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Und wieder lockt der Mond: China setzt eine Robotersonde auf dem Trabanten ab

Ein Modell der chinesischen Mondsonde "Chang'e 4" auf der China International Aviation and Aerospace Exhibition. | Bild: Kyodo/dpa

Jahrelang ließ die Menschheit den Mond weitgehend in Ruhe, doch nun ist der Trabant der Erde wieder ein gefragtes Reiseziel - wenn auch vorerst nur für robotische Missionen. Für den heutigen Donnerstag wird die Landung der chinesischen Mondsonde „Chang'e 4" erwartet. Aber das ist nur ein Auftakt: Noch im Januar soll eine indische Mission starten, im Februar dann die erste israelische und in der zweiten Jahreshälfte schließlich die Berliner Mondsonde „Alina". Dass diese Aktivitäten gerade in das 50. Jubiläumsjahr der ersten bemannten Mondlandung am 21. Juli 1969 fallen, ist Zufall. Gleichwohl markieren sie den Weg etlicher Raumfahrtnationen: die Rückkehr des Menschen auf den Mond.

Wann es so weit ist und welche Nation beziehungsweise welches Staatenbündnis den neuen „Moon Race" gewinnt, lässt sich noch nicht sagen. Die unbemannten Missionen und die damit verbundenen Entwicklungen werden aber eine wichtige Rolle spielen. „Im Falle von China ist das offensichtlich", sagt Harald Hiesinger, Planetengeologe und Mondforscher von der Universität Münster. „Die haben ein solides Mondprogramm, das sie abarbeiten, einschließlich weicher Landung von Sonden, Roboterfahrzeugen, und Kommunikation von der erdabgewandten Seite mithilfe eines Relais-Satelliten", sagt Hiesinger. „Um 2030 will China auch Menschen zum Mond bringen", so der Experte.

Gestartet wurde Chinas „Chang'e 4" am 7. Dezember. Geplant wird die erste weiche Landung auf der erdabgewandten Seite des Mondes im Südpol-Aitken-Becken. Diese 2500 Kilometer große Struktur entstand bei einem Einschlag eines Asteroiden vor vier Milliarden Jahren. Weil es auf dem Mond keine Plattentektonik gibt, die die Felsen der äußeren Hülle wieder und wieder recycelt, sind in diesem Becken bis heute Gesteine aus den tieferen Schichten der Mondkruste, vermutlich sogar aus dessen Mantel, erhalten. Das macht die Region so viel spannender als etwa die Apollo-Landestellen, die sich in geologisch jüngeren Strukturen befinden.

„Das Südpol-Aitken-Becken verspricht am ehesten, die großen Fragen der Mondforschung zu beantworten", sagt Ralf Jaumann vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin. Als das wären: Wie ist der Mond entstanden, hat er einen Kern, wie hat er sich abgekühlt, wie lange gab es Vulkanismus und welche Auswirkungen hatte der massive Beschuss mit Asteroiden während des Late Heavy Bombardement vor rund vier Milliarden Jahren? Dabei geht es nicht nur um den Mond. „Seine Geschichte zu entschlüsseln hilft, auch die frühe Entwicklung anderer felsiger Himmelskörper wie Erde oder Mars besser zu verstehen, wo viele der alten Spuren längst zerstört sind", ergänzt der Planetenforscher.

Was kann die jüngste Mission Chinas dazu beitragen? Neben dem Lander ist ein Rover unterwegs, der nach dem Aufsetzen die nähere Umgebung erkunden soll. Geplant sind chemische Analysen von Gestein und Mondboden, die Temperatur wird erfasst wie auch die Strahlung auf der Oberfläche. Dafür wird übrigens ein Messgerät benutzt, das an der Universität Kiel entwickelt wurde.

Wenn alles gut läuft, wird es weitere Daten von einer bisher wenig erforschten Region geben. „Einen großen Durchbruch bei den zentralen Mondfragen erwarte ich aber nicht", sagt Jaumann. „Dafür sind sehr genaue Messungen etwa der Isotope im Gestein und im Mondboden nötig - und dafür muss man Proben auf die Erde in spezialisierte Labore bringen." Diesen Probentransport zur Erde werden auch die anderen Mondmissionen der näheren Zukunft nicht leisten. Organisieren und finanzieren könnten ihn nur die großen Raumfahrtagenturen. Dies könnte in acht bis zehn Jahren mit „Heracles" gelingen. So heißt das Konzept einer Robotermission, die, geleitet von der Europäischen Raumfahrtagentur Esa mit Beteiligung Russlands und Japans 15 Kilo vom Südpol-Aitken-Becken zur Erde holen soll.

Allerdings wird es keinen direkten Hin- und Rückflug wie damals bei Apollo geben. Stattdessen dürfte der geplante „Lunar Orbital Platform-Gateway", eine Art Nachfolger der Internationalen Raumstation ISS zwischen Mond und Erde, als Umschlagplatz dienen. Von der werden die Mondproben dann mit einem Raumschiff zur Erde gebracht. „Heracles" soll aber nicht nur Gestein am Landeplatz einsammeln. Vorgesehen ist auch ein Rover, der 100 Kilometer über die Mondoberfläche rollt und die Gegebenheiten für eine Landung von Astronauten untersucht.

Ist es wirklich sinnvoll, teure Missionen mit Astronauten zu planen, wenn doch Roboter immer besser werden? Für Jaumann wie für Hiesinger ist die Antwort klar: Menschen können schnell Entscheidungen treffen und flexibel auf ihre Umwelt reagieren. Sie können daher besser fremde Himmelskörper erkunden und geeignete Proben nehmen als Roboter - und das dürfte noch eine Weile so bleiben. „Sie könnten auch - idealerweise in Kooperation mit Robotern - komplexe Geräte wie zum Beispiel empfindliche Radioteleskope auf der erdabgewandten Mondseite aufbauen und warten", so Jaumann über eine weitere Möglichkeit, die die Mondforschung bietet. „Nicht zuletzt hat das auch eine kulturelle Dimension", sagt Hiesinger. „Für viele Menschen auf der Erde ist es bedeutsam, zu wissen, dass einer von ihresgleichen auf einem fernen Himmelskörper umherläuft."
Erschienen am 02.02.2019 im Südkurier
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