überzahl sind.
Der namensgebende See der Aspern Seestadt wurde übrigens schon vor Baubeginn angelegt und darf zum Baden benützt werden. Für viele Seestädterinnen und Seestädter schafft er ein gewisses Urlaubsfeeling.