Am nächsten Tag sitzt Sophie, 35, Musikerin und Autorin, in ihrem Wohnzimmer, einem klassischen Berliner Altbau. Gerade hat sie an ihrem Computer Gesangsskizzen geschnitten, im Raum stehen mehrere Gitarren und ein Klavier. "Das ist doch einfach nur traurig, wenn ich mir in solchen Momenten denke: 'Oh Gott, du Virenschleuder, geh weg'!", sagt sie, als sie von dem Konzert am Vortag erzählt.
Ein Fenster ist geöffnet, zwischen ihr und dem Reporter surrt ein Luftfilter. Wenn Sophie aufsteht, um Tee nachzuschenken, zieht sie eine Maske auf. Die Innenräume von Restaurants und Cafés meidet sie seit dem Auftreten der Omikron-Variante, seitdem lässt sie auch ihre Proben und Auftritte ausfallen. Ihr Maximum an freier Bewegung ist derzeit noch spazieren gehen - und das auch nur mit maximal einer Person. Und falls dann eine Menschentraube auf dem Gehweg steht, wechselt sie die Straßenseite.
Darüber reden will sie gerne, allerdings soll ihr Nachname nicht in einem Zeitungsartikel stehen. Ein bisschen eigenartig sei ihr Verhalten schließlich schon, meint sie. Denn Sophie lebt, wenn man so will, ein ähnliches Leben wie im Frühjahr 2020, als das Coronavirus sich erstmals in Deutschland ausbreitete.