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Mode für Feminismus: Ein Platzverweis für „Manspreader"

Kampagnenfoto für Riot Pant Project von Hanko Ye

Die U-Bahn ist voll. Die Leute stehen und sitzen dicht gedrängt. Dass es so eng ist, scheint nur einen Typen nicht zu stören. Er sitzt breitbeinig da, ordnet mit wichtiger Miene sein Leben auf seinem Smartphone oder starrt einfach in die Gegend und verbraucht dabei unglaublich viel Platz. Dieses Verhalten, das andere Menschen in defensive, kauernde Sitzpositionen drängt, hat einen Namen: Manspreading.

Die Designerinnen Mina Bodekar und Elena Buscaino haben Antworten darauf gefunden. Sie drucken sie in den Schritt von Vintage-Hosen. „Toxic Masculinity", „Stop Spreading" oder auch „Give us Space" ist da zu lesen, wenn die Trägerinnen und Träger ihre Beine spreizen. Die Idee ist den beiden Studentinnen der Universität der Künste in Berlin im Rahmen eines Projekts zur Erforschung von geschlechtsspezifischen Körperhaltungen gekommen und bei einem Innovationswettbewerb ausgezeichnet worden.

Der Raum, den Personen einnehmen, hat viel mit der gesellschaftlichen Macht zu tun, die ihnen eingeräumt wird. Schon länger machen Feministinnen wie Laurie Penny auf das Thema aufmerksam. Penny beschreibt in ihrem Buch "Fleischmarkt", wie Frauen sich eher auf einen BMI runterhungern, der am Untergewicht kratzt und sich Diäten unterwerfen, die ihnen die erhoffte schlanke Linie versprechen. Wohingegen bei Männern ein gewichtiges Auftreten, ein großer durchtrainierter Bizeps und breite Schultern Teil des geschlechtsspezifischen Ideals sind. Pennys Ausgangspunkt sind die Körper, die sorgsam von Frauen und Männern diszipliniert werden. Auch hier geht es um Räume: Männer nehmen ihn ein, Frauen verschwinden auf elegante Weise in den Hintergrund.

„Wir haben so etwas wie eine versteckte Waffe"

Als Konsequenz, machen sich viele Frauen, queere und Transmenschen lieber klein als auf ihrem Standpunkt oder Sitzplatz zu beharren. Bodekar und Buscaino wollen mit ihren „Riot Pants" alle diejenigen ermutigen, die sich sonst zu Gunsten anderer zurücknehmen und der unausgesprochenen und damit nicht diskutablen Anspruchshaltung des Manspreaders sichtbar widersprechen. Wenn sie die Beine spreizen, spiegeln die Trägerinnen dem Manspreader sein eigenes Verhalten wider. Irritierte Blicke, Unsicherheit, aber auch Neugier hätten sie dann erlebt, wenn sie mit der Hose unterwegs waren, berichten Buscaino und Bodekar. 

Durch die Hosen wird die sexualisierte Geste des Beinespreizens bei Frauen neu konnotiert. Die selbstbewusste Botschaft lenke den Blick in den Schritt und könne sich wie eine Schutzschicht zwischen das Geschlecht und den Betrachter legen, sagt Buscaino. Während Po und Brüste im Fokus der männlichen sexualisierten Betrachtungsweise von Frauenkörpern stehen, ist die Vulva eine Tabuzone. Die Hosen mache einen Schritt in die Richtung, sich diese selbstbestimmt anzueignen. „Egal ob wir die Beine spreizen oder nicht, haben wir das Gefühl, wir haben so etwas wie eine versteckte Waffe. Oder ein Ass im Ärmel", beschreiben Bodekar und Buscaino das Tragegefühl ihrer „Riot Pants".

Es ist der Mode zu Eigen, dass sie getragen werden muss, um relevant zu sein. Durch die Auswahl der Größen und Schnitte der Vintage-Hosen, die sie bedrucken, bestimmen Bodekar und Buscaino, wer ihre Botschaft verkörpern kann. Während „Stop Spreading" und „Toxic Masculinity" für jeden verfügbar sein soll, ist „Give us Space!" für jene reserviert, denen Raum gesamtgesellschaftlich aberkannt oder genommen wird, stellen die Designerinnen klar. Neben dem Verkauf von Second-Hand-Hosen, bieten sie ihren Kunden auch an, deren eigene Hosen zu bedrucken. Auch aufgrund des großen Zuspruchs wollen Bodekar und Buscaino ihr Projekt weiterführen und professionalisieren, so dass die Hosen online zu kaufen und bald überall zu tragen sein sollen. 

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