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Sanna Marin: Die jüngste Regierungschefin der Welt zeigt beim EU-Gipfel eine neue Seite

Düsseldorf Sanna Marin, Finnlands Premierministerin und mit nur 34 Jahren die jüngste Regierungschefin der Welt, war bisher vor allem als Reformerin bekannt. Auf zwölf ihrer 19 Ministerstühle sitzen Frauen, von denen die meisten unter 35 Jahre alt sind. Weil sie Sozialdemokratin ist, ging man fast wie selbstverständlich davon aus, Solidarität mit vermeintlich Schwächeren gehöre zu Marins Wesensmerkmalen.

Das Urteil mag etwas vorschnell gewesen sein. Denn bei den Verhandlungen um das milliardenschwere Corona-Hilfspaket präsentierte Marin in Brüssel nun eine neue, ungewohnte Seite. Sie wechselte ins Lager der als „Sparsame Vier" bekannten Länder Dänemark, Niederlande, Österreich und Schweden.

Gemeinsam drückten sie die Summe der nicht rückzahlbaren EU-Zuschüsse unter die symbolische Grenze von 400 Milliarden Euro, was vor allem Kritik der Corona-gebeutelten Länder Spanien und Italien hervorrief.

Für Marin ist ihr neuer Kurs gleich in doppelter Hinsicht ungewöhnlich: Kritik aus dem Ausland musste sie bisher kaum einstecken. Sie galt vielmehr weltweit als Vorbild, das es schafft, Familie - Marin hat eine zweijährige Tochter und ist mit einem ehemaligen Profifußballer liiert - und ein hohes Regierungsamt miteinander zu vereinbaren.

Zudem kündigte sie nach ihrem Amtsantritt als Ministerpräsidentin im Dezember 2019 an, sich für die Schwächeren einzusetzen, indem sie den jahrelangen harten Sparkurs ihrer Vorgängerregierungen beendete und den Ausbau des Sozialstaats vorantrieb.

Gegensätzlicher Kurs in Finnland

Von dem Marin selbst, wie sie öffentlich stets betont, besonders stark profitierte: Sie war die Erste in ihrer Familie, die studiert hat, und wuchs bei ihrer Mutter und deren gleichgeschlechtlicher Partnerin auf. Die Mutter trennte sich von Marins Vater, als die spätere Politikerin noch ein Kind war.

In ihrem eigenen Land also hält sie das Geld gar nicht so sehr zusammen, wie sie es nun auf europäischer Ebene forderte. Wie sehr sie dabei ihren persönlichen Überzeugungen folgt, ist nicht ganz klar.

Die junge Finnin wird jedenfalls trotz hoher Sympathiewerte in Finnland von der rechtspopulistischen, europaskeptischen Partei „Wahre Finnen" vor sich hergetrieben, mit der sich ihre Partei bereits bei der letzten Wahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferte. Es ging nur knapp zugunsten der Sozialdemokraten aus.

Mehr: Jüngste Premierministerin der Welt (34) trifft Langzeit-Kanzlerin Merkel.

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