1 subscription and 5 subscribers
Feature

Wildniscamp

Die Sehnsucht nach Natur treibt immer mehr
Menschen in den Wald. Auch unseren Autor:
In einem Wildniskurs sammelt er Kräuter,
entzündet Feuer, übernachtet ohne Zelt im Freien.
Ein Survival-Wochenende in sechs Lektionen
(Reportage im Magazin natur 9/2019)

Meine Geschwister und ich wuchsen am Waldrand
auf: Nachmittags tobten wir mit den anderen
Kindern im Laub, bewarfen uns mit Kastanien
oder verwandelten Äste in Schwerter und duellierten
uns damit auf umgefallenen Baumstämmen. Unsere
Eltern vertrauten uns, selbst wenn wir für Stunden
im Wald verschwanden. Oft vergaßen wir im Spiel
die Zeit. Doch mit Einbruch der Dunkelheit kehrten
wir, abgesehen von ein paar Schürfwunden, wohl-
behalten zurück. Diese Erfahrung schärfte meine
Sinne, gab mir Vertrauen in die Natur und ein Gefühl
von Freiheit.
Inzwischen wohne ich seit 16 Jahren in der Stadt.
Kürzlich fragte mich jemand, ob ich ein Stadt- oder
Landmensch sei. Ich konnte es nicht sagen.
Aber an einem Wochenende Ende Juni suche ich
nach einer Antwort auf diese Frage. Dafür verlasse ich
meine heimische Komfortzone: kein Bad, keine Feder-
kernmatratze, kein HD-Fernsehen. Stattdessen: ein
Wildniskurs auf der Fränkischen Alb. An zwei Tagen
trainiere ich mit anderen Teilnehmern grundlegende
Fertigkeiten, um mich in der Natur zurechtzufinden.
Ich mache Feuer, sammle Kräuter und schlafe ohne
Zelt im Freien. Werde ich nach der Nacht unter Bäumen
über Rückenschmerzen klagen, mein Handy vermissen
und die heiße Dusche? Oder genieße ich das
verlorengeglaubte Gefühl, wie als Kind stundenlang
durchs Dickicht zu streifen und die Zeit zu vergessen?

Felix Bauer von der Natur- und Wildnisschule
Frankenalb leitet das Wochenende im Grünen. Er
kennt die Sehnsucht, die Städter wie mich in den
Wald treibt. Sie haben ein Stück weit den Kontakt zur
Natur verloren – und wollen ihn in Wildniskursen
und Survivalcamps zurückgewinnen. Sie kaufen sich
teure Mountainbikes oder lesen Bestseller über das
geheime Leben der Bäume – und verbringen doch 90
Prozent der Zeit in geschlossenen Räumen. „Es geht
darum, ein Gespür für die Natur zu entwickeln, damit
wir uns draußen wohl und heimisch fühlen“,
sagt Felix Bauer. Der 54-Jährige trägt einen grauen
Vollbart, einen Strohhut sowie ein Armband mit
Kompass und strahlt innere Ruhe und Gelassenheit
aus. Kurzurlaube verbringt er daheim in der Natur,
längere Auszeiten in Finnland oder Kanada mit
Kanufahren, Fischen und Beeren sammeln. Im
Hauptberuf ist er Kfz-Sachverständiger. Seine Lebens-
gefährtin Susanne Schnaus, die ihn beim Wildniskurs
unterstützt, ist Lehrerin. „Die Natur ist unser
Kontrastprogramm zum Beruf“, sagt Felix. In der
Natur ist man natürlich per Du.
Seit knapp 20 Jahren gibt Felix seine Naturerfahrung
in Wildniskursen weiter. Wir, die elf Kursteilnehmer,
sind im Vergleich dazu quasi noch Erst -
klässler in Naturkunde. Unsere Motive für den Kurs?
Ganz unterschiedlich: Max, 35, Brandschutzingenieur,
ist es als Städter nicht mehr gewöhnt, Dinge in
der Natur zu unternehmen. Elvira, 64, Hausmeisterin,
will sich zu helfen wissen, falls beim Wandern
mal was passiert. Franzi, 29, Erzieherin, erhofft sich
Tricks für ihre Arbeit mit Kindern im Freien.

Lektion 1: Der Natur vertrauen
Nach einem 20-minütigen Fußmarsch vom Parkplatz
in den Wald erreichen wir das Wildniscamp
an einem Hang. Ein Lagerfeuer dient uns als zentraler
Treffpunkt. Die erste Lektion nach dem Abschultern
der Rucksäcke lautet: Sich im Wald wohlfühlen!
„Ihr könnt alles Wissen vergessen, wenn ihr in
der Wildnis Panik bekommt“, sagt Felix. Ein Beispiel:
Wanderer, die sich verlaufen haben, schmeißen
plötzlich ihren Rucksack weg, um weniger Gewicht
zu tragen – und bringen sich so erst richtig in
Gefahr. „Gerade in Extremsituationen sollten
wir Ruhe bewahren und uns klar darüber sein: Die
Natur ist nicht unser Feind.“
Unsere erste Übung soll uns helfen, der Natur wieder
mehr zu vertrauen. Jeder sucht sich im Radius von
100 Metern einen Sitzplatz. Ich hocke mich auf ein
trockenes Moospolster und lasse den Blick schweifen.
Ich sehe schnurgerade Fichten, junge Triebe und
moosüberzogenes Totholz. An einem abgestorbenen
Stamm sitzen Pilze wie halbierte Teller am gedeckten
Tisch. Langsam komme ich zur Ruhe und lasse mich
auf die Natur ein. Im nächsten Moment nehme ich
das Zirpen, Zwitschern und Trällern der Vögel wahr.
Von wegen allein in der Wildnis.
„Alle Tiere im Umkreis von zwei Kilometern wissen,
dass wir da sind und warnen sich. Das ist eine Art
Alarmanlage im Wald“, erklärt Felix, als wir wieder
zusammenkommen. Nach einigen Minuten klingt
das Konzert aus. Offensichtlich sind wir willkommen.

Lektion 2: Einen Schlafplatz finden
Zum Übernachten hat jeder von uns ein Tarp im
Rucksack: eine wasserdichte, rechteckige oder trapezförmige
Plane. Man kann sie mit Nylonseilen an ein
oder zwei Bäume binden, mit Erdnägeln an den restlichen
Ecken abspannen und im Waldboden verankern.
Sie ist leichter, kompakter und schneller aufzubauen
als ein Zelt – dafür aber nicht verschließbar.
Zudem schläft man quasi direkt auf dem Waldboden,
gedämpft nur durch eine Isomatte.
Nach einer kurzen Einweisung, wie man das Tarp
aufstellt und verschnürt, sucht sich jeder einen geeigneten
Standort. Das ist gar nicht so einfach. Mein
Blick wandert nach oben: Sind da Bäume oder Äste,
die schiefhängen und auf mich fallen könnten? Ich
fühle über den Boden: Ist er trocken und plan?
„Leichte Hanglage ist auch okay“, sagt Felix. Ich erspähe
ein trockenes, halbwegs ebenes Plätzchen und
zurre die Plane in Schulterhöhe an einem Baumstamm
fest. Leider ohne zu merken, dass meine TarpÖffnung
direkt in die Wetterrichtung zeigt.
Damit mir der Regen nachts nicht um die Ohren
peitscht, befestige ich das Tarp erneut an anderer
Stelle – ohne Erfolg. Erst ist das Dach zu niedrig
(„Nachts kann Nässe von oben kommen, wenn Du
dagegen kommst“, warnt Felix), dann zu labbrig
(„Wenn es schlackert, werden die Ösen zu stark belastet.“).
Nach dreimaligem Auf- und Abbauen ist
mein Nachtlager fertig. „Es gibt mehr als 50 Varianten,
ein Tarp aufzustellen“, weiß unser Trainer. Ich
bin fürs Erste mit der einfachsten Version zufrieden.

Lektion 3: Feuer machen
Zurück im Lager. Unser nächstes Thema ist Feuermachen.
„Dafür gibt’s doch Feuerzeuge“, ruft Simeon,
Steuerbeamter aus Fürth, in die Runde. Alle lachen,
doch es geht um eine ernste Angelegenheit:
„Feuer kann Leben retten“, sagt Felix. Und deshalb
Sein Tipp: Immer eines am Körper tragen – in der
Brusttasche oder um den Hals. Und ab minus 20
Grad Celsius zusätzlich wasserdicht verpackte
Sturmstreichhölzer, da Feuerzeuge in der Kälte
manchmal nicht zünden.
Doch was tun, wenn man sich dringend aufwärmen
muss, etwa weil man mit dem Kanu gekentert
ist, aber kein Brennmaterial am Ufer findet? Für solche
Notsituationen schwört Felix auf ein fingerlanges
Stück Fahrradschlauch, das er immer bei sich
trägt. „Das brennt bis zu fünf Minuten.“
Und falls gerade weder Feuerzeug noch Gummi zur
Hand sind? „Bringt man Zunder zum Brennen.“ Unser
Wildnis-Coach empfiehlt Birkenrinde, trockenes
Gras oder Fichtenästchen. Letztere sammelt nun jeder
und türmt sie vor sich zu vier Häufchen mit dicker
werdenden Ästen. „Zündet zunächst die feinen Ästchen
an, dann türmt von außen die dickeren auf.“
Zum Anzünden bekommt jeder drei Streichhölzer.
„Ein Klacks“, denke ich. Doch weit gefehlt. Mein erstes
Zündholz erlischt, das zweite auch. Beim dritten
kommt mir Felix zur Hilfe. „Unten anzünden, so dass
die Flamme hochbrennt, und die Äste weit auseinander
legen, damit genug Luft ans Feuer kommt“, erklärt
er. Endlich klappt’s, der Asthaufen glimmt und
lodert. Kurze Zeit später brennen zwölf Feuerchen.
„Gute Quote“, lobt Felix.
Doch der einsetzende Stolz ist verfrüht. Das war
nur die Übung zum Warmwerden. Als nächstes bauen
wir uns ein Feuerbohrbesteck – aus Bogen, Brettchen,
Spindel und Druckstück. „Damit könnt ihr
auch ohne Streichholz ein Feuer entzünden.“ Für den
Bogen sucht sich jeder einen leicht gekrümmten, etwas
mehr als armlangen Ast und schält die Rinde ab.
Die übrigen Teile schnitzen wir aus vorbereiteten Lindenholzstücken.
„Das ist der meditative Teil“, sagt
Felix und zwirbelt mit dem Messer feine Kringel aus
dem Holz, als wäre es Butter. Wir dagegen mühen
uns in der Mittagssonne: Späne regnen auf die
Bodenplane, doch unsere Holzblöcke scheinen nicht
kleiner zu werden. Während des konzentrierten
Schnitzens vergesse ich die Zeit, so wie früher als
Kind. Ein Stück Holz, eine Aufgabe – was für eine
Entlastung für den durch das digitale Handy-, TV- und
Internet-Dauerfeuer geplagten Kopf!
Eine, vielleicht auch zwei Stunden später – ich
schaue nicht auf die Uhr – hocken wir uns in Zweierteams
mit dem selbstgebauten Feuerbohrer gegenüber
und „sägen“. Am Bogen spannt kein Sägeblatt,
sondern eine Schnur, die die Spindel bewegt,
so dass sie auf dem Brettchen in einer Kuhle hinund
her reibt. Bis sich irgendwann durch den Abrieb
Asche anhäuft und Qualm aufsteigt. Wir nehmen
ein Bündel trockenes Gras, legen Distelsamen als
Zunder und die Asche darauf. Dann drücken wir das
Paket zusammen und blasen hinein, bis Glut glimmt.
Als die Flammen lodern, schreie ich meine Freude
heraus wie ein Höhlenmensch, der sein erstes Feuer
entzündet hat: „Juchhu!“ Was für ein Aufwand für
etwas, das in unserem komfortablen Alltag gedankenlos
mit einem Handgriff erledigt ist ... Macht
man sich dies bewusst, weiß man den alltäglichen
Komfort ganz neu zu schätzen.

Lektion 4: Nahrung finden
Zeit, sich zu stärken. In den Pausen gibt’s mitgebrachte
Äpfel, Bananen und Walnüsse, fürs Abendessen
sind Spaghetti geplant. Das Pesto sammeln wir
im Wald. Auf einer Kräuterwanderung streifen wir
durch hüfthohe Gräser und füllen unsere Stoffbeutel
mit Essbarem. „Die Natur bietet viele Leckereien“,
sagt Felix. Von den meisten habe ich allerdings noch
nie gehört: Waldsternmiere? „Schmeckt wie Maiskolben,
gut für Salate“, weiß Co-Trainerin Susanne.
Giersch? „Erinnert an Petersilie. Prima in Suppen
oder als Spinatersatz.“ Gundermann? „Herb. Lecker
in Schokolade, besser als After Eight. Probiert mal.
Den Geschmack speichert ihr ab und könnt die
Kräuter so besser auseinanderhalten.“
Das richtige Unterscheiden kann überlebenswichtig
sein. Denn im Wald wachsen auch Giftpflanzen,
die selbst Erwachsene aus den Schuhen heben, wie
etwa der Gefleckte Schierling. Sein Gift kann bei
hoher Dosis innerhalb einer halben Stunde zum Tod
durch Atemlähmung führen.
Also besser sorgfältig die Pflanzen erkunden. „15
bis 20 Pflanzen solltet ihr unbedingt kennen“, rät
Felix. Für das Pesto reicht erstmal eine: die Brennnessel.
Wir zupfen ihre Blätter ab – zum Glück hat jeder
dicke Gartenhandschuhe dabei, so dass wir uns nicht
an den Nesselhaaren verbrennen –, schneiden sie im
Lager klein und servieren das Pesto mit den gekochten
Nudeln. Brennnesselpesto ist leider nicht so mein
Fall, aber es gibt ja noch Salz und Pfeffer.
Nach dem Abendessen hocken wir am Lagerfeuer.
Die Augen brennen, das Gesicht spannt von der
Hitze der Flammen, die in den schwarzen Himmel
aufschlagen. Schweigend starren wir in die Glut. Jeder
hält vor sich einen Holzscheit, darauf ein glühendes
Stück Kohle, und pustet: Wir brennen uns aus
dem Stück Holz eine Schale, die wir später mit nach
Hause nehmen können. „Besser als jedes Fernsehprogramm“,
denke ich.
Ich genieße die Ruhe. In der Stadt habe ich den
ganzen Tag Störgeräusche um mich. Viele davon, wie
das Rauschen des Verkehrs, blende ich aus. Hier aber
lausche ich gern dem Knacken des Feuers. Es ist wie
ein Stück Heimat, das Verbundenheit schafft.

Lektion 5: Im Freien schlafen
Ein Dutzend Lichtkegel tanzen durch die Dunkelheit.
Mit meiner Stirnlampe erreiche ich das Tarp. Umziehen
auf Knien unter der niedrigen Plane. Ich liege im
Schlafsack auf der Isomatte und höre es rascheln und
krabbeln. Der Boden unter meinem Nachtlager lebt:
Asseln, Springschwänze, Waldameisen? Keine Ahnung,
was da wuselt. Vor meiner Lampe flirren
Insekten, ich sehe eine Spinne im Laub verschwinden.
Ein verschließbares Zelt hat auch Vorzüge, denke
ich und knipse das Licht aus.
Der Wald ist nachts lauter als erwartet. Da ist das
Rauschen des Windes, das Bellen eines Rehs, das
Trällern der Vögel. Mittags konnte ich ihr Konzert
noch genießen, zum Einschlafen nicht. Trotz vier
Zentimetern Isomattenschaumstoff fühlt es sich an,
als würde ich direkt auf dem harten Waldboden
liegen. Ich wälze mich vom Rücken auf die Seite und
wieder zurück.
Am nächsten Morgen wache ich gerädert auf.
Draußen „auf Toilette gehen“, wo keine Toilette ist,
mit Klopapier und Spaten, ist eine echte Überwindung.
Die Hände reinige ich mit Kiefernästchen. Anschließend
Katzenwäsche über einem Bachlauf: Breitbeinig
beuge ich mich über das handtiefe Rinnsal,
zum Abschluss sprenkle ich mir Wasser auf Gesicht
und Oberkörper.
Die Gruppe hockt schon zum Frühstück am Lagerfeuer.
Über der Glut kocht ein Topf Wasser mit
Holunderblüten, die wir am Vortag gesammelt haben.
Als der Kräutertee abgeschöpft ist, kochen wir im
Restwasser Eier. Einige Wochenendabenteurer
schmoren sich Bratäpfel oder Bananen im Feuer. Ich
vermisse mein Müsli und frischgemahlenen Kaffee.
Nach dem Frühstück eine kurze Leibesvisitation:
Jeweils zu zweit suchen wir den Oberkörper des anderen
nach Zecken ab. Max zieht mir mit einer Zeckenkarte
drei Blutsauger aus dem Rücken. „Sind die Viecher
für irgendwas gut?“, flucht jemand. „Ja, es kommen
weniger Menschen in den Wald“, erwidert Felix.
Immerhin, für einen kleinen Witz taugen sie.

Lektion 6: Den Wald anders wahrnehmen
Unser Programm am zweiten Tag: Wir flechten aus
Brennnesselstängeln eine Schnur. Bauen aus Stöcken,
Gras und haufenweise Laub eine trockene, warme
Hütte. Und lernen, wie wir auch ohne eine Quelle in
der Nähe an Wasser kommen: etwa, indem wir nasses
Moos zerdrücken, Morgentau von einer Wiese mit einem
T-Shirt aufwischen – oder im Frühjahr mit dem
Messer einen Ahornbaum „anbohren“ und süßes
Wasser abzapfen. „Ganz wichtig: Das Wasser mit einem
portablen Filter desinfizieren und anschließend
abkochen, sonst liegt ihr eine Woche flach“, warnt
Felix. Der Filter siebt Schmutzteilchen und einen Teil
der Krankheitserreger aus, das kochende Wasser tötet
die restlichen Bakterien und Viren.
Zum Abschluss machen wir den „Foxwalk“, eine Art
Gehmeditation. Wir streifen die klobigen Wanderschuhe
ab und laufen barfuß über den Waldboden.
„Stellt euch vor, in 100 Metern Entfernung steht ein
Reh. Ihr wollt euch annähern, ohne es zu verscheuchen“,
erklärt Felix. „Lasst den Blick oben, schaut
nicht auf den Boden und geht ganz langsam voran.“
Wie Indianer schleichen wir in Zeitlupe durch den
Wald, ziehen das Knie hoch, setzen den Fuß vorsichtig
mit der Ferse auf und rollen ihn nach vorne ab. Das
„blinde“ Voranschreiten ist ungewohnt und erfordert
Mut. Behutsam schiebe ich einen Fuß vor den nächsten,
stupse Tannenzapfen beiseite oder weiche Steinchen
aus. Meine Füße freuen sich über die ungewohnte
Bewegungsfreiheit, erkunden neugierig Reisig und Rinden
unter sich. Mit jedem Schritt gewinne ich Vertrauen.
Und verliere das Zeitgefühl. Wie lange waren wir
unterwegs? Eine Stunde? 15 Minuten, antwortet Felix.
Die Zeit vergessen und sich eins fühlen mit seiner
Umwelt: Das ist wohl der größte Luxus in der Natur.
Und entschädigt für so manchen Verzicht.
Zwei Stunden später sitze ich im ICE Richtung
Frankfurt – müde, erschöpft, nach Rauch stinkend –
und freue mich auf die Dusche daheim. Banaler Alltag:
Was für ein Komfort! Ich schaue aus dem Zugfenster,
fasse einen Entschluss. Wenn ich das nächste
Mal meine Mutter in ihrem Haus am Waldrand besuche,
gehe ich barfuß durch den Wald. Aber zum Schlafen
komme ich garantiert wieder zurück.