von Lara Wiedeking, Florida
Das Wochenende naht - und damit meistens auch Donald Trump. Seit zehn Wochen können sich die Menschen in Palm Beach, Florida, darauf verlassen: Zum Wochenausklang kommt der US-Präsident, und macht aus seinem Club ein zweites Weißes Haus. Das macht nicht alle Anwohner glücklich.
"Da vorne kommt die Air Force One!", ruft jemand und zeigt in die Luft. Der blau-weiße Flieger donnert über die Köpfe der Trump-Fans hinweg, die am Straßenrand Spalier stehen und auf die Autokolonne warten. Sie wedeln ihre USA-Flaggen, tragen "Make America Great Again"-T-Shirts und Mützen, einige haben Stühle mitgebracht um die Wartezeit zu überbrücken. Die komplette Straße ist abgesperrt, die Polizisten aus Palm Beach blockieren mit ihren Motorrädern die Kreuzungen. Dahinter stauen sich die Autos. Als der Konvoi den Southern Boulevard entlang brettert, jubeln sie den schwarzen SUVs zu. Es ist ein weiteres Wochenende, das der Präsident in Palm Beach verbringen wird. Die Besuche haben seinem Club Mar-a-Lago den Spitznamen südliches White House eingebracht. Doch nicht alle sind so begeistert von den Besuchen, wie die jubelnden Fans am Straßenrand.
Wenn Trump in der Stadt ist, geht nichts mehr
Michelle Edwards arbeitet am lokalen Flughafen Lantana für die Flugschule PB Flight. Ist der Präsident in Palm Beach, gilt ein 30-Meilen Flugverbotsradius um den Club Mar-a-Lago für alle privaten Unternehmen wie Flugschulen oder Unternehmen für Flugbannerwerbung. "Wir verlieren 5.000 bis 6.000 Dollar pro Tag, den der Präsident in der Stadt ist", erzählt Edwards.
Zehn Wochenenden am Stück war Trump bisher in der Stadt, das bedeutet zehn Wochenenden Bodenarrest für alle Flugoperationen. "Jede Bitte um Hilfe wurde ignoriert - wir haben nach einem speziellen Flugkorridor gefragt, um finanzielle Unterstützung bei der Miete gebeten. Niemand aus der Politik konnte uns bisher helfen."
Wenn Trump in der Stadt ist, geht auch am Boden in Palm Beach nichts mehr. Der Club Mar-a-Lago ist direkt an einer der Brücken gelegen, die auf die Halbinsel führen. Rigoros wird dort abgesperrt, der Verkehr staut sich zurück - auch an den anderen Brücken. Seine unmittelbaren Nachbarn müssen ihren Ausweis dabei haben, wenn sie nur eben mit ihrem Hund spazieren gehen möchten.
Manche Boutiquen laufen nun besser ...
Trotzdem sind nicht alle genervt, auf der picobello gefegten Strandpromenade sprechen die Einwohner von Palm Beach von der Patriotenpflicht, dass es eine Ehre sei den Präsidenten in der Stadt zu haben.
Die Haupteinkaufsstraße in Palm Beach ist die Worth Avenue, vor den gut sortierten Modegeschäften, Chanel- und Jimmy-Choo-Niederlassungen parken BMWs und Porsches. Marley Herring betreibt hier eine kleine Boutique im Herzen der wohlhabenden Halbinsel und genau diese Straßensperren und Staus haben ihr ursprünglich Sorgen gemacht: "Als Einzelhändler machen wir uns große Sorgen, wie wir die nächsten vier oder acht Jahre über die Runden kommen", sagte sie im Februar zu einer Lokalzeitung.
Zwei Monate später hält sie ihre Sorgen für unbegründet, der befürchtete Umsatzeinbruch ist ausgeblieben. "Wir wussten nicht, was uns erwartet. Aber die Leute kommen nach wie vor, genießen Palm Beach und die Worth Avenue. Mit jedem Wochenende nehmen unsere Verkaufszahlen sogar leicht zu", erzählt Herring, "neue Kunden kommen regelmäßig dazu."
... andere nicht
In der Boutique nebenan ist man weniger erfreut: Wer bei Jackie Rogers einkaufen will, braucht einen Termin. Und die bleiben an Wochenenden, an denen der Präsident in Palm Beach ist, aus: "Vielleicht bringt er uns in der Zukunft andere, neue Kunden, aber bisher haben wir noch keinen positiven Effekt bemerkt. Unsere Stammkunden bleiben weg, sie wollen den Verkehr oder die Kontroverse um den Präsidenten vermeiden", erzählt David Rogers, Verkäufer in dem Geschäft und nicht verwandt mit der Designerin. Die erste Frage am Telefon, wenn Kunden einen Termin vereinbaren sei häufig: "Ist der Präsident in der Stadt?" Nur 60 bis 70 Prozent des üblichen Umsatzes macht die Boutique während der Besuche.
Weitere Links zum Thema All diese Sicherheitsmaßnahmen kosten. 60.000 Dollar täglich muss Palm Beach County für zusätzliche Polizisten, Krankenwagen und Straßensperren ausgeben. Das Weiße Haus nimmt sich diese Kosten bisher nicht an, die Bürgermeisterin Paulette Burdick kommt mit ihrer Haushaltsplanung langsam in die Bredouille: "Seit der Amtseinführung haben wir gut drei Millionen Dollar zusätzlich ausgegeben - und wir haben noch nicht mal die ersten 100 Tage der Präsidentschaft hinter uns. Wir müssen entweder die Steuern anheben, oder Ausgaben an anderer Stelle streichen. Eventuell müssen wir Leute entlassen oder die Versorgung von Armen und Obdachlosen zurückschrauben." Doch Burdick ist noch hoffnungsvoll, dass die Regierung in Washington zumindest einen Teil der Kosten zurückerstattet. Nicht nur für Palm Beach gehen die Besuche ins Geld, alles zusammengerechnet soll ein Besuch des Präsidenten gut drei Millionen Dollar kosten.
Nachbarin freut sich für Trump
Wer am Kreisverkehr vor Mar-a-Lago die erste und nicht die zweite Ausfahrt nimmt, kommt am Haus von Hildegarde Mahoney vorbei. Durch das gusseiserne Tor fährt man die sauber gepflasterte Einfahrt hoch. Die große, schwere Holztür öffnet der Koch, ein Österreicher, der für die Dinnerparty am Abend schon in der Küche steht.
Mahoney kennt Trump seit 40 Jahren, die Amerikanerin mit deutschen Wurzeln war einst Nachbarin von Trump in New York, jetzt lebt sie mit ihrer Familie einen Steinwurf entfernt von Trumps Winterresidenz. "Ein Freund wurde plötzlich zu einem Präsidenten, das passiert einem auch nicht alle Tage - es ist aufregend", erzählt die Buchautorin, die selbst schon häufiger im Club gewesen ist. "Wenn es Wohltätigkeitsdinner in Mar-a-Lago gibt, schaut er vorbei, sagt 'hallo'. Er ist ein sehr angenehmer Mensch, entspannt und zuvorkommend", beschreibt sie Trump.
Palm Beach sei schon immer bekannt gewesen, aber mit Trump habe die Aufmerksamkeit noch mehr zugenommen - das sei gut für den Tourismus. "Es ist alles in allem ein positiver Effekt. Natürlich gibt es Leute, die ihn nicht mögen, Protestler - aber eben auch Unterstützer und Fans, die ihm mit ihren Flaggen zujubeln."