Leon Igel

Zürich/Mannheim/Fulda

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Rewe: Die Fifa und Katar haben ein Imageproblem

Die Fußball-WM dauerte nur zwei Tage, ehe Lionel Souque, Vorstandschef der Supermarktkette , die Nase voll hatte von der Heuchelei des Veranstalters. Er polterte: "Die skandalöse Haltung der Fifa ist für mich als CEO eines vielfältigen Unternehmens und als Fußballfan absolut nicht akzeptabel." Menschen aus 150 Ländern arbeiten für Rewe, 2013 wurde im Unternehmen ein LGBTIQ-Netzwerk gegründet, das sich für mehr Toleranz und Akzeptanz am Arbeitsplatz einsetzt. Da passt es nicht zur Unternehmenskultur, wenn man Partner des DFB und damit Sponsor ist. Am Dienstag legte der Konzern deshalb einen Vertrag auf Eis, der Ende des Jahres ohnehin ausgelaufen wäre. Mit einem Weltfußballverband, der sich nicht traut, seine Spieler in Katar mit einer Armbinde auf den Platz zu schicken, auf der in Regenbogenfarben "One Love" prangt.

Tatsächlich ist der Eklat zu Turnierbeginn mehr als nur ein kurzer Aufreger. " Das Image der Fifa und der Weltmeisterschaft leidet in vielen Teilen der Welt gerade enorm. Da ist es für jede Marke, die in ihrem Umfeld wirbt, ein Kraftakt, positiv wahrgenommen zu werden", sagt Robert Zitzmann, Chef der Werbeagentur Jung von Matt Sports. Tatsächlich stellt sich mit Rewes Rückzug die Frage, ob globale Sportveranstaltungen noch eine Bühne für internationale Konzerne sein können, wenn sie in Ländern ausgetragen werden, deren Werte nicht so recht zum Verständnis von Toleranz und Demokratie in anderen Teilen der Welt passen. In zum Beispiel.

Schon vor dem ersten Anpfiff konnten Rewe- oder Edeka-Kunden kaum etwas von der Euphorie früherer Weltmeisterschaften spüren. Und das lag längst nicht nur am Schneeregen.

Wo früher Hanuta- und Grillwürstchen-Packungen mit Schwarz-Rot-Gold und dem Konterfei der Nationalspieler warben, regiert in diesen Tagen der Spekulatius. Auch Bierflaschen mit WM-Hinweisen sucht man so vergeblich wie Chipstüten mit Fußballanspielungen.

Der Grund ist die überwiegende Ablehnung der Deutschen, die Markus Voeth, ein BWL-Professor von der Universität Hohenheim, ausgewertet hat. Er befragt die Bundesbürger zu jeder WM seit 2001 nach ihrer WM-Stimmung und hat das kürzlich wieder getan: Ein Viertel gab an, das Turnier in Katar nicht gucken zu wollen. Vor vier Jahren - bei der WM in Russland - war es nur jeder Zehnte. Ein Viertel der Befragten kündigte an, Fanartikel kaufen zu wollen. Vor vier Jahren wollte das noch jeder Zweite. Mehr noch: Die Hälfte der Befragten fordert von den Sponsoren sogar einen Boykott der WM. "So etwas gab es noch nie", sagt Voeth.

Die Unternehmen stellt das vor ein Dilemma. Werbung soll positive Botschaften vermitteln, selbst wenn der Fußball in einem undemokratischen Regime wie in Katar rollt. Aber was, wenn das Geschäft mit dem Ball schon beim nächsten Turnier wieder sehr lukrativ wird? Wer jetzt gegen Katar wettert, wird morgen womöglich ausgeschlossen.

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