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Auf den Spuren der Ahnen...

Diese Aussage hat ihn ein Leben lang nicht losgelassen. Über eine Verbindung zu dem berühmten Philosophen nachgeforscht hat er allerdings erst im Alter von fast 80 Jahren - der Verein Familienkunde Niedersachsen hilft ihm dabei. Seine Tochter habe ihn ermutigt: „Jetzt musst du endlich schauen, ob etwas dahinter steckt."


Die Legende, die seit Jahrzehnten bei ­Familie Naumann erzählt wird, geht so: ­Helena Demuth war die Haushälterin von Marx. Tatsächlich stimmt das. Ihr Name steht auch auf Marx' Grabstein auf dem High-gate Friedhof in London. Der Nachname ­Demuth ist auf der Insel Usedom verbreitet, wo die Naumanns herkommen. Helena Demuth soll mit Marx ein uneheliches Kind gehabt haben, das offiziell allerdings sein Freund Friedrich Engels als solches anerkannt hatte. Angeblich hat Marx auf seinem Sterbebett zugegeben, dass in Wahrheit er der Vater ist.


Doch es fehlten fast hundert Jahre dazwischen, sagt Gisela Fricke, die Horst Naumann bei der Recherche über seine Ahnen unterstützt. „Wir kommen einfach nicht ­weiter", berichtet auch Naumann und wirkt ein wenig enttäuscht. „Legenden zerplatzen nach etwas Nachforschen schnell wie Seifenblasen", hat Gabriele Fricke, die Vorsitzende des Vereins Familienkunde Niedersachsen, schon oft miterlebt.


Doch Naumann hat ein neues Hobby entdeckt. Man finde viele andere Informationen, von denen man vorher oft gar nichts ahnte, erzählt er. Nun recherchiert er über die Vorfahren seines Schwiegersohns.


Verein erhält 120 Anfragen pro Jahr


Der Verein bekommt immer mehr Anfragen, vor allem von jungen Menschen. Im Schnitt erhält die Familienkunde 120 Anfragen pro Jahr. Das seien mehr als noch vor einigen Jahren, sagt Expertin Fricke. Viele Interessierte wenden sich auch aus den USA an den Verein. Etwa ein Drittel der gesamten Mailanfragen stamme aus den Vereinigten Staaten.

Viele bräuchten Hilfe, weil sie gar nicht wüssten, wo sie anfangen sollen, erklärt ­Fricke, während sie in der Bibliothek des Vereins im Adressverzeichnis Hannovers blättert. Trauregister, Kirchenbücher und Chroniken über kleinere Orte mit alten Fotos helfen Suchenden weiter.


Viele Nachforschende treibt die Frage nach dem Warum an. In welchen Verhältnissen haben die Ur-Großeltern gelebt? Wie viele Kinder zogen sie auf? Und wie viele starben? Wuchs die Ur-Großmutter mit ­sieben anderen in drei Zimmern auf? Welche Tragödien stand die Familie durch? „Wir waren mal reich und mal arm. So war das bei uns", erzählt der pensionierte Apo-­theker Naumann. Man werde gelassener, wenn man wisse, dass auch bei den Vorfahren nicht immer alles rund lief.


Nicht nur mit der Suche nach der eigenen Identität, sondern auch mit der Präsentation nach außen beschäftigen sich heute mehr Menschen als früher. So ist die Nachfrage nach Familienwappen gestiegen. „Vor ­allem bei 30- bis 35-Jährigen gibt es eine hohe Nachfrage nach Wappen", sagt Volkmar Tönnies, der stellvertretende Vorsitzende des heraldischen Vereins Zum Kleeblatt in Hannover. Das hat eine Auswertung des Vereins ergeben, dazu hat er sich die Anfragen aus den vergangenen 15 Jahren angesehen. Gut 90 Prozent der Antragssteller sind demnach Männer.


Die hohe Nachfrage im mittleren Alter sei wohl darauf zurückzuführen, dass in diesem Alter viele Männer eine Familie gründeten, sagt Tönnies. Dabei gehe es vielen um eine Corporate Identity - ähnlich wie sie auch Firmen verwenden - für sich und die Verwandten. Die Wappenträger haben ganz unterschiedliche Berufe. „Das geht durch alle Schichten", beschreibt Tönnies. An-­fragen kommen von Ärzten, Anwälten, ­Kfz-Mechanikern, Elektronikern, Kaufmännern oder Informatikern.


Pro Jahr erhält der Wappen-Verein etwa 150 Anfragen. Dazu gehören beispiels-­ ­weise spezielle Fragen zu Familienwappen, die auch heutzutage noch entworfen werden, aber auch zu gefundenen Gegenständen, die ein altes Wappen enthalten. Der Verein hilft dabei zu entschlüsseln, welche Wappen zum Beispiel auf Siegelringen, ­Stickereien oder Hochzeitsstühlen zu sehen sind.


Die neuen Familienwappen werden in eine sogenannte Wappenrolle eingetragen und etwa auf Briefköpfen oder Fahnen verwendet. Die Nutzer identifizieren sich mit ihrem eigenen Wappen auch deshalb, weil darauf persönliche Symbole zu sehen sind. Das Wappen des Vize-Vorsitzenden des ­Vereins ziert zum Beispiel eine Eule. Sie steht dafür, dass in seiner Familie viele Lehrer waren oder sind.


Die Bibliothek des Vereins ist mittwochs zwischen 15 und 18 Uhr sowie jeden ersten Sonnabend im Monat in der Rückertstraße 1 in Hannover offen für Besucher. Auch der Wappenverein bietet dort regelmäßig Beratungen an.


Familienwappen Heute auf dem Briefkopf, früher auf der Burg: Wappen werden schon seit dem zwölften Jahrhundert verwendet, können aber auch heutzutage noch entworfen werden. Früher trugen Krieger die Wappen auf Schilden, während sie in den Kampf zogen. Auch an Burgen und Schlössern sind sie zu finden, oft als Symbol von Adelsfamilien. 


Bei der Gestaltung eines Wappens sollten heraldische Regeln beachtet werden: Die Wappen bestehen aus dem Wappenschild mit einem Schildbild im Mittelpunkt, darüber folgt die sogenannte Decke und ganz oben bilden Helm und Wulst den Abschluss des Wappens. Es werden meist zwei Farben verwendet, die einen Kontrast bilden. Auf der einen Seite Schwarz, Rot, Blau oder Grün und auf der anderen Seite Gold und Silber, die in Zeichnungen mit Gelb und Weiß ersetzt werden können. Der Kontrast sollte im Mittelalter ermöglichen, dass die jeweiligen Wappen schon von Weitem erkennbar waren. 


Auch die Teilung der Schildfläche sollte deshalb nicht zu kleinteilig sein. Als Symbole sind sich kreuzende Giebelbretter mit Pferdeköpfen oder das ­weiße Ross beliebt, das auch im Wappen des Landes Niedersachsen enthalten ist. Auch Löwen und andere Tiere sind oft zu sehen. Um ein Familien-wappen offiziell verwenden zu können, muss es ­registriert sein. Das geschieht über die Veröffentlichung in einer sogenannten Wappenrolle, was meist ein gedrucktes Buch ist. Registrierungen nehmen Vereine und auch kommerzielle Anbieter vor.

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