Herr Präsident: Jan Lemke ist Familienvater, Volljurist und lange Jahre ehrenamtlich in der Kirche tätig. Er wird für die nächsten zehn Jahre die Geschicke des Landeskirchenamtes der EKM lenken.
Eine Dekade kann eine lange Zeit sein, wenn sie nur abgesessen wird. Wer währenddessen aber etwas vorhat, etwas gestalten, bewegen und vielleicht sogar verändern will, für den erscheinen zehn Jahre schon fast übersichtlich und kurz. Vor Jan Lemke scheint diese Zeit dennoch aktuell noch wie ein großer Berg zu liegen. Seit dem 1. September leitet er als Präsident das Landeskirchenamt der EKM. Am 3. September, zwei Tage nach dem Amtsantritt, wurde er beim Gottesdienst im Augustinerkloster eingeführt. "Das war ein sehr bewegender Tag", sagt der Neue am Montag darauf und freut sich, dass neben allerlei Vertretern der eigenen Kirche auch Erfurts katholischer Bischof Ulrich Neymeyr und Vertreter aus den Landesparlamenten in Magdeburg und Erfurt an Gottesdienst und Empfang teilnahmen.
Aber Kirche und Politik ist etwas, das Jan Lemke auch zukünftig zusammen denkt. "Der gesamtgesellschaftliche Friede ist auch von dem Miteinander der Volksvertreter und der Kirche abhängig", sagt er und führt zum Thema die Staatskirchenleistungen an. Er sei überzeugt, dass die Diskussionen darüber seine Amtszeit begleiten werden. In seiner Erwiderung auf die Grußworte bei der Amtseinführung betonte er zudem, dass die Staatsleistungen "auch eine wirklich gute und nachhaltige Investition in den gesamtgesellschaftlichen Frieden" seien. Herausforderungen kennt und schätzt Jan Lemke jedoch schon lange - spätestens seit seiner Studienzeit. So studierte er nicht nur Jura in Trier und Kiel, sondern beschäftigte sich nebenbei auch noch mit Japanologie. Drei, fast vier Semester lang habe er neben dem aufwendigen Studium der Rechtswissenschaften auch versucht, die mehr als 1200 japanischen Schriftzeichen, deren Bedeutung und die Literatur dazu zu erlernen. Als er für seine Spezialisierung die Universität wechselte, gab er es wieder auf.
Ich war immer gerne Richter. Aber die weite Welt der Kirche reizt mich auch sehr.Stattdessen wurde nun die friesische Philologie sein neues Zweitfach und sein heimliches Steckenpferd. Selbst seine Promotion verfasste er zu einem Thema, das die Juristerei und das Friesentum verband: die Rolle der Minderheiten in der neuen Landesverfassung Schleswig-Holsteins. Lemke, der sein Gegenüber auch im Büro des Landeskirchenamtes in der Erfurter Michaelisstraße am liebsten mit einem kräftigen "Moin" begrüßt, und der 1995 eher durch Zufall im Gebiet der Kirchenprovinz Sachsen (KPS) landete, ist eben ein echter Norddeutscher. Ein Vorteil, der ihm, so meint er heute, sicher auch beim Ankommen bei den ebenfalls wortkargen Märkern im sachsen-anhaltischen Norden geholfen habe. Dort verbrachte der heute 54-Jährige einen nicht unerheblichen Teil seiner Berufszeit. Als Richter fand er im Land der Frühaufsteher seine erste Berufung, war unter anderem für Jugendstrafsachen in Wolmirstedt und am Landgericht in Magdeburg zuständig.
Mit dem Wechsel aus der weltlichen Gerichtsbarkeit in die kirchliche Verwaltung vollzog sich Anfang 2020 jedoch eine erste Zäsur für den Vater zweier Töchter. "Ich war immer gerne Richter. Aber die weite Welt der Kirche reizt mich auch sehr", sagt er, der für ein Jahr und acht Monate die Rechtsabteilung der Landeskirche Braunschweigs leitete. Schon zuvor hatte Jan Lemke sich ehrenamtlich in der Kirche engagiert, er war Gemeindekirchenrat, gehörte unter anderem der Föderationssynode der KPS und der thüringischen Landeskirche und später auch der Landessynode der EKM an. Er kennt sich aus im Kreis der Kirchen. Von Braunschweig ging es dann nach Thüringen, zunächst nur für ihn. "Ein großer Umzug hätte die Abiturvorbereitungen unserer jüngsten Tochter zu sehr behindert", sagt Jan Lemke, der eine kleine Wohnung in der Erfurter Innenstadt bezogen hat. Nur wenige Meter sind es von dort aus bis zum Collegium maius ins Büro. Geplant ist allerdings, dass er und seine Frau den Lebensmittelpunkt perspektivisch in die thüringische Landeshauptstadt verlegen wollen.
Nicht nur eine Verwaltungsfrau