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Treptow-Köpenick: Nach der Wahl geht es drunter und drüber

Einem Stadtrat wird das Vertrauen entzogen, eine Kreisvorsitzende wirft hin, der Parlamentsvorsteher wechselt die Partei. In Treptow-Köpenick geht es wenige Wochen vor der Konstituierung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) drunter und drüber.

Am meisten brodelt es in der CDU, die nun ihrem bisherigen Stadtrat das Vertrauen entzogen hat. In einer geheimen Abstimmung in der neuen Fraktion wollte sich vorige Woche Michael Vogel zum Kandidaten für das Bezirksamt nominieren lassen - und fiel mit drei zu vier Stimmen durch. Vor wenigen Wochen noch bewarb die CDU Vogel auf Hunderten Wahlplakaten als ihren Spitzenkandidaten.

Auslöser für den Vertrauensentzug sind Ankündigungen der anderen Parteien, Vogel nicht erneut als Stadtrat zu wählen. Als Verantwortlicher für Weiterbildung, Schule, Sport und Kultur steht Vogel schon lange in der Kritik - wegen fehlender Konzepte zum Erhalt von Kultureinrichtungen oder auch einem Verbot von Aktbildern im Rathaus. Als er vor zwei Jahren Nachfolger seines ausgeschiedenen Parteikollegen im Bezirksamt wurde, benötigte er dafür vier Wahlgänge. Einem solchen „Himmelfahrtskommando" mit unsicherem Ausgang wollte man sich bei der CDU nicht erneut aussetzen, verlautet es aus der Fraktion. Das Bezirksamt müsse sofort arbeitsfähig sein, ohne CDU-Hängepartie.

Ehefrau des bisherigen Stadtrates ist die CDU-Kreisvorsitzende und wiedergewählte Berliner Abgeordnete Katrin Vogel. Diese sorgte für den nächsten Paukenschlag: Die Kreischefin lässt ihr Vorstandsamt ab sofort ruhen und kandidiert nicht erneut als Vorsitzende. Zuerst hieß es, sie habe damit auf die Abstimmungsniederlage ihres Mannes reagiert. Ein Kreisvorstandsmitglied der CDU berichtet jedoch, dass Katrin Vogel ihren Rückzug bereits in einer Sitzung vor der Abstimmungsniederlage ihres Mannes bekannt gegeben habe. Entweder sie wusste da bereits, dass ihr Mann durchfallen könnte und versuchte, mit der Ankündigung Druck auf interne Gegner aufzubauen. Oder es gibt noch andere Gründe für ihren Rückzug vom Parteivorsitz.

Vor den Wahlen hatte sich Katrin Vogel Protesten gegen eine neue Flüchtlingsunterkunft in Altglienicke angeschlossen. Weil auch Neonazis der NPD an den ersten Kundgebungen teilnahmen und sich Vogel nicht distanzierte, erntete sie Kritik aus anderen Parteien. Wie ein CDU-Fraktionär berichtet, sei das Auftreten Vogels auch in der CDU selbst hoch umstritten gewesen. In Kreisvorstandssitzungen sei Vogel aufgefordert worden, sich mit Pressemitteilungen besser zu erklären und sich von Neonazis zu distanzieren. Dies sei nicht geschehen. Außerdem sei nicht verständlich, wie man nach fünf Jahren Abgeordnetenhaustätigkeit keine anderen Themen als den Protest gegen ein Flüchtlingsheim auf die Agenda setzen könne.

Abgeordnete bleibt Katrin Vogel dennoch. Offen ist, ob auch ihr Mann nach dem Vertrauensbruch sein BVV-Mandat in der CDU-Fraktion behält. Würde Michael Vogel aus der Fraktion ausscheiden und als Fraktionsloser weitermachen, verlöre die CDU ihr Anrecht auf den Stadtratsposten. Der neue CDU-Kandidat für das Amt steht zwar schon fest und soll am Mittwoch vorgestellt werden. Er muss nun jedoch bangen, dass Vogel die Pläne noch durchkreuzt.

Am Ende würde sich die Linkspartei freuen, die dann einen zweiten Stadtratsposten erhalten würde. Mit der SPD ist die Linke derzeit in Verhandlungen zur Bildung einer Zählgemeinschaft. Der neue Fraktionsvorsitzende der SPD, Alexander Freier-Winterwerb, spricht von „viel gegenseitigem Respekt und Vertrauen". Weil es in der BVV eine linke Mehrheit gibt, müsse man diese auch nutzen. Bisher hatte die SPD ihren Bezirksbürgermeister Oliver Igel dank Unterstützung von CDU und Grünen durchgesetzt, doch selbst wenn nun noch die FDP dazukäme, würde es knapp. Da wird es wohl deutlich einfacher sein, lediglich mit einer starken Partei zusammenzuarbeiten. Die Mehrheit dafür wird in der BVV noch komfortabler, weil der bisherige BVV-Vorsteher Peter Groos überraschend von den Grünen zur SPD gewechselt ist. Auf der Internetseite der BVV ist er nun als Fraktionsloser vermerkt, bald wird die SPD hinter seinem Namen stehen. Dadurch erhält sich Groos die Chance, BVV-Vorsteher zu bleiben - das Vorschlagsrecht hat die SPD.

Grüne geschwächt

Die Grünen gehen damit geschwächt in die nächste Legislatur. Aus sechs Verordneten vor den Wahlen wurden sowieso nur noch fünf, und nach dem Wechsel von Groos verbleiben lediglich vier. Zudem nimmt Andrea Gerbode, die mit Groos grüne Spitzenkandidatin war, ihr Mandat vor allem aus beruflichen Gründen nicht an. Jacob Zellmer rückt für sie nach. Die SPD musste ebenfalls Stimmenverluste hinnehmen, nun verlor die bisherige Fraktionsvorsitzende Gabriele Schmitz die Wiederwahl in einer Kampfabstimmung gegen Freier-Winterwerb. Auch dort brodelt es also. Ruhig ist es nur bei den Linken - und bei der AfD.

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