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Jerusalem - Das Interesse hinter den Detektoren

Freitagsgebet auf dem „Haram asch-scharif“ alias Tempelberg Foto: Ahmad Gharabli/AFP/Getty Images

Wenn der Konflikt zwischen Israel und der arabischen Welt ein rohes Ei ist, so ist der Tempelberg sein Dotter. Das eigentlich banale Aufstellen von Metalldetektoren war die Nadel, die ihn zum Platzen brachte. Vorangegangen war ein tödlicher Anschlag auf zwei drusisch-israelische Polizisten mit auf den Tempelberg geschmuggelten Waffen. Ein paar Meter weiter unten, an der Klagemauer, sind Metalldetektoren längst üblich. Auch an den islamischen heiligen Stätten in Saudi-Arabien. Selbst jedes deutsche Public Viewing scheint besser geschützt als das Freitagsgebet auf dem „Haram asch-scharif", wie der Tempelberg auf Arabisch heißt.

Für die Palästinenser stellen sie einen Angriff auf den Status quo dar. Auf Demonstrationen im Westjordanland wurden Metalldetektoren-Attrappen verbrannt, ein Terrorist drang in eine jüdische Siedlung ein und tötete eine Familie; bei Protesten gab es Tote aufseiten der Palästinenser und Hunderte Verletzte. Der Tempelberg ist ein Reizthema wie vielleicht kein anderes sonst im ohenhin überreizten Nahen Osten. Die Religion dient dabei gleichzeitig als Träger und Katalysator politischer Konflikte. Als Teil der Jerusalemer Altstadt gehört er zu dem Gebiet der Stadt, das Israel 1967 eroberte und als Teil der „ewigen und ungeteilten Hauptstadt" beansprucht. Die Palästinenser wiederum reklamieren den Ostteil der Stadt als Hauptstadt eines künftigen Staates.

Als Israel und Jordanien 1994 einen Friedensvertrag unterzeichneten, wurde der Tempelberg der islamischen Waqf-Behörde unterstellt, die ihren Sitz in Jordanien hat und mit Israel zusammenarbeitete. Im Terror der Zweiten Intifada wurde die Zusammenarbeit blutig beendet. 2003 öffnete Israel den Zugang für Nichtmuslime unilateral wieder, seitdem arbeitet die Polizei auf dem heiklen Areal, gemeinsam mit den Waqf-Mitarbeitern. Nichtmuslime dürfen nur zu bestimmten Zeiten auf den Berg. Juden betreten den Berg selten und meist unter großem Schutzaufgebot.

Wenn Abbas den Konflikt anheizt, so ist dies auch einem inneren Machtkampf geschuldet. Für die Palästinenser ist der Konflikt zwischen Fatah und Hamas von viel schlimmerer Auswirkung als der mit Israel. Seit dem Putsch der Hamas im Gaza-Streifen vor zehn Jahren und dem Aussetzen aller demokratischen Institutionen kämpfen beide um die Vorherrschaft im „Widerstand" gegen Israel. Die Hamas kommt nun in die Bredouille. Unter dem Druck Saudi-Arabiens hat Geldgeber Katar seine Unterstützung eingestellt, von Ägyptens Präsident as-Sisi braucht der Muslimbrüder-Ableger nichts zu erwarten. Abbas hat inzwischen weiter Gehälter gekürzt und die Zahlungen für den Strom in Gaza reduziert. Der greise Präsident macht sich Sorgen um seine Nachfolge, und das beste Mittel, um die Unterstützung der Bevölkerung zu gewinnen, war stets Hetze gegen den gemeinsamen Feind Israel.

Derweil hat Netanjahu die Metalldetektoren wieder abbauen lassen. Für ihn ging es dabei auch darum, Stärke zu zeigen und zu unterstreichen, dass Jerusalem zu Israel gehört. Sein Einlenken wird ihm nun als Schwäche ausgelegt werden - und auf palästinensischer Seite von verschiedenen Gruppen als Sieg beansprucht werden. Auf sein Recht, seine Bürger zu schützen, will der israelische Staat jedoch nicht verzichten. In Planung sind nun Kameras, die in der Lage sein sollen, versteckte Objekte zu erkennen. Denn unvergessen sollte bleiben: Auslöser war die Ermordung zweier israelischer Sicherheitskräfte.

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