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Mario Vušković: Das Problem des HSV

Der Hamburger SV überwintert auf einem Aufstiegsplatz in der 2. Bundesliga, verbuchte im abgelaufenen Geschäftsjahr zum ersten Mal seit zwölf Jahren kein Minus und flog am Sonntag für eine neuntägige USA-Reise nach Kalifornien. Während seine Mitspieler in der Nähe des Disneylands übernachten, ist für Mario Vušković ungewiss, ob er seine Karriere fortsetzen darf. Bereits am vergangenen Freitag fehlte Vušković beim 4:2-Sieg gegen den SV Sandhausen. In einer Urinprobe, die der 20-Jährige nach dem Training am 16. September abgegeben hatte, wurde Erythropoetin, kurz Epo, festgestellt.

Erythropoetin ist ein Hormon, das die Produktion roter Blutkörperchen anregt. Dadurch kann das Blut mehr Sauerstoff aufnehmen. Laut der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) gehört Epo zu den "zu allen Zeiten verbotenen Substanzen und Methoden". Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Verbands () hat daher ein Verfahren eingeleitet. Das DFB-Sportgericht verhängte eine vorläufige Sperre. Die Hamburger Staatsanwaltschaft beschäftigt sich ebenfalls mit dem Fall und durchsuchte bereits Vuškovićs Spind im Volksparkstadion.

Vušković selbst hat derzeit wenig Optionen. Er bereitet eine Stellungnahme vor und hat die Öffnung der B-Probe beantragt. Bei einer Dopingkontrolle gibt der Athlet oder die Athletin Urin ab, der in eine A- und eine B-Probe aufgeteilt wird. Zunächst wird nur die A-Probe analysiert, sollte dabei eine verbotene Substanz festgestellt werden, informiert das Labor den zuständigen Sportverband. Durch die Untersuchung der B-Probe sollen Verfahrensfehler ausgeschlossen werden. "Dass die B-Probe das Ergebnis der A-Probe nicht bestätigt, ist ein sehr seltenes Ereignis", sagt Mario Thevis, Leiter des Instituts für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule Köln, einem von der Wada akkreditierten Labor.

Positive Dopingtests lösten in der Vergangenheit viel Kreativität bei den betroffenen Athleten aus. So wurden hohe Testosteronwerte schon mal auf Bier und Sex geschoben oder Steroide mit viel Rindfleisch erklärt. Tatsächlich ist es schwierig, auszuschließen, dass ein Sportler unfreiwillig dopte, zum Beispiel, weil er verunreinigte Medikamente nahm. Eine ARD-Dokumentation demonstrierte 2021, dass Hautkontakt ausreichen kann, um Athleten zu Dopingsündern zu machen.

Bei Vušković erscheinen solche Szenarien unrealistisch. Dopingfahnderinnen und -fahnder zählen Epo zu den nicht spezifischen Substanzen, bei denen laut der Nationalen Anti-Doping Agentur (Nada) ein "absichtlicher Gebrauch wahrscheinlich ist", anders als bei Substanzen, die häufiger Teil von Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln sind. Zudem wird Epo nicht als Pille genommen, sondern muss intravenös oder per Spritze in die Haut verabreicht werden.

Wie die Hamburger Morgenpost berichtete, kann sich Vušković die positive Probe nicht erklären und will nun durch einen medizinischen Befund seine Unschuld beweisen. Tatsächlich gibt es eine seltene genetische Veranlagung, durch die der Körper mehr rote Blutkörperchen produziert. Diese ist den Laboren aber schon seit mehreren Jahrzehnten bekannt. Eine weitere seltene Genvariation kann, wie 2021 in einer Studie festgestellt wurde, in Urinanalysen zwar körperfremdem Epo ähnlich sehen, würde aber trotzdem nicht zu einem positiven Testergebnis führen. "Bevor ein positiver Befund an die Anti-Doping-Organisation berichtet wird, prüfen wir, ob diese seltene Variante des menschlichen Erythropoietins vorliegt. Ist dies der Fall, wird dementsprechend kein positives Testergebnis festgestellt", sagt Thevis.

Grundsätzlich spiele die vorgefundene Epo-Menge in Blut oder Urin nur eine untergeordnete Rolle. "Wenn jemand viel körpereigenes Epo produziert, wird das nicht zu einem positiven Befund führen. Höhentrainingslager sorgen unter anderem auch dafür, dass mehr körpereigenes Epo vorliegt. Und das ist zunächst kein Verstoß gegen Antidopingregeln."

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