Philipp Ripkens verbringt gerade seine Mittagspause mit einem Spaziergang am Main, als sein Handy klingelt. »Kannst Du nächste Woche Stammzellen von Frankfurt nach New York bringen?« Philipp ist medizinischer »On-Board-Kurier«. Per Flugzeug transportiert er Stammzellenspenden durch die ganze Welt. »Fliegen war schon immer meine große Leidenschaft«, sagt er. Stammzellen sind Knochenmarksspenden für Leukämiekranke. Sie retten Menschen mit Blutkrebs das Leben.
Vom Nebenjob zum Ehrenamt
Während seines BWL-Studiums in Mainz war Philipp Stammzellenkurier im Nebenjob. Wenn sein Uni-Stundenplan es zuließ, setzte er sich für ein paar Tage ins Flugzeug. Jetzt arbeitet Philipp als Marketingexperte in der IT-Branche und macht den Job als Stammzellen-Kurier ehrenamtlich, neben seinem Beruf. Er fliegt nicht selbst, sondern sitzt im Flugzeug mit einer Kühlbox, in der die Stammzellen aufbewahrt werden.
Immer ein Auge auf die Box
»In der Box ist ein Menschenleben drin«, sagt
Philipp. »Deswegen muss ich sie während des ganzen Transports immer im
Blick haben, Tag und Nacht, egal wo ich mich gerade befinde, und zu
welcher Zeitzone auf dieser Welt. Es ist so ein bisschen wie in einem
Agentenfilm. Es würde nur noch fehlen, dass die Box mit Handschellen an
meinem Handgelenk befestigt wäre.«
Längere Kontrolle als beim Handgepäck
Philipp muss vor allem gut kommunizieren, auch auf Englisch, zum Beispiel mit den Behörden und dem Personal bei der Aus- und Einreise und bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen. Besonders beim Sicherheitscheck soll alles reibungslos ablaufen. Die Kontrolle dauert viel länger als beim normalen Handgepäck für den Urlaubs- oder Businessflug. Dabei steht Philipp unter Zeitdruck. Die lebenswichtige Spende darf nicht beschädigt werden.
Sekunden können über Leben und Tod entscheiden
Mehr als 100 Stammzellenspenden hat Philipp in
sieben Jahren durch die ganze Welt begleitet. Er muss sich ständig
konzentrieren und oft schnell entscheiden, zum Beispiel, wenn etwas
Unvorhergesehenes dazwischenkommt: »Wenn die Bahn streikt oder der Flug
sich verspätet, können Sekunden über Leben und Tod entscheiden.«
Ein Gefühl von purem Glück
Nach vielen Stunden auf Flughäfen und in der Luft ist für Philipp der Moment besonders wertvoll, wenn er die Stammzellen-Spende endlich im Empfängerkrankenhaus, dem »Transplant Centre« abgeben kann: »Es fühlt sich an, als ob eine zentnerschwere Last von meinen Schultern fällt, weil ich nicht mehr für zwei, sondern nur noch für mein eigenes Menschenleben verantwortlich bin. Aber es ist auch ein Gefühl von purem Glück und Zufriedenheit.«
Zu Weihnachten das schönste Geschenk
Ganz besonders erinnert Philipp sich an einen Flug nach Rom vor einigen Jahren: »Da habe ich spät abends am 23. Dezember, in der Nacht des Heiligen Abends, Stammzellen zugestellt. Die Spende ging an ein Kinderkrankenhaus. Der Empfänger, das Kind, war erst wenige Jahre alt.« Ein Krankenwagen mit Blaulicht und Martinshorn holte Philipp am Flughafen ab und raste mit ihm und der lebensrettenden Stammzellen-Spende zur Kinderklinik. Jedes Jahr versucht Philipp, einen Kurier-Auftrag in der Weihnachtszeit zu bekommen: »Für mich ist der Job wirklich gelebte Nächstenliebe. Und dann an Weihnachten einen Stammzellentransport zu begleiten, das ist für mich das schönste Geschenk.«
Einfache Registrierung als Spender
Laut der DKMS (früher Deutsche
Knochenmarkspenderdatei), die die Stammzellen-Spenden organisiert,
findet nur etwa ein Drittel der Blutkrebspatienten innerhalb der eigenen
Familie einen geeigneten Spender. Jeder zehnte Leukämiekranke in
Deutschland findet gar keinen passenden Spender. Dabei sei die
sogenannte Typisierung ganz einfach, weiß auch Philipp: »Um im Notfall
als möglicher Spender infrage zu kommen, kann man sich bei der DKMS ganz
einfach registrieren lassen.«
Jeder kann zum potenziellen Lebensretter werden
Grundsätzlich komme dafür jeder gesunde Mensch
zwischen 17 und 55 Jahren infrage. »Im Internet kann man kostenlos ein
Set mit einem Wattestäbchen bestellen. Das muss man sich nur kurz durch
den Mund führen und portofrei zurückschicken«, erklärt Philipp. »So
einfach kann jeder zum potenziellen Lebensretter werden.«
Matthias Alexander Schmidt
Mehr Informationen unter www.dkms.de/spender-werden. Spendenkonto der DKMS: IBAN DE64641500200000255556
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