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Steigende Preise belasten Studierende: Höhere Mieten in Berliner Wohnheimen

In etlichen Berliner Studentenwohnheimen steigen die Mieten um 50 Prozent und die Vertragslaufzeiten halbieren sich von zwei Jahren auf ein Jahr. Das berichtet ein Bewohner und Mitglied der studentischen Selbstverwaltung eines Wohnheims, das vom Studierendenwerk Berlin betrieben wird. „Hier wohnen viele Menschen aus dem Ausland und Studierende mit geringem Einkommen, die sich Berlin sonst gar nicht leisten könnten", heißt es in einem Brief an das Studierendenwerk, der dem Tagesspiegel vorliegt.

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Sie seien von den steigenden Mieten besonders betroffen. „Zwei Drittel der Studierenden in den Berliner Wohnheimen kommen nicht aus der EU. Sie erhalten kein Bafög und können sich auf die meisten Stipendien nicht bewerben", erklärt das Mitglied der Selbstverwaltung. Die Studierenden fordern sowohl die Mieterhöhungen als auch die verkürzten Fristen zu stoppen. Für ihr Anliegen haben sie auch eine Online-Petition gestartet.

Das Studierendenwerk Berlin bestätigt die Steigerung der Mietpreise in 13 von 32 Wohnheimen seit September. Es seien aber „immer nur einzelne Mietobjekte in den genannten Wohnlagen betroffen", teilt eine Sprecherin mit. Die Preise würden zwischen den einzelnen Anlagen variieren.

Zwei Drittel der Studierenden in den Berliner Wohnheimen kommen nicht aus der EU, bekommen also kein Bafög.

Studierende aus der Selbstverwaltung eines Berliner Wohnheims

Die Erhöhungen betreffen Neu- und Folgeverträge, heißt es weiter. Hiervon wurden laut dem Studierendenwerk seit Anfang September insgesamt 2300 abgeschlossen. In all diesen Verträgen seien die gestiegenen Kosten für Gas, Wasser und Strom berücksichtigt worden. „Mietsteigerungen in Höhe von insgesamt 50 Prozent trafen hierbei bislang für 69 Neu- beziehungsweise Folgeverträge zu", so die Sprecherin.

Für November stünden weitere Mieterhöhungen an, auch für die Folgemonate können diese nicht ausgeschlossen werden. Wie viele von den aktuell insgesamt 9000 Wohnheimplätzen des Berliner Studierendenwerks letztlich betroffen sein werden, ist nicht bekannt.

Was bedeutet das für diejenigen, die sich die Mieten dann nicht mehr leisten können? Dem Studierendenwerk sei eine Entlastung der Mieter:innen nicht möglich, da sich das studentische Wohnen selbst finanzieren müsse, erklärt die Sprecherin. Auch diese Wohnform sei nun einmal von den steigenden Kosten betroffen. Die Laufzeitverkürzungen seien vorgenommen worden, um die Preisanstiege künftig schneller anpassen zu können. Sollten die Preise wieder sinken, würden auch die Mietsätze wieder heruntergehen.

Bund hilft nur mit Energiekostenpauschale

Die Senatsverwaltung für Wissenschaft und das Studierendenwerk betonten jeweils auf Antrage, für die Entlastungen von Studierenden sei in erster Linie der Bund zuständig. Die Bundesregierung plant eine zweite Auszahlung der Betriebskostenpauschale für Bafög-Empfänger:innen. Wann diese ausgezahlt werden soll, steht allerdings noch immer nicht fest. Spezielle Hilfsprogramme für Studierende aus dem Ausland sind bislang ohnehin nicht geplant.

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Dafür soll allen Studierenden eine einmalige Energiekostenpauschale in Höhe von 200 Euro ausgezahlt werden. Auch hier ist noch kein Zeitpunkt für die Auszahlung bekannt, wie das Bundesbildungsministerium erklärt. Der Berliner Senat teilte mit, er wisse auch nicht, wann die 200 Euro ausgezahlt würden. „Es gibt in Deutschland für eine derartige Auszahlung bislang keine etablierten Strukturen", hieß es von der Senatskanzlei. Man arbeite jedoch unter Hochdruck an einer Umsetzung.

Die Inflation trifft besonders jene, die schon vor den Preissteigerungen vor finanziellen Herausforderungen standen. Zu ihnen gehört ein großer Teil der Studierenden, von denen einer Studie der Paritätischen Forschungsstelle zufolge rund 30 Prozent armutsbetroffen sind. Viele Studierende sind daher auf Unterstützungen angewiesen ­- durch günstige Wohnheimplätze. Doch gerade diese Angebote drohen in der Krise zu schwinden.

Tobias Schulze, wissenschaftspolitischer Sprecher der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus, bezeichnete den Umgang der Bundesregierung mit der prekären Situation von Studierenden in der Energiekrise als „eine Katastrophe". Er schloss sich gegenüber dem Tagesspiegel der Kritik der Studierenden an den Mietsteigerungen an, schließlich seien Wohnheime „explizit für Menschen mit wenig Geld gedacht". Sie dürften nicht „zu Wohnmöglichkeiten für die Besserverdienenden unter den Studierenden werden", so Schulze.

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