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Wahlrecht behindert Gleichstellung: Warum es im Stuttgarter Landtag so wenige Frauen gibt

Düsseldorf Als die ehemalige Landtagsabgeordnete Charlotte Schneidewind-Hartnagel als einzige Frau im Sozialausschuss saß, hat sie sich bei so manchem Beschluss gedacht: „Gäbe es hier mehr Frauen, sehe das Ergebnis anders aus." Das waren keine großen Entscheidungen, keine bahnbrechenden Änderungen. Es ging viel mehr um Details.

Beispielsweise darum, ab welcher Einwohnerzahl eine Kommune in Baden-Württemberg eine Gleichstellungsbeauftragte braucht. Schneidewind-Hartnagel wollte, dass jede Kommune ab 20.000 Einwohnern verpflichtet ist, eine Beauftragte zu benennen. Am Ende mussten es mindestens 50.000 sein. „Aber erklären Sie einmal einem Mann, warum man eine Gleichstellungsbeauftragte braucht", sagt sie.

Generell sei der Ton im Landtag in den vergangenen Jahren einfach rauer geworden. Das berichtet auch die Landesvorsitzende der Grünen Sandra Detzer, die mit den Parlamentarierinnen ihrer Partei im engen Kontakt steht. „Da wird schon einmal dazwischengerufen, was denn die Frau am Mikro macht", erzählt sie.

Charlotte Schneidewind-Hartnagel gehörte in der Legislaturperiode von 2011 bis 2016 zu den 20 Prozent weiblichen Abgeordneten des Landtags Baden-Württemberg. Inzwischen hat das Parlament einen Frauenanteil von knapp 25 Prozent - und liegt damit dennoch auf den letzten Platz der Landesparlamente. Auch das ist für Schneidewind-Hartnagel nicht genug.

Deshalb setzt sie sich als Vorsitzende des Landesfrauenrates weiterhin dafür ein, das Wahlrecht in Baden-Württemberg zu verändern. Denn ihrer Meinung nach liegt der geringe Frauenanteil nicht daran, dass es keine geeigneten Frauen gebe. Sie gibt dem besonderen Wahlrecht die Schuld. Derzeit dürfen die Bürger bei den dortigen Landtagswahlen nämlich nur ein Kreuzchen machen. Damit wählen sie direkt den Abgeordneten ihres Wahlkreises, der von den örtlichen Parteiverbänden nominiert wird.

Hinzu kommen weitere Sitze, je nachdem wie viele Stimmen die Partei landesweit auf sich vereinigen kann und wie viele Ausgleichsmandate es gibt. In jedem Regierungsbezirk bekommen dann die unterlegenen Direktkandidaten mit dem besten Ergebnis ebenfalls einen Platz im Landtag.

Es gibt keine Möglichkeit, die Direktkandidatur zu quotieren. Denn die Kandidaten nominieren allein die Mitglieder der lokalen Verbände in den Stimmkreisen. Auch Schneidewind-Hartnagel wurde nicht mehr von den Grünen als Kandidatin in ihrem Wahlkreis nominiert. Theoretisch sei natürlich möglich, als Frau anzutreten, so die ehemalige Abgeordnete. Doch praktisch säßen ja schon sehr viel mehr Männer als Frauen im Landtag und hätten bei der nächsten Wahl oft den Vortritt. Das System erhält sich so von selbst.

Schon im Koalitionsvertrag 2011 wollte die damals rot-grüne Landesregierung überprüfen, wie das Landtagswahlrecht geschlechtergerecht gestaltet werden kann. Geschehen ist nichts, das Wahlrecht blieb unangetastet. Im aktuellen Koalitionsvertrag von 2016 haben die Grünen und die CDU sich darauf geeinigt, das Wahlrecht um „ein personalisiertes Verhältniswahlrecht mit einer geschlossenen Landesliste" zu ergänzen. Denn eine Liste lässt sich quotieren.

Doch die Meinungen scheiden sich - selbst innerhalb der Parteien und Fraktionen. So hat sich die SPD-Fraktion gegen eine zusätzliche Landesliste ausgesprochen, die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) unterstützt die Forderung nach einer Liste allerdings. „Wie soll irgendeine Frau in einem Wahlkreis sich gegen den amtierenden Landtagsabgeordneten nominieren lassen? Das wäre politischer Selbstmord", sagt die Vorsitzende Andrea Schiele.

Die Reform ist vorerst gescheitert, obwohl das Vorhaben im Koalitionsvertrag verankert wurde. Bei einer Sitzung des Koalitionsausschusses im April konnten sich beide Parteien nicht auf eine Reform einigen, im Januar hatte die CDU-Landtagsfraktion bereits gegen eine Reform gestimmt. Die Landeschefin der Grünen Sandra Detzer nennt das „einen Aufstand der alten CDU-Männer".

Die Sprecherin der CDU-Fraktion für Gleichstellungspolitik Christine Neumann-Martin sieht das anders. Das Vorhaben sei viel eher gescheitert, weil es noch viel zu viele ungeklärte Fragen gegeben habe. „Die Landesliste hätte nur 50 Plätze haben sollen, also 20 weniger als Wahlkreise. Wer soll da bestimmen, wer auf die Liste gesetzt wird? Werden da Kandidaten aus den Städten oder ländlichen Regionen bevorzugt?"

Natürlich spreche sie sich ebenfalls für mehr Frauenbeteiligung aus. Es lege aber nun einmal in der Natur vieler Frauen, erst einmal zurückhaltender zu sein. „Da müssen wir ansetzen und Frauen motivieren und ansprechen", sagt sie. Gerne sei sie bereit, interessierten Frauen beispielsweise ihre Fragen zu beantworten und zu erklären, wie man sich am besten im Wahlkreis zur Wahl stellt. Schon jetzt engagiert Neumann-Martin sich in einem Programm der Konrad-Adenauer-Stiftung, das mehr Frauen in die Politik bringen möchte.

Zudem sei der Frauenanteil im Bundestag, bei dem es eine Listenwahl gibt, auch nicht viel höher als im baden-württembergischen Landtag. Im aktuellen Bundestag liegt der Frauenanteil bei knapp 31 Prozent. Deshalb forderten jüngst Parlamentarierinnen im Bundestag, den Frauenanteil zu erhöhen. Im Gespräch sind beispielsweise eine Wahlrechtsreform und eine Frauenquote.

Mit einem Paritätsgesetz könnten die Listen ähnlich wie in Frankreich quotiert werden. Das Nachbarland hatte im Jahr 2000 das Parité-Gesetz eingeführt. Seitdem sind Wahllisten, in denen sich Männer und Frauen nicht abwechseln, für die Parteien teurer: Die Parteien verlieren dann Wahlkampfgelder in Millionenhöhe, die in Frankreich wie auch in der Bundesrepublik vom Staat gezahlt werden.

Die Andrea Schiele vom AsF hofft auf ein solches Gesetz. „Falls das Parität-Gesetz bundesweit kommen sollte, wird Baden-Württemberg gezwungen sein, das Wahlrecht zu ändern. Wir brauchen dann ja zwingend eine Liste, um sie quotieren zu können", sagt sie.

Schneidewind-Hartnagel und Bündnis 90/Die Grünen haben noch eine andere Idee: ein Bürgerforum. Etwa 50 zufällig ausgewählte Bürger sollen dann über mehrere Monate stellvertretend für die Bevölkerung des Landes an einem Reformentwurf tüfteln. „Die Bürgerinnen und Bürger können so den Abgeordneten eine Empfehlung geben, welches Wahlrecht sie wollen. Diese Empfehlung sollten dann die Parlamentarier als bindend ansehen", sagt Detzer. Das Wahlrecht sei keine Sache der Fraktionen, sondern ein Grundrecht der Bürger.

Die Grünen wollen das Bürgerforum noch in dieser Legislaturperiode einrichten, damit die Wahlrechtsreform in der nächsten umgesetzt werden kann. Schon einmal hat der Landtag ein Bürgerforum eingesetzt, als es um die Angemessenheit der Altersversorgung der Landtagsabgeordneten ging.

Doch auch um ein solches Forum einreichten zu lassen, brauchen die Grünen erst einmal eine Mehrheit im Landtag. Ob es zu dieser Mehrheit kommt, ist fraglich. Die CDU-Abgeordnete Neumann-Martin jedenfalls zeigte sich recht überrascht über die Pläne des Koalitionspartners.

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Created on 24.04.2022
Updated on 24.04.2022

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https://www.handelsblatt.com/politi...

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