Frauen besetzen nur 25 Prozent der Führungspositionen in Deutschland. In Hamburg ist der Wert sogar noch niedriger, nämlich bei knapp 23 Prozent. Das ergab eine neue Analyse der Wirtschaftsauskunftei Crifbürgel, die dafür 900.000 Unternehmen unabhängig von ihrer Mitarbeiterzahl untersucht hat. Diese Zahlen sind keineswegs neu, der bundesweite Wert stagniert seit 2016. Wie kann das sein? Viele Unternehmen setzten nicht an den echten Problemen an, findet Frederike Probert. Ihr Netzwerk Mission Female am Hamburger Rödingsmarkt vernetzt Frauen in Führungspositionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
ZEIT: Frau Probert, Sie haben im vergangenen Jahr ein exklusives Netzwerk für Frauen in Führungspositionen gegründet. Warum ist so etwas nötig?
Frederike Probert: Ich wollte, dass Frauen lernen, miteinander zu arbeiten. Dass sie sich gegenseitig stärken und das ernst meinen - also nicht so sisterhood-, " let's be stronger together"-mäßig, sondern konkret schauen, wo sie einander helfen können. Anfangs war das eine Unternehmensberatung, aber nach wenigen Monaten haben mir viele Frauen zurückgemeldet, dass ihnen ein organisiertes Netzwerk lieber wäre, weil sie dafür selbst schlicht nicht die Zeit haben.
ZEIT: Sie selbst haben vor allem in den USA im Technologiesektor gearbeitet, bei , Yahoo und Microsoft. Was hat Sie dazu bewogen, ein Netzwerk für Frauen in Deutschland zu gründen?
Probert: Ich habe 2018 ein Jahr Pause gemacht und bin mit Camper und Hund durch Europa gereist, durch Österreich, Italien, Albanien, Kroatien. Da habe ich gemerkt, dass ich im Technologiesektor inzwischen alles erreicht hatte, was ich wollte. Ich habe in großen Unternehmen gearbeitet und sie teilweise nach Hamburg geholt. Mit dem digitalen Werbeunternehmen Orbyd habe ich auch selbst eine Firma gegründet. In dem Sektor ging für mich nicht noch mehr. Daher habe ich mir mit Mission Female etwas Neues aufgebaut.
ZEIT: Warum hat das als Unternehmensberatung nicht funktioniert?
Probert: Ich habe gemerkt, dass du nichts bewegen kannst, wenn die Konzernspitze nicht vollkommen dahintersteht, sondern Diversity und Inklusion wie Feigenblätter ansieht. Ich bin ein ungeduldiger Mensch und habe in Gesprächen mit tollen Frauen gedacht, dass es effizienter für alle ist, wenn Frauen sich gegenseitig stärken. Die richtige Schubkraft steckt in ihnen selbst.
ZEIT: Unternehmen im Bereich der Diversität und Gleichstellung von Frauen zu coachen, bringt also nichts?
Probert: Nicht wenn die Unternehmensleitung das gar nicht wirklich will. Das ist leider meistens der Fall. Oft wird Diversität als eine Art Social Washing betrieben, ähnlich dem Green Washing. Welches Unternehmen es ernst meint, merkt man sofort.
ZEIT: Woran?
Probert: Ganz klassisch den "Feierabend-Prosecco für Frauen" finde ich fatal, weil es Frauen in eine Sonderrolle katapultiert. Gut sind die Programme in den Unternehmen, wenn sie darauf abzielen, Frauen und Männer als Team darzustellen. Interne Female-Leadership-Programme sind auch sinnvoll. Oder innovative Modelle wie Job Sharing. Was ich auch ganz spannend finde, ist Social Freezing - dass Frauen, die sich für ihre Karrieren entscheiden, vom Unternehmen für das Einfrieren ihrer Eizellen die Kosten erstattet bekommen. und Google waren die ersten Unternehmen, die das angeboten haben. In Deutschland ist das aber noch ziemlich selten.