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Interview: Mainstream der Zukunft

Marx und die modernen Medien: Kann das funktionieren? Die Frage, wie linker Journalismus heute aussehen und klingen muss, damit er eine Wirkung erzielt, beschäftigt nicht nur den Freitag. Wir trafen einen der mutigsten linken Magazingründer dieser Tage zum Austausch: Bhaskar Sunkara, 26. Er erfand die marxistische US-Gazette Jacobin. Anfangs nur eine kleine linke Publikation unter vielen, wird das Blatt inzwischen auch von etablierten US-Linken wie David Harvey gelesen und zitiert. Irgendetwas macht dieser junge Mann sehr richtig.


der Freitag: Herr Sunkara, Sie haben vor fünf Jahren, zum Höhepunkt der Medienkrise, ein sozialistisches Printmagazin gegründet, und das in den USA. Sind Sie ein bisschen verrückt?

Bhaskar Sunkara: Nein, denn ich habe ja viel kleiner angefangen, mit einer Webseite. Mit der bin ich dann aber gescheitert. Die Konkurrenz im Internet ist einfach zu groß. Es gibt so viele linke Webseiten! Außerdem macht so etwas wahnsinnig viel Arbeit, man muss ständig posten. Also habe ich mich entschieden, ein Printmagazin zu machen.

Was unterscheidet Ihr Magazin von anderen linken Bättern?

Jacobin ist zugänglich, hat Humor und sieht gut aus. Die meisten linken Magazine in Amerika sind mit irgendwelchen einzelnen Organisationen verknüpft und drucken eben die Parolen dieser Gruppen ab. Das ist sehr langweilig. Wir wollen mit Jacobin nicht nur an innerlinken Debatten teilnehmen, sondern auch Menschen erreichen, die noch gar nicht eindeutig links sind, die vielleicht zu uns kommen, weil sie sich nur für einen Artikel, ein bestimmtes Thema interessieren - und die dann für die Hintergründe bei uns bleiben. Wir wollen so viele Leute wie möglich erreichen, und wir wollen wachsen. Deswegen posten wir jetzt auch wieder ununterbrochen online.

Wie viele Leser erreichen Sie?

Wir haben jetzt 17.000 Abonnenten und verkaufen etwa 3.000 Magazine am Kiosk. Und wir haben etwa eine Million Klicks pro Monat auf jacobinmag.com. Dort vergrößert sich unsere Leserschaft konstant. Das Magazin ist nur ein Teil unseres Konzepts.

Bezahlen Sie Ihre Autoren?

Aber ja. Wir nehmen 500.000 Dollar im Jahr ein. Davon bezahlen wir alle, die für uns schreiben. Unsere neun Mitarbeiter bekommen natürlich auch ihren Lohn. Den Rest reinvestieren wir.

So ähnlich klingen Start-up-Gründer aus dem Silicon Valley.

Ich treibe unser Wachstum nicht voran, um Profit zu machen. Das Ziel ist eine breit aufgestellte sozialistische Bewegung. Mein Plan ist folgender: Wir müssen als Linke davon ausgehen, dass viele Menschen noch nie wirklich mit der Idee des Sozialismus in Berührung gekommen sind - dass wir sie aber davon überzeugen können. Die langfristige Strategie ist, dass die Position, die wir jetzt schon vertreten und die zur Zeit noch oppositionell ist, zum Mainstream der Zukunft wird. Dafür müssen wir widerständig sein, aber eben auch zugänglich.


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