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Betriebswirt: "Familienunternehmen sind echt"

Warum Betriebe in Familienhand Zukunft haben, erklären die beiden FH-Professoren Stefan Märk und Mario Situm im Gespräch über ihr neues Buch

Familienunternehmen prägen Österreichs Wirtschaft. Rund 90 Prozent der heimischen Firmen sind in Familienhand, zeigt eine Studie der Wirtschaftskammer. Werden Ein-Personen-Unternehmen nicht berücksichtigt, ist es immer noch mehr als die Hälfte. Trotz ihres oft konservativen, risikoscheuen, beharrlichen Charakters scheinen Familienunternehmen in einer globalisierten Wirtschaft Erfolg zu haben.

Denn der Trend geht auch zurück ins Regionale, wie Studien zeigen. Auch Stefan Märk, Professor für Betriebswirtschaft, KMU-Management und Entrepreneurship an der Fachhochschule Salzburg, und Mario Situm, Professor für Unternehmensstrukturierung an der FH Kufstein, haben das in ihrer Forschung, die Eingang in ihr neues Buch gefunden hat, erkannt. "Familienunternehmen haben heute auch deshalb Strahlkraft, weil sie echt sind, den Mitarbeitern Werte vermitteln, die man selbst gerne in der Familie hat: Wärme und sozialer Zusammenhalt", sagt Märk.

Gerade bei der jungen Generation sei das begehrt. Die Berufseinsteiger kennen Krisen, haben erlebt, wie Menschen Arbeitsplätze verlieren, Firmen insolvent gehen. "Sie wollen Sicherheit, ihnen ist es nicht so wichtig, einen internationalen Job zu haben." Bei Familienunternehmen habe man einen gesicherten Arbeitsplatz und ein geregeltes Einkommen, so Situm.

Stakeholder als Fremdkörper

Das Buch ist Forschung, Theorie, Praxis und Lehrbuch zugleich und verbindet über 60 Perspek tiven aus Praxis und Wissenschaft. "Wir wollten die Betriebe aus Sicht des Steuerberaters, der Mitarbeiter, der Nachfolger darstellen", sagt Märk. Ein Familienunternehmen kann ohne diese Stakeholder nicht erfolgreich geführt werden, und diese haben hier besondere Herausforderungen zu meistern. Denn: "Die Familie hält deshalb zusammen, weil sie Probleme intern löst", sagt Märk.

Da sei jeder Stakeholder oder Angeheirateter "ein Fremdkörper, der wie ein Virus bekämpft wird". Daher müssten sich Stakeholder mehr Vertrauen aufbauen, bis die Unternehmer ihre Vorschläge akzeptierten. Das sei aber wertvoll, denn ein Dritter könne familiäre Verhaltensmuster aufbrechen, neue Lösungen aufzeigen. Besonders bei der Regelung der Nachfolge könnten Mediatoren hilfreich sein, das nehmen bisher aber nur wenige in Anspruch, wie die Ergebnisse von Märk und Situm zeigen. Denn immer weniger Kinder übernehmen die Firmen. Ein möglicher Ausweg: Nachfolgebörsen (etwa nachfolge boerse.at).

Zu spät übergeben

Das gewinne künftig an Bedeutung, so Situm, doch das sei bei den Unternehmen noch nicht angekommen. "Viele haben Angst, sich im Ort zu blamieren, wenn sie das Unternehmen verkaufen", sagt Märk. Wird der Betrieb in nerhalb der Familie weitergeführt, übernimmt klassischerweise meist immer noch der Sohn. "Wir sehen einen enormen Prozentsatz an Männern, die Familienunternehmen führen, und das zieht sich leider weiter", sagt Märk. Dennoch spielen Frauen eine wichtige Rolle, sie brächten Struktur hinein, werden als Beraterinnen herangezogen.

Häufig werde auch zu spät übergeben, kritisiert Märk: "Eine Übergabe ist wie ein Staffellauf. Jener, der momentan am schnellsten ist, sollte das Ding dem Frischesten übergeben, damit das Unternehmen schnell weiterläuft." Bisher sei die Situation eher so: Der 40-jährige Junior parkt sich, bis der 70-jährige Senior in Pension geht, dabei sollte man mit 40 Jahren eigentlich wissen, wo man beruflich steht. "Oft ist die graue Eminenz dann trotzdem noch in der Firma, obwohl sie nicht handelsrechtlicher Geschäftsführer ist, was mit fehlendem Vertrauen in den Nachfolger und Monumentendenken zu tun hat", sagt Situm.

Wandel als Herausforderung

Wichtig sei auch eine Checkliste, damit der Nachfolger die Firma prüfen könne. "Bei einem normalen Unternehmenskauf wird dieses auf Herz und Nieren geprüft, Familienunternehmen werden übernommen, und man erkennt erst später, auf welchen Schulden man sitzt", sagt Situm. Zudem sollten die Nachfolger auch die Möglichkeit haben, einen eigenen Beraterstamm aufzubauen und nicht alle Mitarbeiter zu übernehmen. "Nur mit neuen Köpfen kann man Wandel schaffen", sagt Märk.

Der Wandel ist künftig eine der größten Herausforderungen für Familienbetriebe. Denn die Familien seien meist so im Unternehmen verhaftet, dass sie nötige Veränderungen übersehen, Wünsche könnten oft nicht ausgesprochen werden und klare Strategien, um flexibel zu reagieren, fehlten. Heute müsse man aber meist in einem Jahr neue Strategien umsetzen. Märk sieht hier Potenzial für Familienunternehmen: "Sie haben die nötige Struktur für schnelle Lösungen, denn selbst beim Abendessen wird der Esstisch zum Schreibtisch." (Selina Thaler, 28.3.2018)

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