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Lobbyismus: Herr Pfeiffer und der Honorarkonsul

Die Wortwahl ist eindeutig. "Ich bin entsetzt und enttäuscht. Das geht so gar nicht." Der CDU-Bundestagsabgeordnete Joachim Pfeiffer hat eine klare Haltung zu den Maskendeals einiger Kollegen. In der vergangenen Woche stellte er auf seiner Internetseite klar: "Finanzielle und sonstige Vorteile" wegen seiner politischen Kontakte gab und gibt es für ihn nicht. Nicht in der Maskenaffäre.

Wenige Tage später, am Montagabend dieser Woche, muss sich Pfeiffer vor seinem Kreisverband rechtfertigen. Wegen anderer Nebengeschäfte. Vor der Tür stehen 50 Demonstranten. Sie fordern mehr Ehrlichkeit, Transparenz und ein Lobbyregister. Drinnen sind etwa 30 CDU-Mitglieder des Kreisverbands Rems-Murr und des Ortsverbands Waiblingen zusammengekommen, unter ihnen auch Rosely Schweizer, die stellvertretende Kreisvorsitzende. "Ich bin glücklich, dass wir ihn haben", sagt sie später am Telefon. Und dass die Bundestagsverwaltung die Nebengeschäfte Pfeiffers prüfen werde. In der örtlichen genieße Pfeiffer Vertrauen.

Der Christdemokrat ist einer der einflussreichsten Wirtschaftspolitiker seiner Partei. Zwar sieht man ihn selten in Talkshows, aber in der Energiewende passiert in fast nichts ohne ihn. Oder: fast nichts wegen ihm, so sagen seine Gegner, denn Pfeiffer wäre gern wieder in die Atomenergie eingestiegen, möchte Gas durch die russische Gaspipeline Nord Stream 2 beziehen und Wasserstoff aus dem Ausland. Den Ausbau der erneuerbaren Energien hat er oft gebremst. Das tun andere Politiker auch. Doch bei Pfeiffer stellt sich die Frage, wann er aus politischer Überzeugung handelt oder blockiert. Und wann aus ganz anderen Gründen.

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Monatelang verhandelten Pfeiffer, der CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Linnemann und der CSU-Politiker Nüßlein, der mittlerweile wegen der Maskenaffäre zurückgetreten ist, mit ihrem Koalitionspartner SPD über das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Das muss dringend reformiert werden, damit mehr grüner Strom produziert wird. Zuletzt aber schienen die Verhandlungen schwierig, auch weil Pfeiffer, so sagen es andere Abgeordnete, in seinem Kalender nur schwerlich freie Termine findet.

Zeit hat Pfeiffer aber für viele andere Beschäftigungen. Bei einigen davon ist mehr als fraglich, ob sie immer klar von seiner politischen Tätigkeit im getrennt sind. Die ZEIT kann belegen, dass Telefonnummern von zwei seiner Unternehmen, die man in öffentlichen Registern findet, direkt in sein Wahlkreisbüro führen. Persönlich nimmt der Politiker dazu bisher nicht Stellung, stattdessen ließ er seinen Anwalt eine Unterlassungserklärung verschicken - der die ZEIT widersprochen hat. Bildschirmfotos und Testanrufe belegen die Vermengung der Tätigkeiten.

Pfeiffer gibt auf der Bundestagswebsite 27 Funktionen in Unternehmen, Vereinen und Stiftungen an. Alle hat er in dieser Legislaturperiode ausgeübt. In einigen ist er nicht mehr aktiv, in anderen schon. Jüngst meldete er die Mitgliedschaft im Wirtschaftsrat der CDU nach, nachdem die Transparenz-Organisation Lobbycontrol genauer hingeschaut hatte. Was nach einem Parteigremium klingt, ist in Wahrheit ein Lobbyverband, der die "Interessen der unternehmerischen Wirtschaft" vertritt.

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