Millennials – warum die Krisengeneration sich nur schwer entscheiden kann.
11. September, Afghanistan- und Irak-Krieg, Terrorkrise; Banken- und Wirtschaftskrise, Fukushima, Flüchtlings- und Rechtspopulismus-Krise, Brexit, Klima- und Coronakrise: Meine Altersgruppe, die heute 25- bis 40-Jährigen, die sogenannten „Millennials“, Jahrtausender – wir sind die Krisen-Generation.
Geboren zwischen den frühen 80er- und späten 90er-Jahren, war und ist unser Jugend- und Erwachsenleben von weltweiten politischen und gesellschaftlichen Krisen geprägt. Und wir bekommen sie hautnah mit. Globalisierung und Digitalisierung bringen uns Eilmeldungen und Katastrophen-Bilder direkt aufs Smartphone, 24 Stunden lang, in der Hosentasche und auf dem Nachttisch. Stabilität: Fehlanzeige. Krise, das heißt eigentlich Unterscheidung, Krisen sind Entscheidungs-Zeiten. Aber entscheiden wofür – bei all der Unsicherheit:
„Alles, was wir heute tun, kann morgen schon wieder ganz anders aussehen“, sagt Anne Howanietz, selbst Millennial und Business-Coach in Frankfurt. Sie berät junge Selbständige dabei, innovative Unternehmen aufzubauen. Bei ihren Kunden spüre sie oft eine Sorge:
„Was ist, wenn ich mich heute für was entscheide und dann morgen damit gegen eine Wand renne? Dann habe ich so viel Energie und so viel Zeit und Geld in etwas gesteckt, was, ja, was mich dann morgen leider nicht mehr weiterbringt.“
Das Internet hat alles ständig verfügbar gemacht, per Klick und Sofortlieferung. Zugleich halten Instagram, Twitter und digitale Karriere-Netzwerke uns tagtäglich unendliche Selbstverwirklichungs-Möglichkeiten vor Augen. Aber wie finde ich das Richtige für mich? Für gute Entscheidungen braucht es eigentlich Zeit, Muße, Ruhe. Doch dafür ist unsere digitale Lebenswelt nicht gebaut, es gibt auch keine Rhythmen oder Rituale mehr.
Millennials sind oft sehr gut ausgebildet und hochkompetent, beobachtet auch Anne Howanietz. Unter ihren Kunden seien außerdem viele, die ihre kreativen Ideen mit Begeisterung vertreten:
„Die so richtig für etwas brennen. Und für die ist dieses ‚sich für einen Weg zu entscheiden und nur noch das eine zu machen‘, ist ein großes Thema, weil sie immer Angst haben, dass jemand kommt und sagt: Das ist ja, aber du mit deiner Leidenschaft, das ist ja Quatsch, das reicht nicht aus. Und was macht man dann, wenn die eigene Leidenschaft nicht ausreicht, wenn die eigenen Fähigkeiten nicht genug sind?“
Super kompetent und zugleich voller Selbstzweifel: „Imposter-Syndrom“ oder „Hochstapler-Komplex“ – unter Millennials sehr verbreitet. Trauen wir uns, unsere leidenschaftlichen, innovativen Ideen umzusetzen, trotz Angst vor Ablehnung? Dürfen wir die Krisen unserer Eltern-Generation anpacken und unser eigenes Ding machen – auch gegen Widerstände?
Vielleicht fällt uns diese Entscheidung besonders schwer.