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Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Credit: Samuel Zeller / unsplash / CC0

Früherkennungsmaßnahmen sind nicht immer nur von Vorteil. Der Blick auf Überlebens- und Sterberaten zeigt wie leicht man getäuscht werden kann.


Bekommen Patienten im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung die Diagnose Krebs steht die Welt Kopf. Verzweiflung und Erschütterung angesichts der potenziell tödlichen Erkrankung macht sich breit. Und doch schwingt auch ein wenig Erleichterung mit, den Tumor jetzt noch im frühen Stadium erkannt zu haben. Schließlich war die Früherkennung erfolgreich und eine schnellere Behandlung führt zu einer wesentlich besseren Überlebenschance. Oder?

Wir alle kennen den Satz „Früherkennung rettet Leben". Doch er kann irreführend sein. Nicht immer trifft die Schlussfolgerung früh erkannt ist schneller gebannt zu. Dass man oft einem gefährlichen Trugschluss in der Bewertung von Screening-Untersuchungen unterliegt, ist vielen gar nicht bewusst. Dabei ist in der Statistik längst bekannt, dass man beim Abwägen von Nutzen und Schaden solcher Früherkennungsmaßnahmen Vorsicht walten lassen muss.

Bessere Prognose auf amerikanischem Boden?

Der an Prostatakrebs erkrankte ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani behauptete im Wahlkampf um die Präsidentschaftskandidatur 2007 die medizinische Versorgung in den USA wäre dem Gesundheitssystem in Großbritannien überlegen. Er erklärte: „Vor fünf, sechs Jahren bekam ich die Diagnose Prostatakrebs. Meine Überlebenschance - Gott sei Dank wurde ich geheilt - in den Vereinigten Staaten? 82%! Meine Chance den Prostatakrebs in Großbritannien zu überleben? Gerade einmal 44%."

In der Tat existieren britische Statistiken des Cancer Research Instituts UK und des Commonwealth Funds aus dem Jahr 2000, laut denen innerhalb von fünf Jahren nur etwa 44% britische Männer mit Prostatakrebs überleben (heutzutage liegt die Rate bei 85%). Ähnliche Daten aus US-amerikanischen Untersuchungen des National Cancer Intelligence Network aus dem Jahr 2002 legen dagegen eine 5-Jahres-Überlebensrate von 82% bei erkrankten Männern in den Vereinigten Staaten dar (aktuell liegt sie bei 98%). Hatte Rudy Giuliani also großes Glück in den USA zu leben als er die Diagnose bekam, da hier die Chance den Krebs zu besiegen offenbar doppelt so groß ist?

Nein - denn der Ex-Bürgermeister von New York ging einem häufigen statistischen Fehlschluss auf den Leim. Trotz der stark unterschiedlichen Überlebensraten sterben in Amerika und in Großbritannien etwa gleich viele Männer an Prostatakrebs. Das National Cancer Institut zählte im Jahr 2004 26 Todesfälle pro 100.000 Amerikaner und das Office for National Statistics 27 Verstorbene pro 100.000 Briten. Wie aber kann es sein, dass die Überlebensrate in einem Land sehr viel besser ist, während die Sterberate in beiden Nationen beinahe identisch ist?


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