Das Handelsreich Srivijaya beherrschte jahrhundertelang den asiatischen Raum. Dann verschwand es für immer. Jetzt streiten Forscher über den Ursprung seiner Macht - und die Ursachen seines Untergangs. Wie eines der größten Rätsel der Geschichte die Wissenschaft herausfordert.
DÜSSELDORF. Die Flotte des Chola-Reiches, die im Frühjahr des Jahres 1025 von Südindien her Richtung Sumatra in See stach, war der Anfang vom Ende. Als sich die Soldaten ausgetobt hatten, lagen 14 prächtige Häfen in Schutt und Asche. Ein empfindlicher Schlag ins Kontor der mächtigen Handelsleute aus dem sagenhaft reichen und mächtigen "Goldland" Srivijaya.
Sie sollten sich nie mehr vollständig davon erholen: Die letzte Erwähnung Srivijayas findet sich 1403, als ein abtrünniger Prinz seines bereits unterjochten Herrschergeschlechtes sich aufmachte, um Malakka zu gründen. Danach verliert sich die Spur von Srivijaya, das einige Jahrhunderte lang der unangefochtene Herrscher auf den Meeren zwischen China und Indien war.
Srivijaya gehört zu den großen Rätseln der Geschichtswissenschaft. "Womit es seine Vormachtstellung sicherte, das wird nirgendwo beschrieben", sagt Hermann Kulke, emeritierter Professor für Asiatische Geschichte an der Universität Kiel. Das liegt vor allem an der dünnen Quellenlage: Bis auf wenige rituelle Inschriften, die den Schwur für ein Blutritual - vielleicht eine Art Initiation für die jungen Männer - vorzustellen scheinen, gibt es keine eigenen schriftlichen Zeugnisse der Srivijaya-Kultur.
Die übrigen Quellentexte sind in all den Sprachen verfasst, die im Mittelalter beim Seehandel zwischen Orient und Okzident eine Rolle spielten: Arabisch, Persisch, Sanskrit, Tamil und das klassische Mandarin-Chinesisch der Tang-Zeit. Gerade arbeitet ein internationales Konsortium aus Indologen, Sinologen und Arabisten an einem Buch, das jetzt erstmals alle Quellen vereinen soll.
Aus dem Meer dagegen kommen in jüngster Zeit immer mehr Zeugnisse der Srivijaya-Kultur zutage. In den tiefen Meeresgräben zwischen den indonesischen Inseln liegen noch unzählige Wracks aus Srivijayas Blütezeit. "Weil gute Fischgründe auch um Indonesien herum immer rarer werden, fahren die Treibnetze heute dort so tief unten wie nie zuvor", sagt Kulke. "Dann haben sie mal ein paar alte Fässer als Beifang, mal ist es Porzellan. Die Fischer wissen dann schon Bescheid und holen die Taucher."