Ela Kagel über digitale Arbeitergenossenschaften, paradoxe Hilfe von Google und
Ela Kagel: Eine Platform Coop
ist das Gegenteil von einem Startup,
das ist eine digitale Arbeitergenossenschaft,
also ein genossenschaftliches
Geschäftsmodell,
das auf Basis einer Plattform funktioniert
und das demokratische
Kontrolle, gemeinsames Eigentum
und Mitbestimmung neu aufrollt.
Aber Platform Coop meint auch den
Aktivismus drum herum. Da geht
es uns darum, Strategien zu entwickeln,
um das Wachstum von Unternehmen
wie Google, Amazon, Facebook
einzudämmen, ihre Macht
einzuschränken, diese Unternehmen
zu demokratisieren. Das eine ist
das ganz Konkrete, also der organisationale
Aufbau. Das andere ist
Ihr vom Supermarkt Berlin seid
die deutschen Platform-Coop-
Pioniere. Wie seid ihr auf das Thema
Das Platform-Coop-Thema war eine
logische Konsequenz aus unserer
Beschäftigung mit der Sharing Economy.
Als vor fünf, sechs Jahren
die Ideen der Sharing Economy auch
hier bei uns angekommen sind,
war schnell klar, dass es diesen Unternehmen
nicht ums Teilen geht,
sondern dass sie quasi mit Mieten
ihr Geld verdienen. Gleichzeitig
sind in dieser Zeit neue Begriffe
aufgekommen, eins davon war
Plattform-Kapitalismus. Das hat
Sascha Lobo in einem »Spiegel«-
Artikel zitiert. Er hat erklärt, wie
die Plattform-Unternehmen
damals schon begonnen hatten,
den Markt zu monopolisieren,
dass sie Daten-Händler sind und
dass dieser Handel umso problematischer
für die Gesellschaft wird,
je mehr Menschen mit ihren Daten
bezahlen beziehungsweise je mehr
die User die Unternehmen durch
ihre eigenen Inhalte mit Wert anreichern.
Das ist bei Amazon der Fall
durch die Rezensionen, bei Facebook
und Twitter durch die Postings.
Im Rahmen dieser Transaktionen
verdient aber nur der Mittler,
nicht diejenigen, die den Wert der
Unternehmen steigern. Es gibt
kein Erlösmodell für die User. Es
gibt nicht mal ein Modell der
Mitsprache, keine Reglementierungen
der Benutzerordnung.
Uns war klar, da muss es noch was
anderes geben und so sind wir
auf die Gegenbewegung, auf die
Wie arbeitet ihr im Supermarkt
Wir sprechen auf Konferenzen und
versuchen uns einzumischen, wo
es eben geht. Wir machen Lobby- und
Netzwerkarbeit, wir geben Wissen
weiter. Anfangs haben wir vor allem
versucht herauszufinden, wer
überhaupt zu diesem oder ähnlichen
Themen arbeitet oder wer
Interesse hätte, dazu zu arbeiten.
Daraus ist ein Netzwerk entstanden.
Wir haben gerade gemeinsam
mit anderen Platform Coops,
Einzelakteuren und Initiativen ein
strategisches Positionspapier
verfasst, das anfängt Kreise zu
Welche Platform Coops gibt es
Viele sind bei uns um die Ecke hier
in Berlin-Kreuzberg, wie die Smart
Coop. Das ist eine Freiberufler-Genossenschaft.
Das ist ein interessantes
Modell, weil es die Lebenssituation
von prekär Arbeitenden
konkret verbessert. Resonate Music
versuchen sich an einem solidarischen
Spotify. Die Künstler werden
bei jedem Download ihrer Musik
direkt beteiligt. Auch hier ist es so,
dass die Plattform allen gehört,
dem CEO und Gründer gehört nur
ein ein Prozent, der Rest ist auf
die Mitglieder verteilt. Fairmondo
ist ein fairer Marktplatz. Die sind
sehr selbstbewusst und sagen, sie
möchten eBay und Amazon angreifen.
Sie haben mittlerweile 2.000
Mitglieder. Es gibt immer mehr
Coops. Aber vor allem in Technologiebereich
passiert sehr viel.
Dort suchen viele nach Alternativen
zum herkömmlichen Startup-
Geschäftsmodell. Ich bin auch
an der Coop RChain beteiligt. Da
geht es um nachhaltige Blockchain-
In der Gig Economy gibt es aggressive
Plattformen wie zum Beispiel
Helpling oder Book A Tiger, die
Putz- und Pflegedienste anbieten,
oder Deliveroo, die Essen liefern
lassen. Dort gibt es kaum Rechte
für die Arbeiter. Gibt es Coops,
die konkret dazu eine Alternative
In Hamburg gibt es die Rethink
Coop. Dort haben sich Geflüchtete
zusammengeschlossen und arbeiten als Tageseltern in der Kinderbetreuung.
Das ist ein gewagtes,
aber auch gesellschaftlich, sozial
und wirtschaftlich vorbildliches Modell.
So etwas brauchen wir noch
viel mehr. Das muss ein Modellprojekt
werden. In New York haben
sich Reinigungskräfte innerhalb
der Up-and-Go-Coop zusammengeschlossen.
Up and Go erwirtschaftet
mittlerweile Überschüsse, die
sich die Mitglieder auszahlen können.
Es ist sehr schön zu erleben,
was diese Art der gemeinschaftlichen
und gleichberechtigten
Arbeit mit den Menschen macht,
vor allem im Gegensatz zu denen,
die zu wirklich schlimmen Bedingungen
in der Gig Economy arbeiten.
Start-ups und Tech-Unternehmen
konkurrieren miteinander um die
Müssen Platform Coops auch konkurrenzfähig
Coops können gar nicht konkurrieren,
weil sie weder die Nutzerzahlen
noch die Finanzpower und auch
keine interessanten Interfaces
haben. Der Erfolg von Airbnb hat
auch mit ihrem Interface zu tun,
das den UX/UI-Markt durch hervorragende
Benutzerführung revolutioniert
hat. Ich finde einen anderen
Aspekt aber wichtiger, nämlich
die Frage, warum diese ganzen Unternehmen
so erfolgreich geworden
sind. Die Antwort ist: Sie kommen
aus dem Silicon Valley. Nur
in ihrer Gesamtheit konnten sie so
wachsen. Das heißt für mich im
Umkehrschluss, dass wir auch so ein
Ökosystem für Platform Coops
brauchen. Es wird definitiv nicht
ausreichen, die wenigen Leute,
die sich für ethisches Wirtschaften
interessieren, an Bord zu holen.
Mit denen wird sich kein Geld machen
lassen. Es braucht eine ganz
klare Marktbotschaft und die muss
sein: Bei uns bezahlst du nicht
–mit deinen Daten. Bei uns kannst
du mitbestimmen. Bei uns bekommst
du eine interessante Dividende.
Du bist Teil von einer
wahnsinnig spannenden Bewegung.
So etwas muss als Kampagne
aufgezogen werden, nur so kann
das Thema den Nischenbereich
Wie bezahlte ich denn bei einer
Platform Coop? Paypal oder
Online-Banking sind auch nicht
Es entsteht sehr langsam, aber
stetig eine Infrastruktur. Bei RChain
werden zum Beispiel Peer2peer-
Blockchain-Lösungen gebaut, die
zum Bezahlen genutzt werden
können, an denen nicht jedes Mal
eine Plattform mitverdient und
bei denen auch keine Daten preisgegeben
Müssen Platform Coops eigentlich
ihre Apps selber programmieren?
Das klingt sehr aufwendig und für
Eine Coop in Finnland, Sharetribe,
arbeitet an Templates, also an
Vorlagen für Online-Marktplätze.
Die können dann genutzt werden.
In New York planen Kollegen von
der New School wie Trebor Scholz
einen Platform-Coop-Werkzeugkasten,
auf den dann alle Coops
zurückgreifen können. Den wird es
wahrscheinlich auch bald geben,
weil die Kollegen gerade eine Million
Dollar für die Entwicklung
... von niemand Geringerem als
Google. Wie stehst du dazu? Macht
Ich möchte Trebor Scholz, den ich
gut kenne, keinesfalls dafür verurteilen,
dass er dieses Geld angenommen
hat. Er hat erkannt,
dass aus der Politik solche Summen
nicht zu erwarten sind und wenn
doch, dann frühestens in ein paar
Jahren. Solche Fonds kommen
paradoxerweise oft von den Unternehmen,
deren Macht damit
Aber kann man sich überhaupt
gegen die Vereinnahmung durch
Es ist wichtig, schon vorher Vereinbarungen
zu treffen, die davor
schützen. So etwas müssen wir üben
und ausprobieren. Es müssen Verträge
geschrieben werden, die es verunmöglichen,
dass Google solche
Projekte kapitalisieren oder zur
Imagepflege benutzen kann. Das ist
natürlich ein schmaler Grad. Die
entscheidende Frage ist: Was passiert
nach der Förderung? Gibt
es eine Anschlussförderung? Wie
sieht die aus? Was für ein System
baut sich da auf? Immer nur zu
fordern, dass Google verschwindet,
ist nicht zielführend. Dann entsteht
an seiner Stelle ein anderes
Unternehmen. Das Problem selber
lösen wir so nicht. Irgendwann
müssen wir Forderungen stellen
und den Verhandlungsraum betreten,
wenn wir deren Macht wirklich
einschränken wollen. Ich stelle
mir die Frage: Was können wir in
die Waagschale werfen? Was haben
wir, das so unantastbar ist, dass
selbst so ein Finanzpartner wie
Wie schwer ist es in Berlin, eine
und Tech-Unternehmen angesiedelt
werden. Werden auch Alternativen
Platform Coops haben es richtig
schwer. Wir brauchen ein klares
Bekenntnis zur Förderung von
alternativen Wirtschaftsformen.
Es muss ein Fonds bereitgestellt
werden, aus dem heraus neue, interessante
und eben solidarische
Projekte gefördert werden, von denen
viele etwas haben, nicht nur
ein paar wenige. Es muss ein
Gibt es Parteien, die sich für
gemeinwohlorientierte Digitalwirtschaft
Nicht wirklich. Trebor Scholz ist ein
Vordenker der Platform Coops,
er war neulich bei der SPD und bei
Andrea Nahles eingeladen. Katalin
Gennburg, die für die Linkspartei im
Berliner Abgeordnetenhaus sitzt,
hat uns auch eingeladen. Praktische
Ansätze fehlen aber. Über Gemeinwohl
will aber sowieso kein Politiker
sprechen. Wenn es in einer Veranstaltung
um Digitalisierung und
Gemeinwohl gehen soll, wird die
ganze Zeit nur über Digitalisierung
gesprochen. Dabei ist Gemeinwohl
das viel wichtigere Thema: Wir müssen
uns fragen, wie wir das gute
Leben für alle ermöglichen können.
Digitalisierung kann dabei nur
Mittel zum Zweck sein.
Gemeinwohl ist unsexy, Technik
ist cool – dieser Einstellung
begegnet man an vielen Orten und
daraus resultiert eine Überbewertung
technologischer Lösungen,
während über solche Dinge wie
soziale Probleme, Gerechtigkeit
ungern gesprochen wird.
Das lässt sich in jeder Digitalisierungsdebatte
beobachten. Es
geht zuerst um Breitband, um digitale
Daten, um Open-Source-
Technologie. Es geht nie um die
Frage, was Digitalisierung
überhaupt ist. Das ist doch einfach
unser Leben, das wir heute haben.
Und die große Frage ist: Wie wollen
wir miteinander leben? Was ist
unsere Vision vom Zusammenleben
im digitalen Zeitalter? Darüber
wird aber nie gesprochen. Es geht
nur um Infrastruktur und um
technische Lösungen. Und dann
gibt es noch einen komischen
Reflex, dann wird gebetsmühlenartig
beteuert, dass man ja auch
noch die Alten und die Jungen mitnehmen
müsse. Dabei können die
Du engagierst dich nicht nur,
damit sich Plattform-Genossenschaften
entwickeln können,
du wirbst außerdem für eine Demokratisierung
der großen Plattformen
wie Google, Amazon und
Wir sind zum Beispiel im regen
Austausch mit den Aktivisten
von BuyTwitter.org, die Twitter in
eine Genossenschaft verwandeln
wollen. Mit denen arbeiten wir sehr
eng zusammen.
Die Idee ist entstanden, als Twitter
kurz vor der Pleite stand und
es die reale Chance gab, Twitter
gemeinsam zu kaufen ...
Dort engagieren sich Anwälte,
Journalisten, Digital-Aktivisten.
Das ist spannend, weil sie wirklich
erforschen, wie Nutzungsbedingungen
aussehen müssten,
wenn Twitter und andere Plattformen
über nationale Grenzen
hinweg demokratisiert werden
Arbeitergenossenschaft ist
nicht gleich Arbeitergenossenschaft.
Manche wollen bloß
alternativ wirtschaften, es gab
aber immer auch welche,
deren Ziel es war, den Kapitalismus
zu überwinden. Gibt
es diese Unterscheidung bei den
Wir sind nicht revolutionär in dem
Sinne, dass wir den Kapitalismus
abschaffen wollen. Wir reden immer
noch über Business-Modelle, Finanzpläne,
Dividenden, Erlösmodelle.
Aber die Revolution dahinter
ist, dass sich keiner alleine bereichert,
Gelder werden an Mitglieder
ausgeschüttet. Wir haben
das gute Leben für alle im Visier.
Uns geht es um demokratische Kontrolle
und den kollektiven Besitz
– und das ist in unserer heutigen
Zeit schon etwas Besonderes,
weil wir so weit abgerückt sind von
diesen Begriffen und Konzepten.
Ein wirklich revolutionäres Modell
müsste, im Gegensatz zu uns,
aber die Marktwirtschaft und ihre
Strategien und Spielregeln
Original
die Schwierigkeiten, über Gemeinwohl zu reden
Ich falle gleich mit der Tür ins Haus. Was ist eigentlich eine »Platform
Coop«? Und warum ist das eine Alternative zum Start-up?
ist das Gegenteil von einem Startup,
das ist eine digitale Arbeitergenossenschaft,
also ein genossenschaftliches
Geschäftsmodell,
das auf Basis einer Plattform funktioniert
und das demokratische
Kontrolle, gemeinsames Eigentum
und Mitbestimmung neu aufrollt.
Aber Platform Coop meint auch den
Aktivismus drum herum. Da geht
es uns darum, Strategien zu entwickeln,
um das Wachstum von Unternehmen
wie Google, Amazon, Facebook
einzudämmen, ihre Macht
einzuschränken, diese Unternehmen
zu demokratisieren. Das eine ist
das ganz Konkrete, also der organisationale
Aufbau. Das andere ist
eine Bewegung.
die deutschen Platform-Coop-
Pioniere. Wie seid ihr auf das Thema
gekommen?
logische Konsequenz aus unserer
Beschäftigung mit der Sharing Economy.
Als vor fünf, sechs Jahren
die Ideen der Sharing Economy auch
hier bei uns angekommen sind,
war schnell klar, dass es diesen Unternehmen
nicht ums Teilen geht,
sondern dass sie quasi mit Mieten
ihr Geld verdienen. Gleichzeitig
sind in dieser Zeit neue Begriffe
aufgekommen, eins davon war
Plattform-Kapitalismus. Das hat
Sascha Lobo in einem »Spiegel«-
Artikel zitiert. Er hat erklärt, wie
die Plattform-Unternehmen
damals schon begonnen hatten,
den Markt zu monopolisieren,
dass sie Daten-Händler sind und
dass dieser Handel umso problematischer
für die Gesellschaft wird,
je mehr Menschen mit ihren Daten
bezahlen beziehungsweise je mehr
die User die Unternehmen durch
ihre eigenen Inhalte mit Wert anreichern.
Das ist bei Amazon der Fall
durch die Rezensionen, bei Facebook
und Twitter durch die Postings.
Im Rahmen dieser Transaktionen
verdient aber nur der Mittler,
nicht diejenigen, die den Wert der
Unternehmen steigern. Es gibt
kein Erlösmodell für die User. Es
gibt nicht mal ein Modell der
Mitsprache, keine Reglementierungen
der Benutzerordnung.
Uns war klar, da muss es noch was
anderes geben und so sind wir
auf die Gegenbewegung, auf die
Platform Coops gestoßen.
zu dem Thema?
versuchen uns einzumischen, wo
es eben geht. Wir machen Lobby- und
Netzwerkarbeit, wir geben Wissen
weiter. Anfangs haben wir vor allem
versucht herauszufinden, wer
überhaupt zu diesem oder ähnlichen
Themen arbeitet oder wer
Interesse hätte, dazu zu arbeiten.
Daraus ist ein Netzwerk entstanden.
Wir haben gerade gemeinsam
mit anderen Platform Coops,
Einzelakteuren und Initiativen ein
strategisches Positionspapier
verfasst, das anfängt Kreise zu
ziehen.
denn?
in Berlin-Kreuzberg, wie die Smart
Coop. Das ist eine Freiberufler-Genossenschaft.
Das ist ein interessantes
Modell, weil es die Lebenssituation
von prekär Arbeitenden
konkret verbessert. Resonate Music
versuchen sich an einem solidarischen
Spotify. Die Künstler werden
bei jedem Download ihrer Musik
direkt beteiligt. Auch hier ist es so,
dass die Plattform allen gehört,
dem CEO und Gründer gehört nur
ein ein Prozent, der Rest ist auf
die Mitglieder verteilt. Fairmondo
ist ein fairer Marktplatz. Die sind
sehr selbstbewusst und sagen, sie
möchten eBay und Amazon angreifen.
Sie haben mittlerweile 2.000
Mitglieder. Es gibt immer mehr
Coops. Aber vor allem in Technologiebereich
passiert sehr viel.
Dort suchen viele nach Alternativen
zum herkömmlichen Startup-
Geschäftsmodell. Ich bin auch
an der Coop RChain beteiligt. Da
geht es um nachhaltige Blockchain-
Lösungen.
Plattformen wie zum Beispiel
Helpling oder Book A Tiger, die
Putz- und Pflegedienste anbieten,
oder Deliveroo, die Essen liefern
lassen. Dort gibt es kaum Rechte
für die Arbeiter. Gibt es Coops,
die konkret dazu eine Alternative
darstellen?
Coop. Dort haben sich Geflüchtete
zusammengeschlossen und arbeiten als Tageseltern in der Kinderbetreuung.
Das ist ein gewagtes,
aber auch gesellschaftlich, sozial
und wirtschaftlich vorbildliches Modell.
So etwas brauchen wir noch
viel mehr. Das muss ein Modellprojekt
werden. In New York haben
sich Reinigungskräfte innerhalb
der Up-and-Go-Coop zusammengeschlossen.
Up and Go erwirtschaftet
mittlerweile Überschüsse, die
sich die Mitglieder auszahlen können.
Es ist sehr schön zu erleben,
was diese Art der gemeinschaftlichen
und gleichberechtigten
Arbeit mit den Menschen macht,
vor allem im Gegensatz zu denen,
die zu wirklich schlimmen Bedingungen
in der Gig Economy arbeiten.
Start-ups und Tech-Unternehmen
konkurrieren miteinander um die
Monopolstellung auf dem Markt.
sein?
weil sie weder die Nutzerzahlen
noch die Finanzpower und auch
keine interessanten Interfaces
haben. Der Erfolg von Airbnb hat
auch mit ihrem Interface zu tun,
das den UX/UI-Markt durch hervorragende
Benutzerführung revolutioniert
hat. Ich finde einen anderen
Aspekt aber wichtiger, nämlich
die Frage, warum diese ganzen Unternehmen
so erfolgreich geworden
sind. Die Antwort ist: Sie kommen
aus dem Silicon Valley. Nur
in ihrer Gesamtheit konnten sie so
wachsen. Das heißt für mich im
Umkehrschluss, dass wir auch so ein
Ökosystem für Platform Coops
brauchen. Es wird definitiv nicht
ausreichen, die wenigen Leute,
die sich für ethisches Wirtschaften
interessieren, an Bord zu holen.
Mit denen wird sich kein Geld machen
lassen. Es braucht eine ganz
klare Marktbotschaft und die muss
sein: Bei uns bezahlst du nicht
–mit deinen Daten. Bei uns kannst
du mitbestimmen. Bei uns bekommst
du eine interessante Dividende.
Du bist Teil von einer
wahnsinnig spannenden Bewegung.
So etwas muss als Kampagne
aufgezogen werden, nur so kann
das Thema den Nischenbereich
verlassen.
Platform Coop? Paypal oder
Online-Banking sind auch nicht
gerade solidarisch.
stetig eine Infrastruktur. Bei RChain
werden zum Beispiel Peer2peer-
Blockchain-Lösungen gebaut, die
zum Bezahlen genutzt werden
können, an denen nicht jedes Mal
eine Plattform mitverdient und
bei denen auch keine Daten preisgegeben
werden.
ihre Apps selber programmieren?
Das klingt sehr aufwendig und für
viele nicht machbar.
arbeitet an Templates, also an
Vorlagen für Online-Marktplätze.
Die können dann genutzt werden.
In New York planen Kollegen von
der New School wie Trebor Scholz
einen Platform-Coop-Werkzeugkasten,
auf den dann alle Coops
zurückgreifen können. Den wird es
wahrscheinlich auch bald geben,
weil die Kollegen gerade eine Million
Dollar für die Entwicklung
bekommen haben ...
Google. Wie stehst du dazu? Macht
dir das keine Bauchschmerzen?
gut kenne, keinesfalls dafür verurteilen,
dass er dieses Geld angenommen
hat. Er hat erkannt,
dass aus der Politik solche Summen
nicht zu erwarten sind und wenn
doch, dann frühestens in ein paar
Jahren. Solche Fonds kommen
paradoxerweise oft von den Unternehmen,
deren Macht damit
eingedämmt werden soll.
gegen die Vereinnahmung durch
Google schützen?
zu treffen, die davor
schützen. So etwas müssen wir üben
und ausprobieren. Es müssen Verträge
geschrieben werden, die es verunmöglichen,
dass Google solche
Projekte kapitalisieren oder zur
Imagepflege benutzen kann. Das ist
natürlich ein schmaler Grad. Die
entscheidende Frage ist: Was passiert
nach der Förderung? Gibt
es eine Anschlussförderung? Wie
sieht die aus? Was für ein System
baut sich da auf? Immer nur zu
fordern, dass Google verschwindet,
ist nicht zielführend. Dann entsteht
an seiner Stelle ein anderes
Unternehmen. Das Problem selber
lösen wir so nicht. Irgendwann
müssen wir Forderungen stellen
und den Verhandlungsraum betreten,
wenn wir deren Macht wirklich
einschränken wollen. Ich stelle
mir die Frage: Was können wir in
die Waagschale werfen? Was haben
wir, das so unantastbar ist, dass
selbst so ein Finanzpartner wie
Google nicht rankommt?
Platform Coop zu gründen?
Die Politik setzt derzeit sehr stark
darauf, dass Start-ups gegründetund Tech-Unternehmen angesiedelt
werden. Werden auch Alternativen
gefördert?
schwer. Wir brauchen ein klares
Bekenntnis zur Förderung von
alternativen Wirtschaftsformen.
Es muss ein Fonds bereitgestellt
werden, aus dem heraus neue, interessante
und eben solidarische
Projekte gefördert werden, von denen
viele etwas haben, nicht nur
ein paar wenige. Es muss ein
Umdenken stattfinden.
gemeinwohlorientierte Digitalwirtschaft
starkmachen?
Vordenker der Platform Coops,
er war neulich bei der SPD und bei
Andrea Nahles eingeladen. Katalin
Gennburg, die für die Linkspartei im
Berliner Abgeordnetenhaus sitzt,
hat uns auch eingeladen. Praktische
Ansätze fehlen aber. Über Gemeinwohl
will aber sowieso kein Politiker
sprechen. Wenn es in einer Veranstaltung
um Digitalisierung und
Gemeinwohl gehen soll, wird die
ganze Zeit nur über Digitalisierung
gesprochen. Dabei ist Gemeinwohl
das viel wichtigere Thema: Wir müssen
uns fragen, wie wir das gute
Leben für alle ermöglichen können.
Digitalisierung kann dabei nur
Mittel zum Zweck sein.
Gemeinwohl ist unsexy, Technik
ist cool – dieser Einstellung
begegnet man an vielen Orten und
daraus resultiert eine Überbewertung
technologischer Lösungen,
während über solche Dinge wie
soziale Probleme, Gerechtigkeit
ungern gesprochen wird.
Das lässt sich in jeder Digitalisierungsdebatte
beobachten. Es
geht zuerst um Breitband, um digitale
Daten, um Open-Source-
Technologie. Es geht nie um die
Frage, was Digitalisierung
überhaupt ist. Das ist doch einfach
unser Leben, das wir heute haben.
Und die große Frage ist: Wie wollen
wir miteinander leben? Was ist
unsere Vision vom Zusammenleben
im digitalen Zeitalter? Darüber
wird aber nie gesprochen. Es geht
nur um Infrastruktur und um
technische Lösungen. Und dann
gibt es noch einen komischen
Reflex, dann wird gebetsmühlenartig
beteuert, dass man ja auch
noch die Alten und die Jungen mitnehmen
müsse. Dabei können die
doch selber laufen.
damit sich Plattform-Genossenschaften
entwickeln können,
du wirbst außerdem für eine Demokratisierung
der großen Plattformen
wie Google, Amazon und
Facebook.
Austausch mit den Aktivisten
von BuyTwitter.org, die Twitter in
eine Genossenschaft verwandeln
wollen. Mit denen arbeiten wir sehr
eng zusammen.
Die Idee ist entstanden, als Twitter
kurz vor der Pleite stand und
es die reale Chance gab, Twitter
gemeinsam zu kaufen ...
Dort engagieren sich Anwälte,
Journalisten, Digital-Aktivisten.
Das ist spannend, weil sie wirklich
erforschen, wie Nutzungsbedingungen
aussehen müssten,
wenn Twitter und andere Plattformen
über nationale Grenzen
hinweg demokratisiert werden
würden.
nicht gleich Arbeitergenossenschaft.
Manche wollen bloß
alternativ wirtschaften, es gab
aber immer auch welche,
deren Ziel es war, den Kapitalismus
zu überwinden. Gibt
es diese Unterscheidung bei den
Platform Coops auch?
Sinne, dass wir den Kapitalismus
abschaffen wollen. Wir reden immer
noch über Business-Modelle, Finanzpläne,
Dividenden, Erlösmodelle.
Aber die Revolution dahinter
ist, dass sich keiner alleine bereichert,
Gelder werden an Mitglieder
ausgeschüttet. Wir haben
das gute Leben für alle im Visier.
Uns geht es um demokratische Kontrolle
und den kollektiven Besitz
– und das ist in unserer heutigen
Zeit schon etwas Besonderes,
weil wir so weit abgerückt sind von
diesen Begriffen und Konzepten.
Ein wirklich revolutionäres Modell
müsste, im Gegensatz zu uns,
aber die Marktwirtschaft und ihre
Strategien und Spielregeln
Original