11 subscriptions and 11 subscribers
Article

Fossil Free: Keine Kohle für Kohle

foto: fossil free Fossil Free setzt sich dafür ein, dass Universitäten nicht in fossile Brennstoffe investieren.

Die Klimaschutzbewegung Fossil Free will, dass Unis ihre Investitionen in fossile Brennstoffe zurückziehen

Freiburg/Münster - Wenn Christian Hauenstein etwas gut kann, dann hartnäckig bleiben. Seit über einem Jahr fordert er vom Rektor der Uni Freiburg, die Finanzen offenzulegen. "Wir wollen wissen, wie viel Geld die Uni in fossile Brennstoffe investiert", sagt Hauenstein, der die Klimaschutzbewegung Fossil Free an der Uni aufgebaut hat.

Die von der amerikanischen NGO 350.org gegründete Bewegung fordert unter anderem von Städten, Versicherungen und Unis, ihre Investitionen in fossile Energien zurückzuziehen.

Der Hintergrund: Wenn die Menschen künftig unter guten Bedingungen leben wollen, dürfen sie bekanntlich nicht mehr so viel CO2 in die Atmosphäre blasen. Das Zwei-Grad-Ziel, dem sich 194 Staaten verpflichtet haben, soll das festlegen: Bis 2050 darf sich das Klima um maximal zwei Grad erwärmen. Um das zu erreichen, dürfen noch 565 Gigatonnen CO2 freigesetzt werden, wie eine Studie der Carbon Tracker Initiative ergab. Die vorhandenen Reserven würden aber bei der Verbrennung fünfmal so viel CO2 produzieren.

"Daher müssen 80 Prozent der Reserven im Boden bleiben", sagt Tine Langkamp, Koordinatorin der deutschen Fossil-Free-Bewegung. Wenn Institutionen ihre Aktien von Energiekonzernen wie Gazprom oder BP verkauften, wäre für diese das Wirtschaften mit Kohle, Öl und Gas nicht mehr rentabel. "Das tut den Energiekonzernen weh, denn sie sind von Investoren abhängig", sagt Helga Kromp-Kolb, Klimaforscherin an der Uni für Bodenkultur. Unis hätten eine Vorbildwirkung, da sie "zukünftige Entscheidungsträger ausbilden und nachhaltiges Bewusstsein schaffen können", so Kromp-Kolb.

Zukunftsweisende Unis

Für Langkamp ist es ein "klarer Widerspruch", wenn in Vorlesungen der Klimawandel erörtert wird und die Gelder der Uni diesen ankurbeln. "Die Studierenden wollen das ändern. Sie wissen, dass sie am meisten davon betroffen sein werden", sagt sie. An den Unis Glasgow, Oxford und Stanford waren die Aktivisten erfolgreich: Diese nahmen ihre Investitionen in fossile Energie zurück.

Während in den USA und Großbritannien die Unis Gelder in Millionenhöhe in Aktien oder Stiftungen anlegen, sind die Investitionen deutscher Unis relativ gering. Die Klimaschützer setzen dennoch ähnliche Aktionen. "Zuerst schrieben wir einen offenen Brief, den auch Greenpeace und Fachschaften der Uni unterzeichneten. Wir warteten lange auf eine Antwort vom Rektor", sagt Hauenstein, der Erneuerbare Energien studiert. In der Zeit betrieben sie Lobbyarbeit und machten Fossil Free mit einer Petition und Infoständen bekannt. "Je mehr Leute davon wissen, desto größer wird der öffentliche Druck."

Die Strategie fruchtete: Der Rektor lenkte zu Verhandlungen ein, doch die Finanzen blieben intransparent. "Da darf man nicht die Motivation verlieren", sagt Hauenstein. Auch Langkamp kennt das: Sie beteiligte sich an der Aktion gegen die Uni Münster, wo sich die Rektorin querstellte. Daher verschärfte die Gruppe den Protest und störte das Sommerfest der Uni mit einem Flashmob.

Alternativen aufzeigen

Mit Besetzungen, Demos und Flashmobs schaffe die Bewegung ein "Empörungsmoment" und zeige Alternativen auf. Das abgezogene Geld soll in die Energieeffizienz der Unis gesteckt werden: etwa in Solarmodule, ethisch-ökologische Fonds oder Forschung zu Klimalösungen. "Divestment soll zu einem umfassenden Wandel beitragen", sagt Langkamp. Dem Wandel sind weltweit bereits 442 Institutionen gefolgt, zehn Prozent davon sind Colleges, Unis und Schulen. In Deutschland hatten die Aktivisten noch keinen Erfolg. "Am Engagement liegt es nicht", sagt Hauenstein, "sondern daran, dass es noch kein Vorbild in Deutschland gibt." 


(Selina Thaler, 18.10.2015)

Original