Ein unbeschrifteter Bus biegt auf den Parkplatz hinter dem Busbahnhof der südtexanischen Grenzstadt McAllen ein. Die Tür öffnet sich mit einem hydraulischen Seufzer, nach und nach steigen die Passagiere aus. Sie sehen müde aus, tragen weder Gürtel noch Schnürsenkel, viele haben Kinder auf dem Arm. In der Hand halten sie transparente Tüten mit ein paar Habseligkeiten und Dokumenten, auf die in blauen Lettern „Department of Homeland Security" gedruckt ist. Unter manchem Hosenbein zeichnet sich am Knöchel eine elektronische Fußfessel ab.
Eine Szene, die sich in McAllen täglich mehrmals wiederholt. Die Stadt liegt am Rio Grande, der hier den Grenzverlauf markiert. In der Region greift die US-amerikanische Border Patrol mit Abstand am meisten Menschen auf, die die Grenze zu Mexiko ohne Erlaubnis überwinden. Von Oktober 2016 bis September 2017 waren es im Rio-Grande-Tal demnach rund 137.500, im Langzeitvergleich liegen die Zahlen insgesamt deutlich unter denen der 80er- und Ende der 90er-Jahre, im Gegensatz zu dem Eindruck, den US-Präsident Donald Trump erweckt. Die meisten Aufgegriffenen stammen nicht aus Mexiko, sondern aus Zentralamerika, und sind auf der Flucht vor Gewalt, Kriminalität, Armut, Hunger.
Das Rio-Grande-Tal gilt als Epizentrum der „Null-Toleranz-Politik" der Trump-Administration in Sachen Einwanderung und Asyl, die trotz der Abkehr von der Trennung von Kindern von ihren Eltern an der Grenze weiter in Kraft ist. Auf vielen verschiedenen Ebenen werden vorhandene Regelungen verschärft oder neue geschaffen. Die vielfältigen Auswirkungen kann man hier gut beobachten.