Der britische Philosoph Gavin Pretor-Pinney sagt, Regenbögen seien neben Wolken vermutlich die letzten Elemente der Natur, die der Mensch noch nicht in einen Zoo gesperrt, auf eine Deponie geworfen oder in eine Dose gesteckt habe. Das stimmt aber nicht ganz. Schweizer Forschern ist es nämlich gerade gelungen, Regenbogenfarben auf eine Schokolade zu drucken, ganz ohne chemische Zusatzstoffe, sondern nur mit den Mitteln der Physik - einer lichtbrechenden Nanostruktur auf der Pralinenoberfläche, sogenannten Strukturfarben.
Diese Art der Färbung kennt man zum Beispiel vom Pantherchamäleon, bei dem kleine Kristalle auf der Haut einfallendes Licht so brechen, dass es in bunten Farben schillert. Und Olafur Eliasson lässt Regenbögen in Museen erscheinen. Auf der ganzen Welt wird der dänische Künstler für seine atmosphärischen Objekte wie den Indoor-Regenbogen Beauty gefeiert: In einem abgedunkelten Raum beleuchten Scheinwerfer einen kreisförmigen Vorhang aus Nebeltropfen. Aus bestimmten Perspektiven ist im fallenden Wasser ein schimmernder Regenbogen zu sehen. Er verändert sich in seiner Farbintensität, und er verschwindet, sobald sich der Betrachter nähert oder sich von ihm entfernt.
Meistens sieht man Regenbögen am Himmel - zusammen mit Konvektionswolken, mächtigen Kumulus- oder Kumulonimbuswolken. Das sind einzeln stehende Wolken, zwischen denen das Sonnenlicht direkt auf herabfallenden Regen treffen kann. Dabei tritt das Licht in die Regentropfen ein und wird an der hinteren Wand der Tröpfchen reflektiert und als kurzwelliges blaues oder langwelliges rotes Licht zurückgeschickt, so erklärt es der britische Philosoph und Hobby-Meteorologe Gavin Pretor-Pinney. Dass Regenbögen im Zusammenspiel mit dem Sonnenlicht entstehen, hatte schon Aristoteles vor rund 2400 Jahren erkannt. Er war sich sicher, dass die Größe des Regenbogens vom Sonnenstand abhängt: Je höher die Sonne steht, desto kleiner der Bogen. Die physikalischen Gesetze dahinter konnte er noch nicht erklären. Aber im Jahr 1205 errechnete der englische Mathematiker Roger Bacon den Regenbogenwinkel: Der Regenbogen erscheint immer in einem Winkel von 42 Grad zur Linie zwischen Sonne und Beobachter. Fast 100 Jahre später hielt der Dominikanermönch Dietrich von Freiberg einen mit Wasser gefüllten Glaskolben ins Licht und sah darin einen Regenbogen. Das brachte ihn auf die Spur der Lichtbrechung: Tritt ein Lichtstrahl in ein Medium mit anderer Dichte als die der Luft ein, wird er gebremst und abgelenkt. Noch 300 Jahre nach ihm versuchten unabhängig voneinander der Philosoph René Descartes und der niederländische Astronom Willebrord van Roijen Snell, den Strahlengang zu berechnen, also den Weg, den Licht durch ein transparentes Medium nimmt.
Doch erst Isaac Newton gelang es um 1672, mit seinen berühmten Prisma-Experimenten ein zentrales Geheimnis des Regenbogens zu lüften, die Zerlegung des Sonnenlichts in seine Spektralfarben: Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo und Violett. Nicht jeden erfreute Newtons Forschung. Der romantische Dichter John Keats warf Newton vor, die Poesie des Naturschauspiels zerstört zu haben. Während einer feuchtfröhlichen Dinnerparty im Jahr 1817 erhob Keats sein Glas und stieß mit Kollegen auf "Newtons Verwirrung mit der Mathematik" an. Die Poeten fanden, dass Newton die Schönheit des Regenbogens auf ein Prisma reduziert habe, und sie sahen ihre Sicht auf die Welt durch die Vernunft der Naturwissenschaftler bedroht.
Den kreativen Geist der Forscher verteidigte dagegen 200 Jahre später der berühmte Biologe Richard Dawkins in seinem Buch Der entzauberte Regenbogen; jedes Geheimnis, das gelüftet werde, führe zu noch mehr Poesie. "Das Gefühl des ehrfürchtigen Staunens, das uns die Naturwissenschaft vermitteln kann, gehört zu den erhabensten Erlebnissen, deren die menschliche Seele fähig ist. Es ist eine tiefe ästhetische Empfindung."